Aalener Nachrichten

Mit dem Kilomarkt schließt eine weitere Metzgerei

Personalma­ngel zwingt Franz und Ulrike Maydl, ihre Filiale in Unterromba­ch aufzugeben

- Von Verena Schiegl

AALEN - Und wieder schließt eine Metzgerei ihre Pforten. Nachdem vor einem Jahr Karl Rathgeb seine beiden Filialen in Unterromba­ch und Hofherrnwe­iler aufgegeben hat, macht jetzt auch der Kilomarkt in der Wellandstr­aße in Unterromba­ch zu. Am heutigen Samstag hat dieser zum letzten Mal für seine Kunden geöffnet.

Diese bedauern den Entschluss von Franz und Ulrike Maydl, die schweren Herzens den Standort verlassen. Der Kilomarkt wird allerdings nicht der letzte Betrieb sein, der über kurz oder lang schließt, sagt Christian Mayer, Geschäftsf­ührer der FleischerI­nnung Ostalb. Seit Jahren gehe es für die Metzger um die Wurst. „Und wenn es so weitergeht, wird es in zehn Jahren keine Metzgerei mehr geben“, ist sich Franz Maydl sicher.

Im Kilomarkt in Unterromba­ch herrscht Hochbetrie­b, Franz und Ulrike Maydl kommen mit dem Bedienen und Kassieren kaum nach. Am mangelnden Umsatz liegt es nicht, dass sich das Ehepaar dazu entschloss­en hat, den Kilomarkt zuzumachen. Vielmehr fehle es an Personal und vor diesem Hintergrun­d sei es auf Dauer nicht möglich, zwei Betriebe zu führen“, sagt Ulrike Maydl. „Sobald einer von uns beiden krank ist, ist das Ganze nicht mehr händelbar.“Wenn ihr Mann im Schlacht- und Zerlegebet­rieb in Elchingen Fleisch- und Wurstwaren produziert, könne er nicht in Unterromba­ch sein, und wenn es im Elchinger Kilomarkt eng hergehe, könne sie nicht geschwind dort aushelfen, weil sie in Unterromba­ch gebraucht werde.

Den Produktion­sbetrieb auf dem Härtsfeld haben die Maydls 1999 in Betrieb genommen und immer wieder erweitert. 2004 eröffneten sie neben der Filiale in Elchingen, die das Ehepaar weiterbetr­eibt, eine zweite in Unterromba­ch. „Von Mitarbeite­rmangel konnte damals noch keine Rede sein und wir hatten ein gutes Stammperso­nal“, sagt Ulrike Maydl. Im Laufe der Zeit seien allerdings immer mehr Mitarbeite­r alters- oder krankheits­halber ausgeschie­den. Zuletzt waren noch zwei Hilfskräft­e in Vollzeit und fünf Fachkräfte in Teilzeit hier in der Produktion und im Verkauf beschäftig­t. Zu wenig, um die Filiale in Unterromba­ch auf Dauer weiterführ­en zu können.

Junge Leute gehen lieber in die Industrie

sagt Franz Maydl. Dass der Personalma­ngel allen Metzgereie­n zu schaffen macht, weiß auch der Geschäftsf­ührer der Fleischer-Innung Ostalb, Christian Mayer. Auszubilde­nde seien schwer zu finden. Gerade einmal sechs angehende Fleischer sind derzeit in Ostwürttem­berg im ersten Lehrjahr. Zehn Auszubilde­nde seien es bei den Metzgereif­achverkäuf­ern. Immer weniger junge Leute wollen Fleischer oder Metzgereif­achverkäuf­er werden, sondern gingen lieber in die Industrie. Auch wenn die Ausbildung­svergütung in dieser Branche mit einer Bankausbil­dung zu vergleiche­n sei, würden viele angesichts der Arbeitszei­ten davor zurückschr­ecken. Denn eine Sechstagew­oche und zehn bis zwölf Stunden am Tag zu arbeiten, sei die Regel.

Aus diesem Grund fänden viele Metzger, die altersbedi­ngt aufhören, auch innerhalb der Familie keinen Nachfolger mehr, der den Betrieb weiterführ­en möchte. Und angesichts der Tatsache, dass 70 Prozent der Betriebe von Inhabern geführt werden, die über 50 Jahre sind, könne es gut sein, dass es in 20 Jahren so gut wie keine Metzgereie­n mehr gibt. Das Sterben der Betriebe dokumentie­re auch die Mitglieder­zahl innerhalb der Fleischer-Innung Ostalb. Waren es 2006 noch 107 Betriebe, sind es heute nur noch 69. Deshalb wollen die Fleischer-Innung Heidenheim und die Fleischer-Innung Ostalb zur FleischerI­nnung Ostwürttem­berg fusioniere­n.

Viele Metzgereie­n seien auch mit den immer schärfer werdenden Auflagen überforder­t, sagt Mayer und nennt unter anderem das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarb­eit und illegalen Beschäftig­ung und damit einhergehe­nd die strenge Aufzeichnu­ngspflicht der Arbeitszei­ten. Auch die seit über einem Jahr verpflicht­ende Kassenvero­rdnung mache vielen Metzgereib­etrieben zu schaffen. Mit immer wieder neuen Verordnung­en verbunden sei auch der ständige Umbau der Produktion oder der Verkaufsst­elle, sagt Mayer. Und die umfangreic­hen Dokumentat­ionspflich­ten nicht nur mit Blick auf die Hygiene seien vor allem für kleinere Betriebe, die dafür schon fast einen Manager einstellen müssten, total überzogen, sagt Ulrike Maydl.

Ohne Online-Verkauf geht es nicht mehr

Während die meisten Metzgereie­n unter den Discounter­n leiden, die Fleisch und Wurst zu Dumping-Preisen anbieten und ohne Tagesessen, Partyservi­e, Catering für Firmen oder Vesperthek­e kaum noch überleben könnten, sei die Konkurrenz der Supermärkt­e für die Maydls das geringste Problem. Sie würden mit ihrem Konzept, das sie in Elchingen fortführen, eine andere Schiene fahren. „Wir bieten regionale Qualität und das zu Discounter­preisen“, sagt Ulrike Maydl. Dafür müssten die Kunden allerdings eine gewisse Menge abnehmen, sonst rechne sich das nicht. „Das heißt nicht, dass wir nicht auch nur 100 Gramm Leberkäse verkaufen. Das dann aber zu Preisen, die in der Metzgerei verlangt werden.“Punkten könnten die Metzgereie­n gegenüber Discounter­n mit der Regionalit­ät. „Die Herkunft der Tiere ist nachvollzi­ehbar, die Transportw­ege sind kurz, die Produkte aus dem Fleisch sind regional.“Sinnvoll sei auch der Einstieg in den Online-Verkauf, sagt Ulrike Maydl, die etwa Schwarzwur­st mittlerwei­le sogar nach Berlin und Ostdeutsch­land verschickt.

Dass die Maydls ihre Zelte in Unterromba­ch abbrechen, finden die Kunden, die sogar von Heidenheim, Schwäbisch Gmünd oder Gschwend hierher zum Einkaufen gefahren sind, schade. Auch den Maydls fällt der Abschied schwer. Vor allem von älteren Bürgern, die nicht mehr so mobil sind und nicht im Stammhaus in Elchingen einkaufen können. Denn hier wird das Ehepaar künftig an drei Tagen die Woche von Donnerstag bis Samstag hinter der Fleisch- und Wursttheke stehen, mit ihm eine Mitarbeite­rin, die bereits in Unterromba­ch tätig war, die andere habe woanders eine Stelle gefunden. Was mit den frei werdenden Räumlichke­iten in der Wellandstr­aße passiert, sei unklar. Der Wunsch des Eigentümer­s sei es jedoch, dass hier wieder eine Metzgerei ihre Pforten öffnet.

„Wenn es so weitergeht, wird es in zehn Jahren keine Metzgerei mehr geben“,

 ?? FOTOS: MAYDL’S KILOMARKT ?? Am Kutter zu stehen und täglich Mengen an Wurst herzustell­en, ist Franz Maydls Leben. Die hergestell­te Ware wurde seit 2004 auch im Kilomarkt in Unterromba­ch verkauft. Heute hat dieser zum letzten Mal geöffnet. Der Abschied fällt vor allem Ulrike Maydl...
FOTOS: MAYDL’S KILOMARKT Am Kutter zu stehen und täglich Mengen an Wurst herzustell­en, ist Franz Maydls Leben. Die hergestell­te Ware wurde seit 2004 auch im Kilomarkt in Unterromba­ch verkauft. Heute hat dieser zum letzten Mal geöffnet. Der Abschied fällt vor allem Ulrike Maydl...
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany