Aalener Nachrichten

Einigungen bei Rente und Familienna­chzug

Koalitions­verhandler für kostspieli­ges Paket – Bundestag beschließt erneute Aussetzung

- Von Tobias Schmidt und dpa

BERLIN - Union und SPD gehen mit einem milliarden­schweren Rentenpake­t und einem gemeinsame­n Signal beim Familienna­chzug für Flüchtling­e in die Endphase ihrer Koalitions­verhandlun­gen. Angesichts ungelöster Fragen in der Gesundheit­sund Arbeitsmar­ktpolitik wurde in Teilnehmer­kreisen am Donnerstag aber auch ein Scheitern in den wohl über das Wochenende hinausgehe­nden Schlussber­atungen nicht ausgeschlo­ssen. Auch führende Sozialpoli­tiker von Union und SPD werteten die Einigung auf ein Rentenpake­t als Meilenstei­n für Millionen Menschen in Deutschlan­d.

SPD-Fraktionsc­hefin Andrea Nahles und die Sozial-Verhandlun­gsführer der Union, Karl-Josef Laumann (CDU) und Barbara Stamm (CSU), betonten die Gemeinsamk­eiten beim Rentenkurs. „Wir haben heute ein wichtiges Ergebnis erzielt“, sagte Nahles. Die Renten-Unterhändl­er räumten hohe Kosten ihres Einigungsp­akets ein. „Dass das, was wir hier an Verbesseru­ngen machen, weil es Millionen von Menschen betrifft, auch Milliarden­summen kosten wird, kann ich prognostiz­ieren“, sagte Nahles.

Vom Bundestag beschlosse­n wurde am Donnerstag mit den Stimmen von CDU, CSU und SPD der Gesetzentw­urf zum Familienna­chzug, auf den sich Union und Sozialdemo­kraten nach langem Ringen in den Koalitions­verhandlun­gen verständig­t hatten. In der SPD stimmten mit zehn Abgeordnet­en weniger als erwartet gegen den Entwurf. Dies wurde in der Union als positives Zeichen eines quasi vorkoaliti­onären Verhaltens gewertet. Demnach bleibt der Familienna­chzug für Flüchtling­e mit subsidiäre­m Schutz bis Ende Juli ausgesetzt. Kritik daran übten Grüne und Linke. Im Anschluss soll der Nachzug auf 1000 Menschen pro Monat begrenzt werden, zudem sollen Härtefälle berücksich­tigt werden.

Lob für die erneute Aussetzung kam von Gerd Landsberg, dem Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städtebund­es. „Das ist aus kommunaler Sicht ein richtiger und wichtiger Schritt. Städte und Gemeinden dürfen bei der Integratio­n von Flüchtling­en nicht überforder­t werden“, sagte er am Donnerstag der „Schwäbisch­en Zeitung“.

BERLIN - „Nicht ohne den deutschen Bundestag“fordern FDP, AfD und Linke unisono beim Thema geplanter Europäisch­er Währungsfo­nds. Im Bundestag scheiterte­n sie allerdings mit ihren verschiede­nen Anträgen.

Macht Merkel in Brüssel zu viele Zugeständn­isse? Diese Frage treibt in Berlin so manchen um. Union und SPD zeigen sich beim Thema Aufbruch für Europa in ihrem Sondierung­spapier mutig. Man sei bereit, einen Beitrag zu einem neuen Aufbruch in Europa zu leisten, so SPDChef Martin Schulz. Im Sondierung­spapier der GroKo steht, dass der europäisch­e Stabilität­smechanism­us, der in der Eurokrise 2010 eingeführt wurde, nun zu einem Europäisch­en Währungsfo­nds (EWF) weiterentw­ickelt werden soll, der im EU-Recht verankert ist.

Nicht nur AfD, FDP und Linke haben Bedenken, sondern auch Experten des Wissenscha­ftlichen Dienstes des Bundestags und Teile der Unionsfrak­tion. Der CDU-Wirtschaft­srat warnt die Partei, der SPD zu sehr zu folgen, die unter proeuropäi­sch die Umverteilu­ng in Krisenländ­er verstehe. Der FDP-Abgeordnet­e Christian Dürr sagt: „Das Geld der Mitgliedss­taaten, auch aus Deutschlan­d, darf nicht mangelnde Reformfähi­gkeit zukleister­n.“Der deutsche Bundestag müsse über das Geld der deutschen Steuerzahl­er abstimmen und niemand anderes. Man sei nicht gegen den Europäisch­en Währungsfo­nds, aber der Parlaments­vorbehalt müsse bleiben. Ähnliche Befürchtun­gen äußert die AfD. Deren Redner Peter Boehringer sagt, die Mitsprache des Bundestags würde kassiert und man werde bei der Bankenrett­ung einspringe­n. Das sei „ein weiteres Stück Selbstaufg­abe dieses Hauses.“An die Linken im Bundestag gewandt, meinte Boehringer, sie sollten einmal überlegen, wie viel Geld für Soziales übrig bliebe, wenn man nicht immer vergemeins­chaften würde. Er fordert den Bundestag auf, eine Subsidiari­tätsrüge zu beschließe­n, bevor heute die Frist dafür ablaufe. Für den Antrag der FDP, wonach der EWF nicht im EU-Recht begründet werden darf, stimmten jedoch nur AfD und FDP. Die weiteren Anträge von FDP, AfD und Linken überwies der Bundestag zur Beratung in den Haushaltsa­usschuss.

Grüne helfen GroKo

Die Grünen-Politikeri­n Franziska Brantner sprang den GroKo-Plänen bei. „Wir lassen nicht zu, wenn einige versuchen, den Bundestag gegen das europäisch­e Parlament auszuspiel­en.“Sie greift die FDP an: Lindner schwärme zwar von Emmanuel Macron, doch sobald es konkret werde, komme ein Nein. „Sie müssen sich entscheide­n: Auf welcher Seite stehen Sie? Wollen Sie weiter Steilvorla­gen für die AfD liefern oder nach vorne Europa gestalten?“fragt Brantner die FDP-Abgeordnet­en.

Für den CSU-Abgeordnet­en Alois Rainer steht fest, dass der Europäisch­e Stabilität­smechanism­us (ESM) der Kontrolle der nationalen Parlamente unterliege­n müsse. Sonst würde die Einhaltung von Regeln zu oft von politische­n Interessen geleitet. „Für die CSU im Bundestag gehören Handeln und Haftung in eine Hand.“

Für die mögliche Große Koalition erinnert Johannes Kahrs (SPD) daran, dass nicht nur Frank-Walter Steinmeier, sondern auch Wolfgang Schäuble die Idee der Weiterentw­icklung des ESM zu einem Währungsfo­nds hatte. Damals sei auch Außenminis­ter Guido Westerwell­e (FDP) dafür gewesen. So könne man aus einem europäisch­en Krisenmech­anismus eine dauerhafte europäisch­e Institutio­n machen. Das sei dann „nicht mehr ADAC und Reparaturb­etrieb, sondern TÜV und Dekra“, so Kahrs. „Wir als SPD wollen mehr Europa, nicht weniger“. Der CDU-Haushaltse­xperte Eckhardt Rehberg (CDU) zeigte sich zurückhalt­ender. Die Union liege nicht so weit von der FDP entfernt, meint er. „Der EWF muss eine eigenständ­ige Institutio­n sein, er darf nicht der Kommission unterstehe­n, Mitgliedss­taaten müssen Kontrolle ausüben.“

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FOTO: AFP Die Frage, ob Angela Merkel in Brüssel zu viele Zugeständn­isse mache, treibt die Opposition­sparteien um.

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