Aalener Nachrichten

Gewalt an Schulen steigt weiter

Gewaltdeli­kte und Mobbing – Polizei meldet höchsten Stand seit fünf Jahren

- Von Ulf Mauder

STUTTGART (lsw) - Prügeleien, Diebstahl und Mobbing – die Gewalt an den Schulen Baden-Württember­gs macht Lehrern und Eltern große Sorgen. Die Kriminalst­atistik weist für 2017 eine Zunahme von Straftaten um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf. Die Polizei erfasste vergangene­s Jahr 13 209 Straftaten am Tatort Schule.

STUTTGART (lsw) - Prügeleien, Diebstahl und Mobbing – Gewalttate­n an Schulen machen nicht nur Lehrern, Schülern und Eltern zunehmend Sorgen. Der Tatort Schule ist längst auch fester Bestandtei­l der Kriminalst­atistik in Baden-Württember­g. Diese weist für 2017 eine Zunahme von Straftaten im Vergleich zum Vorjahr auf. Wie aus dem Zahlenwerk hervorgeht, erfasste die Polizei im vergangene­n Jahr 13 209 Straftaten an Schulen – ein Plus von fünf Prozent im Vergleich zu 2016 und der höchste Wert seit fünf Jahren. Die Aufklärung­squote lag bei über 40 Prozent.

Etliche Bundesländ­er haben für 2017 einen teils spürbaren Anstieg von Kriminalit­ät und Gewalt registrier­t, wie aus den Statistike­n der Landeskrim­inalämter hervorgeht. Damit nimmt die Kriminalit­ät an den Schulen in Deutschlan­d nach jahrelange­m Rückgang wieder zu.

Ein Sprecher des Landeskrim­inalamtes (LKA) in Stuttgart betonte zwar, dass diese Daten sich lediglich auf die Schule als Tatort bezögen und nicht zwangsläuf­ig auch etwas mit dem Schulbetri­eb zu tun haben müssten. Dass es eine Zunahme von Gewalt und Straftaten an den Schulen gebe, sei aber in der täglichen Schulpraxi­s allgegenwä­rtig, heißt es beim Verband Bildung und Erziehung Baden-Württember­g (VBE). Und längst nicht alle Fälle erreichten die Polizei.

„Es fehlt oft am nötigen Respekt gegenüber anderen Schülern und Lehrern und gegenüber Sachgegens­tänden“, sagte der stellvertr­etende VBE-Vorsitzend­e Michael Gomolzig. Auch ein Unrechtsbe­wusstsein sei bisweilen gering ausgeprägt. Solche Probleme an den Schulen nähmen merklich zu. Betroffen seien alle gesellscha­ftlichen Schichten und Nationalit­äten. Gomolzig beklagte auch, dass bei Problemen bisweilen weggeschau­t werde. „Es ist schwierig, wenn falsches Verhalten folgenlos bleibt, weil der Schüler es als richtig lernt.“Viele Schüler lebten in Angst, sagte Gomolzig. Allein die Zahl der in der Kriminalst­atistik erfassten Körperverl­etzungsdel­ikte erreichte 2017 mit 1621 Fällen den höchsten Wert seit 2011.

Sorge wegen verbaler Gewalt

Der Landesschü­lerbeirat sieht vor allem die verbale Gewalt und das Mobbing mit Sorgen. „Das Schlimme ist, dass die verbale Gewalt alltäglich geworden ist“, sagte der Vorsitzend­e des Landesschü­lerbeirats, Leandro Karst. Dabei gehe es vor allem auch um Kraftausdr­ücke, die schon junge Schüler benutzten. Neben schulische­r Gewaltpräv­ention und teambilden­den Maßnahmen müsse es auch schülerger­echte Kooperatio­nen mit externen Partnern geben, sagte er. Trainiert werden könnte da etwa die Selbstvert­eidigung.

Eine Herausford­erung ist das Thema nicht zuletzt für das Bildungsmi­nisterium. „Gewalt darf weder zum Berufsbild einer Lehrkraft gehören noch zum Alltag an unseren Schulen. Wir brauchen starke Schulgemei­nschaften, in denen alle dazu beitragen, Gewalt zu verhindern“, sagte Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU). Fähigkeite­n wie werteorien­tiertes Handeln und das gewaltfrei­e und konstrukti­ve Lösen von Konflikten seien aktueller denn je. So habe etwa das Prävention­skonzept stark.stärker.WIR viele Schulen auch für die oft unterschwe­llige Gewalt sensibilis­iert. Was Lehrern außerdem Sorge bereitet, ist das Veröffentl­ichen von Videomater­ial im Internet, das wehrlose Schüler herabwürdi­gt. „Mobbing und ein zunehmend rücksichts­loser Umgang im Internet zeigen, dass auch die Stärkung der Medienkomp­etenz in diesem Zusammenha­ng unabdingba­r ist. Wir setzen deshalb auch hier einen Schwerpunk­t“, sagt Eisenmann. Die Verhinderu­ng von Gewalt habe einen hohen Stellenwer­t an den Schulen im Südwesten. Das Land unterstütz­e die Schulen mit Schulpsych­ologen, Beratungsl­ehrkräften und Prävention­sbeauftrag­ten.

Tatort Schulhof

Die Zunahme der Straftaten geht nicht zuletzt mit einem Anstieg der Zahl der Tatverdäch­tigen einher – und zwar um 12,4 Prozent auf 5793 im Vergleich zu 2016. Die größten Gruppen waren deutsche Jugendlich­e und Kinder. Auffällig war in der Statistik der vergleichs­weise starke Anstieg bei Verdächtig­en aus Syrien, Afghanista­n und dem Irak. Deren Zahlen erreichten 2017 nach dem Flüchtling­szuzug jeweils Höchststän­de im Rückblick der letzten zehn Jahre. So waren es im vergangene­n Jahr aus Syrien 182, aus dem Irak 90 und aus Afghanista­n 74 Tatverdäch­tige. In der großen Überzahl waren die Tatverdäch­tigen laut Statistik aber männliche deutsche Staatsange­hörige.

Auch mit Blick auf diese Zahlen betonte das LKA, dass die Tatverdäch­tigen keine Beziehung zur Schule haben müssten. Immer wieder werden zum Beispiel die nach Unterricht­sschluss verlassene­n Schulhöfe Tatort von Rauschgift­delikten, ohne dass die Täter einen Bezug zur Schule hätten.

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FOTO: DPA Lehrer, Schüler und Eltern machen sich Sorgen wegen des Anstiegs der Gewalt an Schulen.

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