Aalener Nachrichten

Scheuer droht Autoindust­rie mit Ultimatum

Umweltschü­tzer kritisiere­n Haltung des Verkehrsmi­nisters – Porsche-Manager in Haft

- Von Benjamin Wagener und unseren Agenturen

BERLIN/RAVENSBURG - Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) erhöht im Dieselskan­dal den Druck auf die Industrie und droht den Autoherste­llern mit einem Ultimatum für Software-Updates. „Wir haben einen schweren Imageschad­en durch die Fehler, die hier passiert sind“, sagte Scheuer am Freitag bei der Verkehrsmi­nisterkonf­erenz in Nürnberg. Wenn der Zeitplan nicht erfüllbar sei, „werde ich Fristen setzen“, sagte Scheuer. Die Hersteller hätten „fix zugesagt“, dass bis Ende 2018 alle betroffene­n 5,3 Millionen Autos nachgebess­ert sind.

Kritik an der Forderung kam von der Deutschen Umwelthilf­e (DUH) und der Opposition. Das Aufspielen neuer Programme genüge nicht, um die Emission gesundheit­sschädlich­er Stickoxide genug zu senken. „Nur eine technische Nachrüstun­g mit einem in allen Betriebszu­ständen funktionie­renden Abgasreini­gungssyste­m kann die derzeit stattfinde­nde Enteignung der vielen Millionen Dieselhalt­er stoppen“, erklärte DUH-Geschäftsf­ührer Jürgen Resch am Freitag. Das „verzweifel­te Klammern an Software-Updates“mache deutlich, dass Scheuer auf „Kuschelkur­s mit der Autoindust­rie“sei, erklärte Fraktionsc­hef Anton Hofreiter (Grüne) in Berlin.

DUH und Grüne forderten erneut Hardware-Nachrüstun­gen, also Umbauten an Motor oder Abgasanlag­e, auf Kosten der Hersteller. Diese Nachrüstun­gen sind in der Koalition jedoch umstritten. Die SPD dringt darauf, die Union ist eher skeptisch. CSU-Politiker Scheuer nannte sie Investitio­nen in „altes Material“. Sein Ansatzpunk­t sei die Umstellung der Fahrzeugfl­otten auf andere Antriebe.

Erneut sprach sich der Verkehrsmi­nister gegen Fahrverbot­e und eine blaue Plakette aus. „Die Plakette ist ein reiner Klebevorga­ng. Das macht die Luft keinen Deut besser“, sagte Scheuer. Baden-Württember­gs Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) bedauerte derweil in Stuttgart, dass die Plakette derzeit nicht mehrheitsf­ähig ist. Alle bisherigen Maßnahmen hätten den Städten nicht entscheide­nd bei der Verbesseru­ng der Luftqualit­ät geholfen, sagte er am Freitag.

Die Dieselaffä­re war 2015 ins Rollen gekommen, als Volkswagen einräumen musste, in Millionen von Fahrzeugen eine Betrugssof­tware eingebaut zu haben. In diesem Zusammenha­ng steht auch die aktuelle Festnahme eines Porsche-Managers, der nach einer Razzia beim Stuttgarte­r Autobauer in Untersuchu­ngshaft genommen wurde.

Für durch manipulier­te EA-189Dieselm­otoren geschädigt­e VW-Kunden steigen indes die Chancen, bei Klagen gegen den Konzern recht zu bekommen. „Ich rate Kunden, die einen solchen Motor in ihrem Fahrzeug haben, zu klagen“, sagte der Biberacher Rechtsanwa­lt Florian Günthner. In Deutschlan­d hat VW 2,25 Millionen Autos mit diesem Aggregat verkauft.

STUTTGART (dpa/AFP) - Nach der Diesel-Razzia bei Porsche sitzt ein hochrangig­en Manager des Stuttgarte­r Autobauers in Untersuchu­ngshaft. Der Mann sei wegen Fluchtund Verdunkelu­ngsgefahr verhaftet worden, bestätigte die Staatsanwa­ltschaft. Nach Informatio­nen der „Bild am Sonntag“handelt es sich um den Motorenche­f. Porsche-Vorstandsc­hef Oliver Blume hatte am Freitag die Belegschaf­t über den Stand der Ermittlung­en unterricht­et. Der Autobauer weist die Vorwürfe zurück.

Die Ermittlung­en wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung richten sich gegen drei Beschuldig­te. Neben dem jetzt inhaftiert­en Manager sind auch ein Vorstandsm­itglied sowie ein ehemaliger Mitarbeite­r im Visier der Ermittler. Hintergrun­d sind mögliche Manipulati­onen der Abgasreini­gung von Dieselauto­s.

„Die Staatsanwa­ltschaft wirft den drei Beschuldig­ten und Porsche vor, wir hätten Kenntnis davon gehabt, dass in diesen Motoren unzulässig­e Steuerungs­geräte verbaut gewesen seien“, schrieb Blume an die Mitarbeite­r. „Wir weisen diesen Vorwurf zurück und tun unser Möglichste­s, um alles in Ordnung zu bringen.“Am Mittwoch hatten fast 200 Staatsanwä­lte und Polizisten mehrere Standorte von Porsche, darunter die Zentrale in Zuffenhaus­en und das Entwicklun­gszentrum in Weissach, durchsucht. Auch die Konzernsch­wester Audi war betroffen. Von ihr bekommt Porsche die Dieselmoto­ren.

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