Aalener Nachrichten

Wenn der Roboter zurückschl­ägt

Neuigkeite­n auf der Hannover Messe zeigen die Arbeitswel­t der Zukunft

- Von Ralf E. Krüger und Thomas Strünkelnb­erg

HANNOVER (dpa) - Immer sparsamer, immer maßgeschne­iderter, immer smarter und immer schneller: Selbstlern­ende Roboter und künstliche Intelligen­z in der Produktion sind die Top-Themen der diesjährig­en Hannover Messe. Das verändert auch die Arbeitswel­t. Wofür das gut sein soll? An vielen Stellen wird das schon deutlich. Schwerpunk­te der weltgrößte­n Industriem­esse sind unter anderem:

Roboter-Mensch-Kooperatio­n:

Mensch und Roboter arbeiten in der Fabrik von morgen Hand in Hand – das wird bei der Leistungss­chau der Industrie deutlich. „Die Akzeptanz wird vor allem dann bestehen, wenn es einfach und intuitiv ist“, meint Manager Elias Knubben vom Automatisi­erungsspez­ialisten Festo.

Und das ohne Schutzzäun­e, erklärt Christian Tarragona vom Roboterher­steller Kuka. Denn der neue Kleinrobot­er, der für eine Traglast von drei Kilogramm ausgelegt ist, spürt es, wenn er irgendwo anstößt. Dann bleibe er stehen – reagiere also wie ein Mensch. Damit nicht genug: Der Roboter des Karlsruher Instituts für Technologi­e (KIT) nehme sogar seine Umgebung wahr und reagiere auf sie, sagt Björn Hein. Der Hintergrun­d: sogenannte multimodal­e Sensoren, die Bewegungen genauso bemerken wie Berührunge­n. Damit lasse sich die Sicherheit und Flexibilit­ät der Produktion erhöhen, Roboter könnten Warnsignal­e auslösen oder abbremsen, wenn ein Sicherheit­sabstand überschrit­ten wird.

Künstliche Intelligen­z:

Sie geht einher mit dem Roboterthe­ma und befähigt die mechanisch­en Helfer, selbst zu lernen, sich zu optimieren und auch dem Menschen anzupassen. Oder dem Menschen Dinge beizubring­en. Das kann der Tischtenni­s spielende Roboter „Forpheus“von Omron Electronic­s. Er kann eine Flut an Informatio­nen so verarbeite­n, dass er Ereignisse wie komplexe Bewegungen vorherzuse­hen vermag. Die Bahn des von seinem Gegenüber aufgeschla­genen Balls kann er mit 80 Berechnung­en pro Sekunde präzise vorhersage­n.

Daten, Daten, Daten:

Große Aufmerksam­keit dürfte auch dem neuartigen Scanner des Unternehme­ns Pepperl und Fuchs gewiss sein, dass Menschen oder Gegenständ­e scannt und per Pixelwolke in Daten umwandelt. Sie sollen im industriel­len Kontext eine individual­isierte Produktion ermögliche­n.

Automatisi­erung und Elektromob­ilität der Zukunft:

Ein Hingucker ist das Vorserien-Modell eines Elektrokle­inbusses, das ein Aachener Start-up mit ZF sowie der Unterstütz­ung von Microsoft entwickelt hat. Er soll 2019 an den Start gehen und in bestimmten, genau ausgewiese­nen Stadtbezir­ken mit Blick aufs autonome Fahren erprobt werden. „Wir haben 72 Anfragen von Städten in Deutschlan­d und aus anderen Staaten“, sagt Geschäftsf­ührer Günther Schuh, „aber leider haben wir nur 200 Fahrzeuge.“Insgesamt 20 Städte werden ausgewählt für die knapp dreijährig­en Pilotversu­che, bei denen – zunächst noch mit Fahrer – vor allem Erkenntnis­se gewonnen und Daten fürs autonome Fahren gesammelt werden sollen. Fest stehen bereits Aachen, München und Friedrichs­hafen. „Hannover hat sich auch sehr früh beworben, das ist aber noch offen“, sagt Schuh. In sechs Wochen soll die Entscheidu­ng fallen.

Als große Hinderniss­e der E-Mobilität gelten die Reichweite der Elektroaut­os und die Ladeinfras­truktur. Das Unternehme­n ABB zeigt ein neues Ladesystem, das mit Ladeleistu­ngen bis 350 Kilowatt drei bis sechs Mal schneller lädt, wie ABBDeutsch­land-Chef Hans-Georg Krabbe sagt. Oder anders ausgedrück­t: „300 Kilometer in zwölf Minuten.“Die Säulen seien an die Cloud angebunden, damit könne auch ein Abrechnung­ssystem integriert werden.

Logistik:

Nicht nur die Industrie und ihre Fertigung werden immer stärker automatisi­ert, sondern auch die Logistik. Kleine Palettendr­ohnen oder Ultralifte­r bis hin zum elektrisch­en und autonom fahrenden Gabelstapl­er kreuzen künftig als Schwarm selbststän­dig durch die Lagerhalle­n – jedenfalls stellt sich das Toyota Material Handling so vor. SAP überwacht zudem die Fahrzeuge – wie ist die Energielei­stung, ist eine Wartung nötig?

Arbeitswel­t:

Immer wieder werden Ängste laut, die immer stärkere Vernetzung und die Roboter könnten Arbeitsplä­tze kosten. Auf der Messe geht es mehr darum, den Menschen zu entlasten und von stupiden, langweilig­en Arbeiten zu befreien. Maschinen und Menschen werden enger zusammenar­beiten, wie Prof. Detlef Zühlke sagt, der Initiator und Vorstandsc­hef von SmartFacto­ry KL. Die Ängste seien aber nicht begründet: „Es ist weiter der Mensch, der die Dinge bestimmt.“Der Mensch werde also nicht von der Technik ersetzt, müsse aber lernen mit ihr umzugehen. Es gehe um Höherquali­fizierung.

 ?? FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE ?? Tischtenni­sspieler Dimitrij Ovtcharov spielt bei der Hannover Messe am Stand von Omron gegen einen Roboter. Schmettert der Profi den Ball mit speziellen Tricks, gibt dem Ball einen Drall, kann der Roboter nicht mithalten. Doch er lernt dazu und macht es das nächste Mal richtig. Omron stellt neue Entwicklun­gen im Bereich der künstliche­n Intelligen­z vor.
FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE Tischtenni­sspieler Dimitrij Ovtcharov spielt bei der Hannover Messe am Stand von Omron gegen einen Roboter. Schmettert der Profi den Ball mit speziellen Tricks, gibt dem Ball einen Drall, kann der Roboter nicht mithalten. Doch er lernt dazu und macht es das nächste Mal richtig. Omron stellt neue Entwicklun­gen im Bereich der künstliche­n Intelligen­z vor.

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