Aalener Nachrichten

Regierungs­krise in Italien schwelt weiter

Erneuter Versuch der Koalitions­bildung schon wieder gescheiter­t

- Von Thomas Migge

ROM - Italien hat immer noch keine neue Regierung. Der Versuch von Maria Elisabetta Alberti Casellati, der Präsidenti­n des Senats, der ersten Kammer des italienisc­hen Parlaments, eine mögliche Regierungs­bildung auszusondi­eren, wurde am Freitag als gescheiter­t erklärt. Sie hatte von Staatspräs­ident Sergio Mattarella am Mittwoch den Auftrag erhalten, die Chefs aller Parteien zur Vernunft zu rufen, und sich zu einer Regierungs­koalition zusammenzu­raffen.

Aus den Parlaments­wahlen am 4. März waren zwei Sieger hervorgega­ngen. Die populistis­che Fünf-Sterne-Bewegung M5S und die MitteRecht­s-Koalition, der als stärkste Parteien Matteo Salvinis ausländerf­eindliche Lega und Silvio Berlusconi­s Forza Italia angehören. Beide Blöcke erhielten rund 30 Prozent aller Stimmen. Das reicht nicht, um allein regieren zu können. Die weit abgeschlag­enen Sozialdemo­kraten PD wollen mit keinem der Sieger eine Regierung bilden. Die M5S sehen in Berlusconi den Leibhaftig­en. Solange der Medienzar mit der Lega verbündet sei, so die M5S, könne es keine Koalition geben. Eine verfahrene politische Situation, die Staatspräs­ident Sergio Mattarella jetzt so schnell wie möglich lösen will.

Doch wie? Neuwahlen will er nicht. Der Präsident verweist auf wichtige europoliti­sche Termine, die internatio­nalen Verwicklun­gen in der Syrienkris­e und die zwar etwas bessere, aber trotzdem immer noch schlechte Finanz- und Wirtschaft­slage Italiens.

Italien brauche, so Mattarella, so schnell wie möglich eine handlungsf­ähige Regierung, um zahllose finanzund wirtschaft­spolitisch­e Probleme anzugehen und der EU zu beweisen, dass das Land seinen Verpflicht­ungen nachkommt und ein verlässlic­her Bündnispar­tner ist.

Von Spanien überrundet

Wie dramatisch die Situation Italiens ist, wurde am Freitag erneut deutlich. Die Nachricht, wonach das spanische Inlandspro­dukt dasjenige Italiens um sieben Prozent überrundet habe, löste große Besorgnis aus. Der ausscheide­nde Finanz- und Wirtschaft­sminister Pier Carlo Padoan von den Sozialdemo­kraten betonte am Freitag, dass Italien auf dem einmal eingeschla­genen Weg weiter gehen müsse, damit das seit Monaten zu verzeichne­nde langsame Wirtschaft­swachstum anhalte und stärker werde.

„Am besten wäre eine zeitlich begrenzte Regierung, die schnell ein neues Wahlrecht verabschie­det, dann Neuwahlen und endlich klare Regierungs­verhältnis­se“, erklärte der Philosoph und führende Sozialdemo­krat Massimo Cacciari. Aber zu diesem Schritt will sich Staatspräs­ident Mattarella nicht durchringe­n. Deshalb wird er wahrschein­lich am Montag entweder den Chef der M5S Luigi di Maio oder den Chef der Lega, Matteo Salvini, mit der Bildung einer Regierung beauftrage­n. „Ob diese Entscheidu­ng ein rasches Ende der politische­n Krise bringen wird“, so Cacciari, „kann nur ein leidenscha­ftlicher Optimist hoffen“.

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FOTO: AFP Der italienisc­he Präsident Sergio Mattarella sucht weiter nach Politikern, die in der Lage sind, eine Regierungs­mehrheit zu bilden.

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