„Mobbing in sehr schlimmer Form“
Weshalb sich Aalens Ex-Stadtwerke-Chef Müller auf gütliche Trennung einließ.
AALEN - Nicht wenige schauen mit Spannung auf die Sitzung des Aalener Gemeinderats an diesem Donnerstag. Wird es dabei zumindest zwischen Teilen des Rats und Oberbürgermeister Thilo Rentschler zum öffentlichen Showdown in Sachen Stadtwerke und dessen bisherigem Geschäftsführer Cord Müller kommen? Immerhin enthält die Rede, die Müller am 8. November vergangenen Jahres vor dem Aufsichtsrat der Stadtwerke gehalten hatte und deren Manuskript seit Tagen – anonym verteilt – in Aalen kursiert, Brisantes. Unter anderem wirft Müller dem OB und Aufsichtsratsvorsitzenden der Stadtwerke darin „Mobbing in einer sehr schlimmen Form“vor und listet dabei auch eine ganze Reihe von Vorwürfen Rentschlers an ihn auf, die er in seiner Erklärung zu widerlegen versucht.
Müller: Es wird derzeit viel Unwahrheit erzählt
Cord Müller selbst, am Mittwoch von den „Aalener Nachrichten“auf die anonyme Verteilung dieses Redemanuskripts angesprochen, nennt diesen Vorgang „hochgradig unseriös“. Er sei über das, was gerade passiere, „betrübt und sehr unglücklich“. Das einzige, was Müller noch sagt: Es werde derzeit von vielen „sehr viel Unwahrheit“erzählt, „was mich auch schockiert“. Weiter will sich Müller nicht äußern. Er halte sich an seine Verschwiegenheitspflicht und alle anderen diesbezüglichen Abmachungen. „Ich will mich ja nicht
strafbar machen.“
Familie aus allem raushalten
Am 8. November hat Müller vor den stimmberechtigten Mitgliedern des Aufsichtsrats der Stadtwerke deutlich mehr erzählt – elf DIN-A-4Seiten lang. Müller schildert darin unter anderem, weshalb er sich für eine freiwillige Trennung im Guten entschieden habe, nachdem ihm Rentschler am 27. Oktober als zweite Möglichkeit, wie es Müller formuliert, „eine sehr schmutzige Auseinandersetzung samt öffentlicher Schlammschlacht“in Aussicht gestellt habe. Er wolle, so beschreibt es Müller, eine Trennung, die ihm eine neue berufliche Tätigkeit ermögliche, weil er eine „öffentliche Schlammschlacht“seiner Familie nicht zumuten wolle und weil für ihn die Verhältnisse klar seien: Während der OB als gewähltes Stadtoberhaupt auch Dienstherr für alle städtischen Beteiligungen sei, sei er ein auf Zeit angestellter Mitarbeiter. „Und es ist von mir zu akzeptieren, wenn der Vorsitzende nun die Trennung vorgibt.“
Auflösung im Streit: Der Schaden wäre deutlich größer
Müller sagt im November aber auch dies: Er besuche inzwischen Mobbing-HilfeKurse, denn nach Einschätzung von Fachleuten „wird Mobbing in einer sehr schlimmen Form durch den Vorsitzenden gegen mich praktiziert“. Auch daher, so heißt es weiter, habe er sich entschieden, das Angebot des Aufsichtsratsvorsitzenden zur Trennung im Guten anzunehmen. Und er bittet die Aufsichtsratsmitglieder, „den Vorschlag zur Trennung im Guten wohlwollend zu begleiten und dann dieser Trennung zuzustimmen“. Müller stellt auch die Frage, was passieren würde, wenn der Aufsichtsrat einer Trennung im Guten nicht zustimmen würde. „Der Vorsitzende plant dann, so seine Ankündigung, die Auflösung im Streit zu betreiben. Dieses kann dann zu einem Schaden für die Stadtwerke führen, der um ein Vielfaches höher ist als die Kosten, die durch die Trennung im Guten entstehen“, heißt es in dem Redemanuskript weiter.
„Alte Kamellen, alles besprochen und als haltlos erklärt“, nennt Cord Müller in seinem Redemanuskript einen Teil der Vorwürfe von OB Rentschler gegen ihn.
Was Rentschler Müller konkret vorwirft
Breiten Raum nehmen im weiteren Verlauf „neue Vorwürfe des Vorsitzenden“, wie es heißt, ein. Vorwürfe auf einer bereits vorhandenen Liste, die ihm aber nie ausgehändigt worden sei, nennt Müller „alte Kamellen“, „alles besprochen und als haltlos erklärt“. Einer der „neuen Vorwürfe“, die Müller anspricht: Anzahl und Reiseorte seiner Dienstreisen. Müller listet dazu umfangreich auf, wann er wo in seiner Funktion als Geschäftsführer die Stadtwerke vertreten habe. „Wenn ich wegen EC Power nach Berlin fahre, zahlt dies EC Power und ich nehme Urlaub“, heißt es weiter (Anmerkung der Redaktion: EC Power ist jener dänische Blockzeitkraftwerke-Hersteller mit Deutschland-Sitz in Berlin, dessen Mitgeschäftsführer Cord Müller ist).
Ein weiterer angeblicher Vorwurf: Müllers Wahl in den Aufsichtsrat von Trianel. Trianel ist ein 1999 als Gemeinschaftsunternehmen von Stadtwerken, kommunalen und regionalen Versorgungsunternehmen gegründetes europäisches Energieversorgungsunternehmen, „um eine gemeinsame Beschaffung auf den liberalisierten deutschen und europäischen Energiemärkten zu organisieren und Synergien zu erschließen“, wie es bei Wikipedia heißt. Dass Müller in den TrianelAufsichtsrat gehe, so beschreibt er es, sei mit dem Vorsitzenden „vorab besprochen und er hat die Zustimmung ausgesprochen“.
Streitpunkt Parkgebühren
Nächster Punkt der Vorwürfe, wie Müller ihn schildert: Er würde die beschlossene Senkung der Parkgebühren und die Einführung des Spiontalers verzögern und nicht umsetzen. Das, so wehrt sich Müller, müsse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) angezeigt und dort geprüft werden, was laufe. Außerdem wolle der ACA erst eine Einführung im neuen Jahr.
Schließlich greift Müller auch jenen Vorwurf auf, er habe trotz Vorgabe keine Anlage zur PhosphorRückgewinnung aus Klärschlamm in der Aalener Kläranlage gebaut. Nach der novellierten Klärschlammverordnung, seit 3. Oktober 2017 in Kraft, müsse man eine solche Anlage erst in 15 Jahren bauen, so Müller. Im Übrigen sei der Bau einer sehr viel größeren Anlage im Ältestenrat des Gemeinderats grundsätzlich abgelehnt worden. Und die für einen solchen Bau reservierten Flächen sollen mittelfristig an die Stadt für die Aufnahme der Stadtgärtnerei vermietet werden.