Oprahs Ouvertüre für 2020
Talkmasterin Winfrey wird in den USA als demokratische Präsidentschaftsbewerberin für 2020 ins Spiel gebracht
WASHINGTON - In den USA ist eine Debatte entstanden, ob Oprah Winfrey sich in zwei Jahren um die Präsidentschaft bewirbt. Ihr Lebenspartner Stedman Graham hatte den Hype noch zusätzlich befeuert, als er auf die Möglichkeit einer Kandidatur Winfreys antwortete, „sie würde es auf jeden Fall machen“.
Winfrey, Talkmasterin, Schauspielerin, Milliardärin mit eigenem Fernsehkanal, hat bei den Golden Globes in Hollywood eine Rede gehalten, die Fantasien beflügelt. Voller Leidenschaft sprach sie von den Frauen, denen man weder zuhörte noch glaubte, wenn sie die Wahrheit über „brutal mächtige“Männer aussprachen, über Männer, deren Zeit nun vorbei sei. Ihre Wortgewalt, die Perfektion der Vorstellung, das alles ließ an Barack Obama denken. Kaum hatte sie die Bühne verlassen, meldeten sich die Ersten zu Wort, um schwärmerisch zu verkünden, dass sie soeben eine vorgezogene Bewerbungsrede gehört hatten. Oprahs Ouvertüre für 2020. „Ich will, dass sie antritt, um Präsidentin zu werden“, sagte Meryl Streep. „Vielleicht war es nicht ihre Absicht, aber jetzt hat sie gar keine andere Wahl.“Auch US-Präsident Donald Trump reagierte: „Ich mag Oprah“, er kenne sie „sehr gut“, sagte Trump, fügte aber hinzu: „Ich denke nicht, dass sie sich bewerben wird.“
Dass heutzutage ein einziger Auftritt genügt, um aus einer Talkmasterin eine politische Figur werden zu lassen, hat zweifellos mit Donald Trump zu tun. Auch der war seinen Landsleuten eher aus der RealityShow „The Apprentice“bekannt, weniger als Unternehmer. Was Trump und Winfrey verbindet, ist ein traumhafter Wiedererkennungswert. Die Frage ist nur, ob sich die Wähler ein zweites Mal auf das Wagnis einlassen wollen, einen Berufsanfänger ins Weiße Haus zu delegieren.
Anders als Trump, meint Nancy Pelosi, die Nummer 1 der Demokraten im Repräsentantenhaus, wisse Frau Winfrey um ihre Grenzen. Sie wisse, was sie nicht wisse, weshalb sie Experten von Rang um sich scharen würde. „Außerdem hat sie Bücher gelesen.“ Was die 63-jährige Afroamerikanerin jedoch am meisten von Trump unterscheidet, ist ihre Biografie. Oprah G. Winfrey ist zur Selfmade-Milliardärin wie im amerikanischen Traum geworden, während Trump Millionen von seinem Vater erbte.
Wie eine Seelsorgerin
Geboren wurde sie in Mississippi, dem rassistischsten aller Bundesstaaten. Als sie vier ist, zieht ihre alleinerziehende Mutter ohne sie in den Norden, nach Milwaukee, wo es bessere Jobs gibt und keine offene Rassendiskriminierung. Oprah bleibt bei der Oma, die sie durch Prügel maßregelt. Später folgt sie ihrer Mutter, rennt von zu Hause weg und lebt auf der Straße, bevor sie zu ihrem Vater, einem Friseur, nach Nashville geht. Mit 14 wird sie schwanger. Das Baby, eine Frühgeburt, stirbt kurz nach der Entbindung. Nach dem Studium moderiert sie im Radio, wechselt zum Frühstücksfernsehen, irgendwann folgt die Oprah-Winfrey-Show, eine Sendung, in der sie an eine Seelsorgerin denken lässt, während Prominente auf ihrem Sofa sitzen, als wäre es ein Beichtstuhl. Ihren Anhängern reicht die Vita als Empfehlung fürs Oval Office. Eine Frau, die das Leben in allen Facetten kennt.