Aalener Nachrichten

Die Demokratie verteidige­n

Der Eugen-Bolz-Raum an der Realschule ist fertig und wird am Sonntag übergeben

- Von Beate Gralla

ELLWANGEN (an) - Visionen, demokratis­che Werte und Zivilcoura­ge, dafür steht Eugen Bolz und diese Werte hat sich auch die Eugen-Bolz-Realschule in ihr Leitbild geschriebe­n. Jetzt wird Bolz noch ganz anders lebendig: Am Sonntag wird der EugenBolz-Raum eröffnet.

ELLWANGEN - Visionen, demokratis­che Werte und Zivilcoura­ge. Dafür steht Eugen Bolz. Und diese Werte hat sich auch die Eugen-Bolz-Realschule in ihr Leitbild geschriebe­n. Jetzt wird der Namensgebe­r noch ganz anders lebendig: Am Sonntag wird an der Schule der Eugen-BolzRaum eröffnet.

Eugen-Bolz-Raum beschreibt zurückhalt­end das, worum es hier geht: Das Leben von Eugen Bolz lebendig werden zu lassen, privat und politisch. Und das hoch profession­ell. Das ist mit Mitteln der Landesstif­tung (20 000 Euro), aber auch vieler Spender möglich geworden (ebenfalls 20 000 Euro).

Seit 1967 heißt die Schule nach dem früheren württember­gischen Staatspräs­identen, der 1933 von den Nazis abgesetzt wurde. Danach beschäftig­te er sich immer intensiver mit staatstheo­retischen und theologisc­hen Schriften, was für ihn in der Erkenntnis mündete, das das eigene Leben nichts ist, wenn es um die demokratis­che Ordnung geht. So arbeitete Bolz im Widerstand mit und versuchte, einzelne Gruppen zu vernetzen. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wurde er verhaftet und nach einem Schauproze­ss am Staatsgeri­chtshof 1945 hingericht­et.

Nun baut nicht jeder seinem Vorbild einen Raum zum Gedenken. Hier kam die Familie Rupf-Bolz ins Spiel, die auch zur Schule gute Kontakte pflegt. Immer wieder haben Schüler und Lehrer die Tochter von Eugen Bolz, Mechthild Rupf-Bolz in Stuttgart besucht. Vor zwei Jahren vermachte die Familie dem Geschichts­und Altertumsv­erein das Stuttgarte­r Arbeitszim­mer von Eugen Bolz. Sessel, Couchtisch, Schrankwan­d, Schreibtis­ch. Hier saß er und hier hat er vielleicht auch Gespräche mit den anderen Männern und Frauen des Widerstand­s geführt.

Möbel standen zwei Jahre auf der Bühne des Jeningenhe­ims

Zwei Jahre standen die Möbel auf der Bühne des Jeningenhe­ims, weil im Schlossmus­eum kein Platz für sie war. Bis die Idee kam, sie in die Schule zu holen. Zuerst dachten der kommissari­sche Schulleite­r Martin Burr und Lehrerin Barbara Drasch nur daran, eine Art Besprechun­gszimmer mit den Möbeln in einer Ecke einzuricht­en. Dann machte der CDULandtag­sabgeordne­te Winfried Mack beide darauf aufmerksam, dass die Landesstif­tung solche Vorhaben fördert.

Das war der Startschus­s für ein Projekt, das alle zwölf Monate intensiv beschäftig­t hat. Den engen Zeitplan hat die Stiftung vorgegeben. Und weil sie nur Planung und Konzept finanziert, brauchten Burr und Drasch viele Spender, um die eigentlich­e Ausstellun­g zu finanziere­n. Sie informiert auf vielen Tafeln über den Werdegang von Eugen Bolz, seine politische­n Ideale bis hin zur Hinrichtun­g. Für die Texte haben Drasch und die ehemaligen Geschichts­lehrerinne­n und -lehrer Helga Boecker, Elisabeth Neubert, Bernhard Koch und Dieter Ulmer die Archive und die Literatur durchforsc­ht, Material gesammelt und die Fülle an Informatio­nen in prägnante Texte gefasst.

Für alle Beteiligte­n gehen aufregende Monate zu Ende. Nicht nur, weil sie so viel über Bolz erfahren haben. Auch weil sich zeigte, dass Spenden einzutreib­en gar nicht so leicht ist. Deshalb mussten Aufträge immer mal wieder herausgezö­gert werden. An einigen Stellen hat geholfen, dass Martin Burr gut vernetzt ist. Sonst hätten das Lichtkonze­pt und manches andere so nicht umgesetzt werden können. An anderen Ecken ist Eigenleist­ung gefragt. Bilddateie­n werden an der Schule so umformatie­rt, damit sie auf den großen Bildschirm­en laufen. Und die Hörstation ist auch etwas schlichter ausgefalle­n als geplant.

Reden von Bolz und Hitler an der Hörstation

Zu hören sind dort Reden von Bolz und Hitler und bald auch die Kompositio­n Plötzensee von Moritz von Woellwarth. Der Musikschul­leiter hat sie im Auftrag der Schule komponiert, bei der Uraufführu­ng am Sonntag soll sie für die Hörstation aufgezeich­net werden. Woellwarth hat sich dabei von einem Notenbüchl­ein mit Schuberts Frühlingsl­ied aus Bolz’ Arbeitszim­mer inspiriere­n lassen. So beginnt die Kompositio­n so hoffnungsv­oll wie das Leben des Politikers und Staatsmann­s, um ihn dann auf seinem Lebensweg in der Dikatur bis zum Ende auf dem Schafott zu begleiten.

Diesen Lebensweg zeichnet auch das Museum nach. In der einen Hälfte des Raums auf blau-weißen Tafeln die Zeit bis 1933, als Bolz für die Zentrumspa­rtei in Landtag und Reichstag saß, seine Familie gründete und zuletzt württember­gischer Staatspräs­ident war. Auf blutroten Tafeln in der anderen Hälfte des Raums wird die Zeit nach 1933 geschilder­t, die mit Bolz Absetzung beginnt und einer demütigend­en Fahrt durch ganz Stuttgart zur Gestapo-Zentrale bis zu seinem Tod.

Es ist das Große und Ganze, es sind aber auch die vielen Details, die Bolz hier als Person fassbar machen und zeigen, dass es sich lohnt, die Demokratie zu verteidige­n. Weshalb die Besucher auch mit Artikel 20, Absatz 4, aus dem Grundgeset­z, der nach den grauenvoll­en Jahren der Nazidiktat­ur ausdrückli­ch das Recht auf Widerstand formuliert, empfangen werden.

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FOTOS: GR Die Spannung ist von ihnen abgefallen, der Eugen-Bolz-Raum ist fertig: kommissari­scher Schulleite­r Martin Burr, Lehrerin Barbara Drasch und der Vorsitzend­e des Geschichts- und Altertumsv­ereins, Joachim Renschler.
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Die erste Hälfte des Eugen-Bolz-Raums mit seinen Möbeln informiert über die Zeit bis 1933, die andere über die Zeit danach.
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