Regierungskrise in Italien schwelt weiter
Erneuter Versuch der Koalitionsbildung schon wieder gescheitert
ROM - Italien hat immer noch keine neue Regierung. Der Versuch von Maria Elisabetta Alberti Casellati, der Präsidentin des Senats, der ersten Kammer des italienischen Parlaments, eine mögliche Regierungsbildung auszusondieren, wurde am Freitag als gescheitert erklärt. Sie hatte von Staatspräsident Sergio Mattarella am Mittwoch den Auftrag erhalten, die Chefs aller Parteien zur Vernunft zu rufen, und sich zu einer Regierungskoalition zusammenzuraffen.
Aus den Parlamentswahlen am 4. März waren zwei Sieger hervorgegangen. Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung M5S und die MitteRechts-Koalition, der als stärkste Parteien Matteo Salvinis ausländerfeindliche Lega und Silvio Berlusconis Forza Italia angehören. Beide Blöcke erhielten rund 30 Prozent aller Stimmen. Das reicht nicht, um allein regieren zu können. Die weit abgeschlagenen Sozialdemokraten PD wollen mit keinem der Sieger eine Regierung bilden. Die M5S sehen in Berlusconi den Leibhaftigen. Solange der Medienzar mit der Lega verbündet sei, so die M5S, könne es keine Koalition geben. Eine verfahrene politische Situation, die Staatspräsident Sergio Mattarella jetzt so schnell wie möglich lösen will.
Doch wie? Neuwahlen will er nicht. Der Präsident verweist auf wichtige europolitische Termine, die internationalen Verwicklungen in der Syrienkrise und die zwar etwas bessere, aber trotzdem immer noch schlechte Finanz- und Wirtschaftslage Italiens.
Italien brauche, so Mattarella, so schnell wie möglich eine handlungsfähige Regierung, um zahllose finanzund wirtschaftspolitische Probleme anzugehen und der EU zu beweisen, dass das Land seinen Verpflichtungen nachkommt und ein verlässlicher Bündnispartner ist.
Von Spanien überrundet
Wie dramatisch die Situation Italiens ist, wurde am Freitag erneut deutlich. Die Nachricht, wonach das spanische Inlandsprodukt dasjenige Italiens um sieben Prozent überrundet habe, löste große Besorgnis aus. Der ausscheidende Finanz- und Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan von den Sozialdemokraten betonte am Freitag, dass Italien auf dem einmal eingeschlagenen Weg weiter gehen müsse, damit das seit Monaten zu verzeichnende langsame Wirtschaftswachstum anhalte und stärker werde.
„Am besten wäre eine zeitlich begrenzte Regierung, die schnell ein neues Wahlrecht verabschiedet, dann Neuwahlen und endlich klare Regierungsverhältnisse“, erklärte der Philosoph und führende Sozialdemokrat Massimo Cacciari. Aber zu diesem Schritt will sich Staatspräsident Mattarella nicht durchringen. Deshalb wird er wahrscheinlich am Montag entweder den Chef der M5S Luigi di Maio oder den Chef der Lega, Matteo Salvini, mit der Bildung einer Regierung beauftragen. „Ob diese Entscheidung ein rasches Ende der politischen Krise bringen wird“, so Cacciari, „kann nur ein leidenschaftlicher Optimist hoffen“.