Klatsche für den DGB-Boss
Nur drei von vier DGB-Delegierten stimmen für Hoffmann
BERLIN - DGB-Chef Reiner Hoffmann ist mit einem der schlechtesten Ergebnisse in der Geschichte des Gewerkschaftsbundes in seinem Amt bestätigt worden. Auf dem Kongress der acht DGB-Gewerkschaften, der sich „Parlament der Arbeit“nennt, stimmten am Montag in Berlin nur 76,3 Prozent der Delegierten für ihn. Erstmals erhielten die übrigen Vorstandsmitglieder mehr Stimmen als der Vorsitzende. Das sorgte insbesondere bei der Chemie-Gewerkschaft, deren Mitglied Reiner Hoffmann ist, für Verärgerung. Und erstmals seit 1945 schnitt der traditionell der SPD angehörende Vorsitzende bei den Wahlen schlechter ab als seine christdemokratische Stellvertreterin: Elke Hannack erzielte 86,5 Prozent. Niemand erreichte am Montag bei den Wahlen zum vierköpfigen geschäftsführenden Vorstand mehr Zuspruch. Annelie Buntenbach erzielte 81,2 und Stefan Körzell 83,6 Prozent.
Der DGB-Vorsitzende sagte zur Wahl, er freue sich, „dass wir mit einem guten Ergebnis als Quartett wiedergewählt“worden seien und stellte fest, dass eine Dreiviertelmehrheit „eine gute Grundlage für die Arbeit in den nächsten vier Jahren“sei. Das Ergebnis für seine Stellvertreterin zeige zudem, „dass wir eine lebendige Einheitsgewerkschaft sind.“Man sei „nicht in einem internen Wettbewerb“.
Interne Kritik
Mit weniger Stimmen für Hoffmann als 2014 (93,1 Prozent) war zu rechnen gewesen. Aber nicht mit diesem Absturz. Der DGB-Chef, bekannt für sein Lächeln, wirkte nach der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses sichtlich getroffen; seine Gesichtszüge wurden ungewöhnlich ernst. Als entscheidender Grund für sein schlechtes Abschneiden gilt in den Reigen der knapp 400 Delegierten sein klares Eintreten für eine Neuauflage der Großen Koalition. Vertreter des linken Flügels, insbesondere Gewerkschafter aus den Reihen der Linkspartei machen dies Hoffmann intern zum Vorwurf. Deshalb, so mutmaßt ein Vorsitzender im vertraulichen Gespräch, komme ein Großteil der 90 Neinstimmen wohl aus den Reihen von Verdi.
Dem DGB-Vorsitzenden wird zudem sein mitunter als zu brav empfundenes Agieren auf der politischen Bühne angelastet. Manche werfen ihm vor, als oberster Repräsentant der Gewerkschaften sei er zu wenig präsent in der Öffentlichkeit. „Ihn drängt es nicht mit großen Themen in die Öffentlichkeit und in seinen Reden zeigt er zu wenig Emotionen“, urteilt ein ehemaliger Bezirksleiter der IG Metall. Schlechter als Hoffmann, der Ende des Monats 63 Jahre alt wird, schnitt zuletzt 1990 HeinzWerner Meyer ab mit 64,16 Prozent.
In seiner anschließenden Grundsatzrede forderte der DGB-Chef „einen rechtlichen Ordnungs- und Gestaltungsrahmen, der den digitalen Kapitalismus in seine Schranken verweist“. Hoffmann warb für eine starke Tarifbindung um ein „digitales Tagelöhnertum zu verhindern“. Derzeit erhalte nur noch die Hälfte der Arbeitnehmer einen Tariflohn. Für „eine humane Gestaltung der Digitalisierung“sei zudem „eine Stärkung der Mitbestimmung unverzichtbar“.