Auf dem Weg
Viel Licht, auch Schatten – DFB-Team zündet offensiv, hat defensiv aber noch Aussetzer
BERLIN - Nach dem Kracher ist vor dem Kracher. Und so wollten die Nationalspieler sich nicht lange mit dem 1:1 (1:1) gegen Spanien am Freitag aufhalten. Am Dienstag geht es schließlich in Berlin schon gegen Brasilien (20.45 Uhr/ZDF). „Wenn man gegen Brasilien spielt, ist es nichts anderes als gegen Spanien. Heute haben wir schon einige Erkenntnisse gesammelt, am Dienstag geht es weiter“, meinte etwa Stürmer Timo Werner.
Bundestrainer Joachim Löw ist gut beraten, sich in den kommenden Wochen auch noch ganz genau mit der Partie gegen den spielstarken Weltmeister von 2010 auseinanderzusetzen. Sein Team zeigte beim hochklassigen und auf Augenhöhe geführten Test auch zuvor ungesehene Defizite. „Phasenweise sind die Spanier relativ blank auf unsere Abwehrreihen zugelaufen. Wir wollten auch mal was ausprobieren und das ist ja auch nicht ganz schief gegangen. Hätte es 0:3 gestanden, hätten wir gewusst, dass wir sowas nicht mehr machen dürfen“, so Werner.
Mit sowas meinte er vor allem die Defensivarbeit, die Spaniens Ausnahmefußballer durch schnelles Kurzpassspiel etwa eine halbe Stunde lang nach Belieben aushebelten. „Die Spanier sind eben sehr selbstsicher und extrem stark im Eins gegen Eins“, so Julian Draxler. „Da standen wir oft ein bisschen weit weg“, analysierte Toni Kroos. Löws Versuch, die Spanier ganz früh anzurennen, verfehlte das Ziel.
Abwehrturm Jérôme Boateng beantwortete die Frage nach dem Verbesserungspotenzial beinahe schon überkritisch: „Alles! In jeder Hinsicht.“Und zählte auf: „Chancenverwertung. Passspiel. Wir müssen zielstrebiger zum Tor spielen und auch besser zusammenarbeiten. Das Umschalten muss auch besser werden. Wir kriegen drei oder vier Konter, das geht nicht.“
Dennoch: 83 Tage vor dem WMStart gegen Mexiko (17. Juni) geht es nun vor allem darum, Erkenntnisse zu sammeln. Von daher waren die von Spanien bereits und von Brasilien vielleicht noch aufgezeigten Mängel der DFB-Elf eher produktiv. Der Formcheck der DFB-Elf:
Marc-André ter Stegen
bewies im Tor erneut, dass er mehr als ein Ersatz für den rekonvaleszenten Manuel Neuer ist. Barcelonas Schlussmann strahlt Ruhe aus und zeigt beständig Leistung. Mit Bernd Leno steht eine solide Alternative ebenfalls bereit.
Davor steht mit der Defensive die deutsche Problemzone.
Die Viererkette aus dem Bayern-Trio Joshua Kimmich, Jérôme Boateng, Mats Hummels sowie Kölns Jonas Hector scheint gesetzt. An dem lange verletzten Kölner will Löw nicht rütteln: „Jonas vertraue ich absolut“, so Löw. Dass Offensivpressing gegen Mannschaften wie Spanien mit Spielern wie Boateng und Hummels, die nicht mehr oder noch nie die Allerschnellsten waren, vielleicht nicht das Mittel der Wahl sein sollte, weiß nun auch Löw. Er hatte aber auch eine Erklärung parat: „Normal mache ich so etwas erst nach ein paar Trainingseinheiten. Aber das Risiko war es mir einfach mal wert, so etwas auf so hohem Niveau zu testen.“
Die Kreativzentrale im Mittelfeld
um Kroos, Khedira und Gündogan besticht auch nicht gerade mit der größten Tempohärte, gehört aber wegen der technischen und taktischen Fähigkeiten der Akteure zum absoluten Prunkstück der Elf. Gegen Spanien hakte die Abstimmung zur Abwehr. Hier fehlen noch Automatismen, die das etwas fehlende Tempo ausgleichen könnten.
Auf der Mittelstürmerposition
hat sich der langjährige Stuttgarter Timo Werner unverzichtbar gemacht. Er hat das Tempo, das im Mittelfeld fehlt, arbeitet auch defensiv mit und hat eine gute Trefferquote. Manchetser Citys Leroy Sané ist ebenfalls schnell und zudem unglaublich kreativ. Er kann bei der WM in den entscheidenden Momenten den Unterschied machen. Mit Mario Gomez und Sandro Wagner hat Löw Brecher in der Hinterhand.
Fazit:
Derzeit steht Löws Team da, wo es zum jetzigen Zeitpunkt stehen sollte. Ein Erfolg gegen Brasilien wäre noch einmal ein wichtiges Signal. Doch Löws Schützlinge könnten auch mit einem weiteren Remis die 38 Jahre alte DFB-Bestmarke von 23 Länderspielen ohne Niederlage unter Jupp Derwall egalisieren.
Müller war am Freitag um eine Einordnung bemüht: „Wichtig war auch, den deutschen Zuschauern zu zeigen, dass es auch andere Mannschaften auf dem Planeten gibt, die auch sehr gut sind.“Das weiß auch der Bundestrainer: „Wer glaubt, dass es eine einfache Geschichte wird bei der WM, der täuscht sich gewaltig“, sagte er. Doch der richtige Weg ist eingeschlagen. Länderspiele: Uruguay - Tschechien 2:0 (2:0), Japan - Mali 1:1 (0:1), Russland - Brasilien 0:3 (0:0), Aserbaidschan - Weißrussland 0:1 (0:1), Zypern - Montenegro 0:0, Finnland - Mazedonien 0:0, Senegal Usbekistan 1:1 (0:1), Norwegen - Australien 4:1 (1:1), Bulgarien - Bosnien-Herzeg. 0:1 (0:1), Türkei - Irland 1:0 (0:0), Griechenland - Schweiz 0:1 (0:0), Ungarn - Kasachstan 2:3 (1:3), Tunesien - Iran 1:0 (0:0), Saudi-Arabien - Ukraine 1:1 (1:1), Serbien - Marokko 1:2 (1:2), Deutschland Spanien 1:1 (1:1), Niederlande - England 0:1 (0:0), Polen - Nigeria 0:1 (0:0), Portugal Ägypten 2:1 (0:0), Italien - Argentinien 0:2 (0:0), Österreich - Slowenien 3:0 (2:0), Schottland - Costa Rica 0:1 (0:1), Frankreich - Kolumbien 2:3 (2:1), Curaçao - Bolivien 1:1 (1:0), Peru - Kroatien 2:0 (1:0), Mexiko - Island 3:0 (1:0), Nordirland - Südkorea 2:1 (1:1), Armenien - Estland 0:0, Georgien - Litauen 4:0 (4:0), Kanada Neuseeland 1:0 (0:0), Katar - Syrien 2:2 (0:0), Schweden - Chile 1:2 (1:1), Madagaskar - Kosovo 0:1 (0:0), Togo - Elfenbeinküste 2:2 (1:2), Israel - Rumänien 1:2 (0:0), Gibraltar - Lettland 1:0 (0:0), Kuwait - Kamerun 1:3 (0:2), Färöer - Liechtenstein 3:0 (1:0). Heute: Jamaika - Antigua und Barbuda o Uhr, Finnland -Malta 18 Uhr, Bulgarien Kasachstan 18 Uhr, Albanien - Norwegen 19 Uhr, Niederlande - Portugal 20.30. Dienstag: Curaçao - Bolivien 2 Uhr, Japan - Ukraine 14.20, Georgien - Estland 15 Uhr, Armenien - Litauen 17 Uhr, Russland Frankreich 17.50, Iran - Algerien 18 Uhr, Aserbaidschan - Mazedonien 18 Uhr, Burkina Faso - Kosovo 19 Uhr, Montenegro Türkei 19.10, Rumänien - Schweden 19.30, Ungarn - Schottland 20 Uhr, Ägypten Griechenland 20 Uhr, Tunesien - Costa Rica 20 Uhr, Senegal - Bosnien-Herzeg. 20 Uhr, Elfenbeinküste - Moldau 20 Uhr, Schweiz - Panama 20 Uhr, Dänemark Chile 20 Uhr, Slowenien - Weißrussland 20.15, Luxemburg - Österreich 20.30, Deutschland - Brasilien 20.45, Polen - Südkorea 20.45, Belgien - Saudi-Arabien 20.45, England - Italien 21 Uhr, Marokko Usbekistan 21 Uhr, Kolumbien - Australien 21 Uhr, Spanien - Argentinien 21.30, Nigeria - Serbien 22 Uhr. Mittwoch: USA - Paraguay 1 Uhr, Peru Island 2 Uhr, Kroatien - Mexiko 03.30. U21: EM-Qualifikation, Gruppe 5 (10. Spieltag): Kosovo - Deutschland Di., 18.45, Israel - Norwegen Di., 18.45, Irland - Aserbaidschan Di., 20.30.