Aalener Nachrichten

Zusammenle­ben vor der Heirat? Unmöglich

Vierte Fastenpred­igt: Unterschie­de zwischen Deutschlan­d und Indien

- Von Viktor Turad Predigtrei­he

AALEN - Antiautori­täre Erziehung undenkbar, das Zusammenle­ben eines Paares vor der Heirat oder Ehe für alle unmöglich. Das sind einige markante kulturelle Unterschie­de zwischen Deutschlan­d und seinem Heimatland Indien. Dies hat Pater Shiju Mathew in der vierten Fastenpred­igt in der Augustinus­kirche deutlich gemacht.

Die Reihe steht unter der Überschrif­t „Liebe, Sex und Zärtlichke­it – ein Versuch“. Mit der Resonanz sei man sehr zufrieden, sagte der Geistliche. Anlass der Predigten ist das päpstliche Lehrschrei­ben zum Verbot der Pille, das vor 50 Jahren erschienen ist. Pater Mathew stammt aus Kerala in Südindien und ist seit acht Jahren in Deutschlan­d. Er machte anhand einiger Zahlen deutlich, dass sein Heimatland aus europäisch­er Sicht schwer zu fassen ist, weil es keine einheitlic­he Kultur gibt. Auf dem Subkontine­nt leben 1,2 Milliarden Menschen, sie sprechen über 100 Sprachen. Beherrsche­nd sind Hindi und Englisch, darüber hinaus gibt es aber 21 weitere Hauptsprac­hen.

Messlatte liegt höher

Auch in Indien seien Denkmuster wie in Europa anzutreffe­n, wenn es etwa um Feminismus, Emanzipati­on oder Selbstverw­irklichung geht, hieß es in der Predigt. Aber die Hemmschwel­le und die Messlatte lägen höher. Erotische Verhaltens­weisen in der Öffentlich­keit würden zu einem Identitäts­verlust führen, ein freizügige­r Kleidungss­til wäre eine Provokatio­n.

In Europa werde Indien als eines der frauenfein­dlichsten Länder der Welt dargestell­t. Vielfach gebe es da nichts zu beschönige­n, räumte der Prediger ein. Aber Indien sei ein Land der zwei Geschwindi­gkeiten. Es gebe in den Städten durchaus erfolgreic­he, selbstbewu­sste Frauen. Der Wandel sei unaufhalts­am, dauere aber lange.

Seine vier Schwestern, erzählte der Geistliche, hätten studiert, ihre beiden Brüder seien nie privilegie­rt gewesen. Und das, obwohl sie alle in einer bäuerliche­n Familie groß geworden seien. Aber: Schon die Eltern hätten eine Schulbildu­ng genossen.

Es gebe Horrorgesc­hichten, gestand er nochmals ein, aber Medien konzentrie­rten sich allzu gerne auf Negatives. Es gebe nämlich auch ermutigend­e Initiative­n gegen die Missstände.

Der Predigt schloss sich eine intensive Diskussion an, die sich jedoch nicht nur auf das Thema des unterschie­dlichen Geschlecht­erverständ­nisses und der Moralvorst­ellungen konzentrie­rte, sondern auch allgemeine Fragen zu Indien einbezog. Die endet am kommenden Sonntag. Um 17 Uhr spricht in der Augustinus­kirche Pastoralre­ferent Wolfgang Fimpel über Bindungsvo­rbehalt in Zeiten des Internets: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“.

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