Wie fällt der Empfang heute aus?
Angela Merkel reist zum Antrittsbesuch nach Washington und hat nur wenig Hoffnung im Gepäck
Heikle Mission für Bundeskanzlerin Angela Merkel: Wenige Tage vor Ablauf einer Schonfrist für die EULänder bei Zöllen auf Stahl und Aluminium trifft die CDU-Chefin heute im Weißen Haus mit US-Präsident Donald Trump zusammen. Am Donnerstag schlug Berlin kurz vor Merkels Reiseantritt nach Washington vor, neue Verhandlungen über das gesamte Paket der Industriezölle zu führen. Ob Trump darauf eingehen wird? Bereits beim ersten Zusammentreffen im März 2017 (Foto: AFP) fanden die beiden Politiker keinen Draht zueinander.
BERLIN - Einfach wird es nicht, wenn Kanzlerin Angela Merkel am Freitag US-Präsident Donald Trump trifft. Trump, der sie im Zuge der Flüchtlingskrise als „verrückt“bezeichnet hatte, hat maximal zweieinhalb Stunden für sie reserviert. Das ist mickrig im Vergleich zu Frankreichs Präsident Macron, der gerade drei Tage lang in den USA unterwegs war, der mit einem Staatsdinner empfangen und auf den Herrensitz Mount Vernon eingeladen wurde.
Bei Angela Merkel und Trump wird es keine Salutschüsse, kein Knuddeln und kein Händchenhalten geben – und sie wird Trump auch nicht so geschickt umgarnen wie Macron es tat. Aber es sei ja auch nur ein kurzer Arbeitsbesuch, ein „Antrittsbesuch“als wiedergewählte Kanzlerin, heißt es in Merkels Umfeld.
Auch wenn Emmanuel Macron und Angela Merkels Besuch unterschiedlicher nicht sein könnten, beide haben das gleiche Anliegen an Trump. Sie wollen den US-Präsidenten überzeugen, von Strafzöllen für Europa abzusehen. Nach Großbritannien wird Trump übrigens am 13. Juli reisen.
Die Strafzölle für Stahl und Aluminium aus Europa sind nur bis zum 1. Mai ausgesetzt. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat bei seinem Besuch in den Vereinigten Staaten schon Vorarbeit geleistet. Und Macron hatte im TV-Sender Fox News gewarnt: „Man führt keinen Handelskrieg mit den eigenen Verbündeten.“ Doch ob Macron schon Erfolg hatte bei Trump, ob Merkel einen Erfolg mit nach Deutschland bringen wird, ist ungewiss.
„Ich vertraue der Kanzlerin, dass sie das Mögliche erreicht.“sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael GrosseBrömer. Doch was ist das Mögliche? In Berlin werden die Erwartungen ganz tief gehängt. „Aus heutiger Sicht muss man davon ausgehen, dass die Zölle am 1. Mai kommen“, hieß es vor dem Abflug der Kanzlerin aus deutschen Regierungskreisen. Sollte es dabei bleiben, kann sich die Kanzlerin trösten, dass auch Macron nichts erreicht hat.
Zölle neu verhandeln
Unterdessen wird in Berlin betont, dass die bestehenden Zölle gar nicht so ungerecht seien, wie Trump behauptet. Zwar verlangt Europa zehn Prozent Zoll für die Einfuhr amerikanischer Pkws und die USA nur drei Prozent für die Einfuhr europäischer Pkws, wenn man aber den Transportermarkt mitanschaue, sei es fast ausgeglichen: 4,3 Prozent Zoll in Europa, 3,1 in Amerika. Die deutschen Autobauer aber sind Trump ein besonderer Dorn im Auge. In Berlin heißt es, man könne ja die Zölle insgesamt neu verhandeln, denn über alle Branchen gesehen seien sie fast gleich.
Deutschlands Exportüberschuss von gut 50 Milliarden Euro bleibt allerdings bestehen. Doch auch hier weist man in deutschen Regierungskreisen gerne darauf hin, dass deutsche Firmen in den USA 270 Milliarden Euro jährlich investieren, die USA in Deutschland nur 112 Milliarden.
Kurz vor Merkels Abreise ein neuer Hoffnungsschimmer: Der Wirtschaftsberater im Weißen Haus, Larry Kudlow, sagte, die USA seien unter Bedingungen bereit, die bis zum 1. Mai für die EU geltende Befreiung von den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium zu verlängern. Man wolle aber „Zugeständnisse“der Europäer sehen, etwa bei deren Zöllen auf Autoimporte.
Und es gibt noch ein weiteres kritisches Datum. Am 12. Mai läuft eine Frist aus, bis zu der Trump über die Zukunft des internationalen Atomabkommens mit Iran entscheiden muss. Europa drängt Trump, dieses Atomabkommen nicht aufzukündigen. „Es ist eine Chance für Frieden und Sicherheit im Nahen Osten, die nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden darf“, sagt die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger. Doch auch hier gilt: Trump bleibt unberechenbar. Emmanuel Macron rechnete nach seinem Besuch damit, dass Trump das Abkommen aufkündigt.