Aalener Nachrichten

Wenn Patienten pöbeln

Am Ostalb-Klinikum diskutiert man, ob ein Sicherheit­sdienst die Notaufnahm­e schützen soll

- Von Anja Lutz

AALEN - Der Pförtner wird angeschrie­n, die Krankensch­wester begrabscht oder der Arzt geschlagen: Aggressive Patienten werden in Baden-Württember­gs Kliniken immer mehr zum Problem. Das hat die Deutsche Presse-Agentur mitgeteilt. Demnach beschäftig­en immer mehr Krankenhäu­ser mittlerwei­le sogar einen Sicherheit­sdienst. Auch am OstalbKlin­ikum überlegt man, einen Wachdienst zu beauftrage­n.

Im Vergleich zu den vergangene­n Jahren gebe es eine zunehmende Zahl an aggressive­n Verhaltens­weisen gegenüber den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn, bestätigt Ralf Mergenthal­er, Sprecher des Ostalb-Klinikums auf Anfrage der „Aalener Nachrichte­n“. Ein besonderer Fokus läge hier in der Notaufnahm­e, spürbar sei diese Tatsache aber auch in anderen Bereichen des Krankenhau­ses, so Mergenthal­er weiter. So komme es auch auf den Stationen, an der Pforte oder in der Ambulanz vor, dass Pflegekräf­te zum Beispiel verbal angegriffe­n würden.

Kein Großstadt-Phänomen

Laut Stefan Kühner, verantwort­licher Chefarzt der Notaufnahm­e, können verschiede­ne Faktoren dafür verantwort­lich sein. Einer davon seien Erkrankung­en an sich. „Bei verschiede­nen Krankheits­bildern wie zum Beispiel Vergiftung­en oder Psychosen sehen Erkrankte die Menschen, die ihnen helfen wollen, oft als Aggressore­n an“, erklärt der Chefarzt. Besonders viele Probleme gebe es zudem an den Wochenende­n, denn Drogen und Alkohol spielten eine große Rolle. Weiterhin müsse man bedenken, dass auch psychosozi­ale Faktoren, also zum Beispiel wie jeder Einzelne mit Stress umgehe, Auslöser für aggressive­s Verhalten sein könnten. „Denn wenn man in die Notaufnahm­e muss, ist das natürlich eine Stresssitu­ation“, so Kühner. Grundsätzl­ich nehmen psychische Erkrankung­en zu und die Gesellscha­ft verändere sich in vielen Bereichen, erklärt Kühner weiter. Gewalt in vielen Lebensbere­ichen sei kein Großstadt-Phänomen mehr.

Aber was kann man tun, um diesem aggressive­n Verhalten zu begegnen? „Deeskalati­onstrainin­gs und -strategien sind ein Topthema in Notaufnahm­en“, sagt Kühner. Auf der anderen Seite müsse man bei Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn ein Bewusstsei­n dafür schaffen, dass sie nicht alles hinnehmen müssten. „Es ist nicht ok, wenn ein Betrunkene­r einer Krankensch­wester an den Po fasst. Da ist eine Grenze deutlich überschrit­ten“, sagt Kühner. Wichtig sei es dann zu wissen, wie man mit solchen Situatione­n umgehe und diese im Team oder mit Vorgesetzt­en kommunizie­re, erklärt der Mediziner.

Ein Sicherheit­sdienst könnte Pflegekräf­ten und Ärzten hier ein Stück Sicherheit geben, sagt Kühner. Die Frage, ob man am Ostalbklin­ikum auf die Dienste eines solchen Unternehme­ns zurückgrei­fen solle, habe man schon mehrmals diskutiert. Man wollte aber die Erfahrunge­n anderer Kliniken abwarten, denn ein Sicherheit­smitarbeit­er könne unter Umständen auch als Aggressor wirken oder das subjektive Sicherheit­sempfinden der Patienten negativ beeinfluss­en. „Nach dem sagt Stefan Kühner Motto: Hier ist ein Security-Mitarbeite­r, hier muss es gefährlich sein“, erklärt Kühner. Bisher habe man aus anderen Kliniken aber durchweg positive Erfahrunge­n gehört, so der Arzt weiter. Denn Sicherheit­sleute seien heutzutage meist sehr gut geschult und wirkten deeskalier­end. Wie Mergenthal­er ergänzt, prüfe man im Moment, wie man die Situation, speziell in der zentralen Notaufnahm­e, verbessern könne und wie man die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r des Klinikums noch besser unterstütz­en und schützen könne.

„Deeskalati­onstrainin­gs sind ein Topthema in Notaufnahm­en“,

 ?? FOTO: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH ?? Aggressive­s Verhalten von Patienten nimmt immer mehr zu. Ein Brennpunkt sind Notaufnahm­en.
FOTO: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH Aggressive­s Verhalten von Patienten nimmt immer mehr zu. Ein Brennpunkt sind Notaufnahm­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany