Kaum ein Bienenbrummen – fällt die Ernte aus?
Die Natur „explodiert“gerade förmlich – Nur die Bienen sind noch nicht bereit für ihre Bestäubungsarbeit
AALEN - Die Obstbäume stehen in voller Blüte. Aber Bienen, die sich darüber hermachen, sind kaum zu sehen. Vielen Aalenern fällt dieses Phänomen in diesen Tagen auf. Mit dem Bienensterben hat das in diesem Fall aber nichts zu tun. Schuld ist der unterkühlte Frühling und das warme, trockene Wetter der vergangenen drei Wochen. Die Natur „explodiert“gerade nahezu. Da kommen die Bienen schlichtweg nicht mit – sie sind sozusagen noch im Wintermodus und haben ihre Populationen noch nicht genug aufgebaut, um die unzähligen Blüten in Garten und Streuobstwiese bestäuben zu können. Das könnte wieder zu deutlichen Einbußen beim Obst führen wie 2017.
Zwei Dinge kommen zusammen: Durch den Ernteausfall bei Äpfeln, Birnen, Kirschen, Walnüssen und Co. durch den Frosteinbruch im April 2017 holt die Natur nun nach, was sie eingebüßt hat. Im Obstbau ist das als „alternierender“Effekt bekannt: Auf ein erntereiches Jahr folgt in der Regel ein ernteärmeres Jahr. Nun aber könnte auf ein schlechtes Erntejahr ein weiteres schlechtes folgen.
Warum noch kaum Bienen unterwegs sind, erklärt Kurt Lindorfer, erster Vorsitzender des Bezirksbienenzüchtervereins Aalen. Im Sommer besteht ein Bienenvolk aus etwa 40 000 bis 60 000 Tieren. Im Winter sterben viele von ihnen ab, nur rund 5000 bis 10 000 überleben. Die überlebenden Jungbienen sind gerade voll mit dem Nachwuchs, mit der Brutpflege, beschäftigt und die Arbeiterinnen schwärmen deshalb nicht aus, um Blumen, Blüten und Obstbäume zu befruchten. Die Natur, sagt Lindorfer, ist zu bald dran beziehungsweise „alles blüht auf einen Schlag“. Die Bienen sind mangels Masse noch nicht „bereit“für ihre Bestäubungsarbeit. So hat er beispielsweise beobachtet, dass am 12. April 2017 die Bienenvölker bereits viel stärker waren als am 12. April dieses Jahres. Eine Schuld sieht er auch in der Landwirtschaft, die immer früher blühende Rapssorten einsetzt und die dadurch den Bienen nichts nützen. Natürlich spiele auch das Insektensterben mit, der Einsatz von Spritzmitteln etwa beim Mais und der Bienen-Parasit Varroa-Milbe. Außerdem bemängelt er eine immer weiter zunehmende Verarmung an Blütenpflanzen. Die Grünstreifen an Äckern sind für Lindorfer eher Makulatur und bringen nicht viel. Auch in den Städten und Gemeinden werde viel zu wenig getan für Bienen und andere Insekten. Eine Ausnahme seien da Gemeinden wie Abtsgmünd und Essingen, die mit ihren blühenden Ecken, Streifen und Plätzen vorbildlich seien.
Die Bäume stehen gerade in voller, hervorragender Blüte, wie es nicht jedes Jahr zu beobachten ist, freut sich Robert Zeller, Fachwart für Obst- und Gartenbau. Auch ihm ist aufgefallen, dass kaum Bienen fliegen. Ob wieder mit einem Ernteausfall oder mit deutlich weniger Äpfeln und Birnen zu rechnen ist, kann er noch nicht mit Gewissheit sagen. In etwa acht, 14 Tagen, so Lindorfer, werden die Bienenvölker wieder ihre normale Größe erreicht haben und ausfliegen. Für Kirschen beispielsweise kommt das aber im milden Aalen zu spät – sie sind längst verblüht und viele Bäume haben nur wenige junge Früchte angesetzt.
Fichtenpollen fliegen umher
Was gerade aber in Massen durch die Lüfte fliegt ist der gelbe Pollen von Fichten, der sich seit Tagen hartnäckig auf Autos, Gartenmöbel, Fenster und Pflanzen legt. Fichten blühen nur alle vier bis sieben Jahre. Und das warme, trockene Wetter der vergangenen Wochen führt jetzt zu dieser Entwicklungsexplosion. In wenigen Tagen kommen noch Kiefer-Pollen dazu.