„Wir würden keine Arbeit einsparen“
Justizminister Guido Wolf erklärt, warum er gegen die Entkriminalisierung des Schwarzfahrens ist
BERLIN - Ein Gesetzentwurf von Grünen und Linken im Bundestag hat die Debatte über die Rückstufung des Schwarzfahrens zur Ordnungswidrigkeit wieder aufs Tapet gebracht. Andreas Herholz sprach darüber mit Justizminister Guido Wolf (CDU).
Herr Wolf, auch Nordrhein-Westfalen will dafür sorgen, dass Schwarzfahren in Bus und Bahn künftig keine Straftat mehr ist. Was spricht dagegen?
Durch das Schwarzfahren entsteht ein erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden. Jedem ist klar: Wer in eine Bahn steigt, braucht eine Fahrkarte. Ich finde, dass wir an dieser Stelle unsere Rechtsordnung klar durchsetzen sollten. Deshalb ist die Einordnung als Straftat angezeigt. Zudem glaube ich nicht, dass eine Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit tatsächlich Ressourcen spart. Zunächst würde der Aufwand auf die Verwaltungsbehörden verlagert. Und auch bei Ordnungswidrigkeiten besteht eine Einspruchsmöglichkeit, die den Vorgang wieder zu den Staatsanwaltschaften und vor die Gerichte bringt. Wir würden Arbeit nur verlagern, nicht einsparen.
Befürworter argumentieren, dass die Justiz entlastet und immense Kosten eingespart würden, weil notorische Schwarzfahrer nicht mehr im Gefängnis landen würden. Warum überzeugt Sie das nicht?
Das überzeugt mich überhaupt nicht und ich halte das für ein völlig falsches Signal. Wir können doch nicht strafwürdiges Verhalten entkriminalisieren, nur um damit Staatsanwaltschaften und Gerichten Arbeit zu ersparen. Wenn wir damit anfangen, dann werden von denen, die nicht bereit sind, die Justiz angemessen auszustatten, stets neue Vorschläge kommen, um weitere Straftaten abzuschaffen. Das wäre ein Freifahrtschein, um Justiz nach Kassenlage zu betreiben. Wenn bei den Strafverfolgungsbehörden Ressourcen fehlen, müssen wir, wie wir das in BadenWürttemberg gerade tun, dort das Personal aufstocken und nicht kriminelle Verhaltensweisen legalisieren.
Aber müsste dann Schwarzfahren nicht konsequenter geahndet werden? Sind die Verkehrsbetriebe hier stärker gefordert?
Gerade um das Schwarzfahren konsequent zu ahnden, sollten wir aus meiner Sicht den Straftatbestand beibehalten. Was die Verkehrsbetriebe betrifft: Viele betreiben durch Kontrollen in Bussen und Bahnen bereits einen beachtlichen Aufwand. Man kann sich schon fragen, ob es überhaupt möglich ist, mehr als 100 000 Zugangsstellen im Land mit Kontrollmöglichkeiten zu versehen. Und selbst wenn dies möglich ist, sehe ich das Risiko, dass dadurch die Fahrscheinpreise steigen. Und das wiederum würden am Ende wieder alle Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs bezahlen.