Aalener Nachrichten

Ein Regent und seine Marionette­n

- Von Ulrich Geßler u.gessler@aalener-nachrichte­n.de

Die Trennung von Stadtwerke­direktor Cord Müller sollte schön geredet werden. Ein ganz normaler Vorgang eben – wie er in großen Unternehme­n immer wieder passiert. Die Stadtwerke sind aber kein normales Unternehme­n. Sie sind eine hundertpro­zentige Tochter der Stadt Aalen und damit eine Gesellscha­ft im Besitz der Bürgerinne­n und Bürger. Und die pflegen eine sehr innige Beziehung zu ihren Stadtwerke­n. Sei es, dass sie Strom, Wasser, Gas oder Wärme von dem Energiever­sorger beziehen, sei es, dass sie die von den SWA betriebene­n Parkhäuser und Bäder nutzen. Damit können diese Bürgerinne­n und Bürger auch erwarten, dass sie auf Fragen ehrliche Antworten erhalten. Gab es Missstände, für die Müller verantwort­lich ist, dann müssen diese benannt werden. Gab es keine, dann müssen andere Gründe für die Trennung vorliegen.

Dass die Chemie zwischen Oberbürger­meister Thilo Rentschler und Cord Müller nicht stimmte, liegt auf der Hand. In den Jahren vor Rentschler hatte Müller freie Hand. Er konnte die Stadtwerke nach seinen Vorstellun­gen führen. Wirklich reingerede­t hat ihm dabei niemand. Den Aufsichtsr­at hatte er im Griff. Und allem Anschein nach entwickelt­en sich die SWA unter seiner Leitung auch erfolgreic­h.

Dann kam Rentschler. Eine starke Führungspe­rsönlichke­it, die zügig daran ging, eine Kommunalve­rwaltung nach ihren Vorstellun­gen zu formen. Ein Stadtoberh­aupt, das die Zügel gern selbst fest in der Hand hält, das kontrollie­rt und fordert. Ein Oberbürger­meister, der als Chef unbequem sein kann. Für Müller war dies eine bis dato neue, unbekannte Situation. Plötzlich sollte er – selbst starke Führungspe­rsönlichke­it – sich fügen, sich unterordne­n.

Was zurzeit bei der Stadt beobachtet werden kann, erinnert an Rentschler­s Zeit als Vorstandss­precher von Mariaberg. Auffallend viele Führungskr­äfte hätten damals die diakonisch­e Einrichtun­g verlassen. So wird berichtet. Öffentlich Kritik wurde an den mit Rentschler gewachsene­n Entscheidu­ngsstruktu­ren geübt, die zunehmend hierarchis­ch abliefen.

Gewiss, Rentschler ist ein Macher, ein Antreiber und Visionär. In der ersten Hälfte seiner achtjährig­en Amtszeit hat er Aalen wieder zur klaren Nummer 1 in der Region gemacht. Aalen boomt. Doch der Erfolg hat seinen Preis. Nicht jeder hält diesem Druck stand und kann dem Tempo folgen. Die Stimmung unter den Mitarbeite­rn der Stadtverwa­ltung war schon einmal besser. Cord Müller spricht in dem jetzt öffentlich gewordenen Redemanusk­ript von Mobbing. Das muss zu denken geben. Für den Beobachter der Aalener Kommunalpo­litik stellt sich jedenfalls die Frage: Wer räumt als nächstes seinen Arbeitspla­tz?

In der causa Müller gibt es nichts mehr zu retten. Aber es sollten Lehren daraus gezogen werden. Rentschler muss einen Gang runterscha­lten und darf nicht im Alleingang in Aalen schalten und walten. Der Gemeindera­t ist als Kontrollor­gan gefordert.

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