Ein Regent und seine Marionetten
Die Trennung von Stadtwerkedirektor Cord Müller sollte schön geredet werden. Ein ganz normaler Vorgang eben – wie er in großen Unternehmen immer wieder passiert. Die Stadtwerke sind aber kein normales Unternehmen. Sie sind eine hundertprozentige Tochter der Stadt Aalen und damit eine Gesellschaft im Besitz der Bürgerinnen und Bürger. Und die pflegen eine sehr innige Beziehung zu ihren Stadtwerken. Sei es, dass sie Strom, Wasser, Gas oder Wärme von dem Energieversorger beziehen, sei es, dass sie die von den SWA betriebenen Parkhäuser und Bäder nutzen. Damit können diese Bürgerinnen und Bürger auch erwarten, dass sie auf Fragen ehrliche Antworten erhalten. Gab es Missstände, für die Müller verantwortlich ist, dann müssen diese benannt werden. Gab es keine, dann müssen andere Gründe für die Trennung vorliegen.
Dass die Chemie zwischen Oberbürgermeister Thilo Rentschler und Cord Müller nicht stimmte, liegt auf der Hand. In den Jahren vor Rentschler hatte Müller freie Hand. Er konnte die Stadtwerke nach seinen Vorstellungen führen. Wirklich reingeredet hat ihm dabei niemand. Den Aufsichtsrat hatte er im Griff. Und allem Anschein nach entwickelten sich die SWA unter seiner Leitung auch erfolgreich.
Dann kam Rentschler. Eine starke Führungspersönlichkeit, die zügig daran ging, eine Kommunalverwaltung nach ihren Vorstellungen zu formen. Ein Stadtoberhaupt, das die Zügel gern selbst fest in der Hand hält, das kontrolliert und fordert. Ein Oberbürgermeister, der als Chef unbequem sein kann. Für Müller war dies eine bis dato neue, unbekannte Situation. Plötzlich sollte er – selbst starke Führungspersönlichkeit – sich fügen, sich unterordnen.
Was zurzeit bei der Stadt beobachtet werden kann, erinnert an Rentschlers Zeit als Vorstandssprecher von Mariaberg. Auffallend viele Führungskräfte hätten damals die diakonische Einrichtung verlassen. So wird berichtet. Öffentlich Kritik wurde an den mit Rentschler gewachsenen Entscheidungsstrukturen geübt, die zunehmend hierarchisch abliefen.
Gewiss, Rentschler ist ein Macher, ein Antreiber und Visionär. In der ersten Hälfte seiner achtjährigen Amtszeit hat er Aalen wieder zur klaren Nummer 1 in der Region gemacht. Aalen boomt. Doch der Erfolg hat seinen Preis. Nicht jeder hält diesem Druck stand und kann dem Tempo folgen. Die Stimmung unter den Mitarbeitern der Stadtverwaltung war schon einmal besser. Cord Müller spricht in dem jetzt öffentlich gewordenen Redemanuskript von Mobbing. Das muss zu denken geben. Für den Beobachter der Aalener Kommunalpolitik stellt sich jedenfalls die Frage: Wer räumt als nächstes seinen Arbeitsplatz?
In der causa Müller gibt es nichts mehr zu retten. Aber es sollten Lehren daraus gezogen werden. Rentschler muss einen Gang runterschalten und darf nicht im Alleingang in Aalen schalten und walten. Der Gemeinderat ist als Kontrollorgan gefordert.