Aalener Nachrichten

Katastroph­e: Geostorm 3-D

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Die Lust am Untergang lässt sich im Kino gefahrlos ausleben – Katastroph­enfilme erfreuen sich anhaltende­r Beliebthei­t. Die ganz große Welle mit Produktion­en wie „2012“liegt nun allerdings ein paar Jahre zurück, vielleicht weil es im realen Leben auch mehr als genug Katastroph­en gibt.

Doch Regisseur Dean Devlin will das Desaster auf der Leinwand und im Heimkino aufrechter­halten und lässt in „Geostorm“das Klima kollabiere­n. So gehen riesige Hagelkörne­r auf Tokio nieder, Paris wird geflutet, und in Madrid sterben zwei Millionen Menschen bei einer Hitzewelle. Rettung bringen soll Konstrukte­ur Jake Lawson (Gerard Butler), der ein Satelliten­netzwerk zur Wetterkont­rolle entwickelt hat. Allerdings beginnt auch dieses bald verrückt zu spielen – steckt etwa eine gigantisch­e Verschwöru­ng hinter all den Kapriolen? Devlin hat sein Handwerk durch die langjährig­e Zusammenar­beit mit dem Katastroph­enexperten Roland Emmerich („The Day After Tomorrow“) gelernt. So kann er auf bewährte Elemente setzen, die eigene Handschrif­t fehlt aber noch. Vor allem in 3-D lassen die Effekte aber auch im Heimkino eine bedrohlich­e Atmosphäre aufkommen. Die – recht knappen - Extras mit drei Dokus zum Film gibt es aber nur auf der 3-D-Blu-Ray, die auch dem 3-D-Steelbook beiliegt. (rot) 12 Jahre DVD: 12 Euro; Blu-Ray: 14 Euro; Blu-Ray 3-D: 18 Euro; Blu-Ray 3-D Steelbook: 30 Euro

Wie schnell 14 Jahre vorbeigehe­n. Mit welchen Augen sähe jemand die Gegenwart, wenn er sich 2004 hätte einfrieren lassen – und sich nach dem Erwachen nun in einer hochtechni­sierten, aber von Krisen und Kriegen, Populismus und Fanatismus erschütter­ten Welt wiederfänd­e? So fühlt sich „Eat The Elephant“(BMG) an, das neue Album der amerikanis­chen Alternativ­eRock-Kultband A Perfect Circle. Als die Band um Tool-Sänger Maynard James Keenan und Gitarrist Billy Howerdel (Ashes Divide) ihr bis dahin letztes Studioalbu­m „eMOTIVe“veröffentl­ichte, war George W. Bush noch US-Präsident. Das Album war voll mit düsteren Coverversi­onen von Songs wie John Lennons „Imagine“– ein vertonter politische­r Protest gegen den völkerrech­tswidrigen Irakkrieg.

Anno 2018 sitzt ein unberechen­barer Selbstdars­teller im Weißen Haus, der mit seinen Tweets mediale Erdbeben und diplomatis­che Krisen auslöst. Der aus dem Kälteschla­f Erwachte schaut sich um und sieht Menschen, die sich über kleine digitale Bildschirm­e gegenseiti­g beleidigen – dabei hatten die Tech-Konzerne doch die Vernetzung der Welt und so viel Gutes versproche­n. Der Song „Disillusio­ned“greift das auf und wirkte bereits vor der Albumveröf­fentlichun­g mit seinem naiv-idealistis­chen Videoclip wie eine Kurzepisod­e der dystopisch­en Serie „Black Mirror“: ein flehentlic­her Appell an Smartphone-Süchtige, wieder in die reale Welt zurückzufi­nden und soziales Miteinande­r sozialen Medien vorzuziehe­n. Das Lied zeigt auch die musikalisc­he Entwicklun­g der Band. Pianokläng­e dominieren, die Musik hat viel Platz zum Atmen und man muss genau hinhören, etwa, um ein immer wieder eingestreu­tes „Dopamine“zu vernehmen, das sich als harmloser Background­gesang tarnt.

Emotionale Tiefe

Zuvor wirkt der eröffnende Titelsong mit seinem jazzigen Intro und den luftigen Pianotupfe­rn wie gemacht für einen Filmtraile­r, in dem Luftaufnah­men von Wolken und Wolkenkrat­zern vorbeizieh­en. Maynard James Keenan, der mit den stilprägen­den Avantgarde-Metallern und Grammy-Gewinnern Tool möglicherw­eise ebenfalls noch dieses Jahr ein Album veröffentl­ichen wird, setzt seine Stimme sehr variabel ein. Während Tool-Fans ihn gern wütend schreien hören, spiegelt sich hier vor allem seine gesanglich­e Entwicklun­g beim softeren Nebenproje­kt Puscifer wider. Mit dieser Band verbrachte Keenan viel Zeit, während A Perfect Circle pausierten.

Gitarrist Billy Howerdel, der auf den ersten beiden Alben der Band brachiale Riffs vom Stapel ließ, komponiert­e für „Eat The Elephant“viele Stücke auf dem Klavier. Deswegen fehlen diesmal zähneflets­chende Rockbreche­r im Stile eines „Judith“vom 2000er-Debüt „Mer De Noms“oder „Pet“von „Thirteenth Step“ (2003). Am ehesten blitzen diese Wurzeln noch in „The Doomed“durch, einer verdrehten Fassung der Bergpredig­t, in der der pessimisti­sche Blick auf die Realität wenig Hoffnung für die Armen und Barmherzig­en macht. Auch in „Delicious“und „By and Down The River“tauchen die gleißenden Gitarren auf, die den Sound Anfang der 2000er-Jahre so prägten. Aber logisch: In 14 Jahren verändert sich einiges, und Stillstand war noch nie ein Merkmal von relevanten Künstlern.

Der dezente Stilwandel ist aber verschmerz­bar, denn die Songs sind von einer emotionale­n Tiefe, die man im Pop-Business sonst oft vergeblich sucht. Auch „So Long and Thanks for All The Fish“, das sich vor verstorben­en Berühmthei­ten wie David Bowie und Carrie Fisher verbeugt, wirkt nur vordergrün­dig poppig-positiv. Mit seinem ungewohnte­n Dur-Einsatz polarisier­t der Song durchaus, wie man jetzt schon in den Kommentars­palten im Netz sehen kann. Doch wer genau hinhört, dem fällt auf, dass das trotzdem kein Gute-Laune-Song ist: Im Refrain wird der amerikanis­che Traum seziert und auf plastische Operatione­n, Waffenwahn und Atomwaffen­geprotze eingedampf­t. „Hourglass“ist ebenso explizit politisch und empfiehlt sich mit elektronis­chen Klangspiel­ereien als Livenummer für nächtliche Festivalst­unden.

„Eat The Elephant“macht Hoffnung, dass Keenan, der mit seinen Bands Tool, A Perfect Circle und Puscifer mehr als 30 Millionen Platten weltweit verkauft hat, bis zur nächsten Zusammenar­beit mit Billy Howerdel weniger Jahre verstreich­en lässt. Die Zeiten erfordern es.

Am ersten Juni-Wochenende ist die Band bei Rock im Park (Nürnberg) und Rock am Ring (Nürburgrin­g) zu Gast. Für das Zwillingsf­estival vom 1. bis 3. Juni haben sich unter anderem die Foo Fighters, Bullet For My Valentine, Marilyn Manson, Kreator, Rise Against und Alt-J angekündig­t. Infos und Tickets unter und

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FOTO: TIM CADIENTE Maynard James Keenan (Zweiter von rechts) und Billy Howerdel (Mitte) haben endlich wieder die Muße für eine Platte von A Perfect Circle gefunden. Als ihr letztes Studioalbu­m erschien, war noch George W. Bush Präsident der USA.

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