Freundschaftsvertrag sorgt für Diskussion
Am Donnerstag wird im Gemeinderat über die Delegationsreise nach Mosambik berichetet
● AALEN - Nach wie vor sorgt der Freundschaftsvertrag zwischen Aalen und der mosambikanischen Stadt Vilankulo für Gesprächsstoff in den Gemeinderatsfraktionen. Einig sind sich die Fraktionschefs, dass Mosambik Hilfe braucht. Dass in Mosambik ein Vertrag unterzeichnet wurde, wollten sie jedoch vorher im Gemeinderat besprechen.
Noch als die Aalener Delegation in Mosambik war kam es zum Eklat im Gemeinderatsausschuss. Oberbürgermeister Thilo Rentschler habe mit der Vertragsunterzeichnung den Gemeinderat vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Schärfe, mit der diese Debatte geführt wird, ist für
Senta D’Onofrio nicht nachvollziehbar. „Warum können wir dieses Thema nicht sachlich besprechen?“, fragt sich die SDP-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat und gibt zu, dass auch sie anfangs skeptisch war, ob man aus Aalen Weltpolitik in Afrika betreiben müsse. Heute sagt sie: „Lasst es uns probieren“, schließlich gehe es nicht um eine Städtepartnerschaft, sondern „nur“um eine Freundschaft. „Natürlich wäre es geschickter gewesen, den Gemeinderat vorab über den Freundschaftsvertrag zu informieren“, sagt D’Onofrio, „doch nun habe ich festgestellt, dass fraktionsintern nichts kommuniziert wurde.“Denn wenn die Delegationsteilnehmer den Freundschaftsvertrag hatten und diesen in der Fraktion vorstellen sollten, „trifft die Stadtverwaltung keine Schuld“. Vertrag „von hinten links“erhalten Darum gehe es nicht, antwortet Michael Fleischer von den Grünen im Gemeinderat. Nicht die Delegationsteilnehmer sollten die Fraktion informieren, „es muss korrekt in den Gemeinderat eingebracht werden“, sagt der Fraktionsvorsitzende und kritisiert die fehlende Debatte über den Freundschaftsvertrag im Gemeinderat. Die Stadt hätte eine Vorlage ausarbeiten und das Thema auf die Tagesordnung setzen müssen, „damit der Gemeinderat vor Vertragsabschluss darüber berät und beschließt, ob er es will“. So wie es nun gelaufen sei, sei kennzeichnend für OB Rentschler, „der Fakten schafft, über die der Gemeinderat im Nachhinein entscheiden darf“. Die Grünen-Fraktion habe den Freundschaftsvertrag „von hinten links“erhalten und über den Inhalt dann am Rande diskutiert. „Wir waren überrascht, dass da ein Vertrag unterschrieben werden soll“, sagt Fleischer und zieht einen Schluss: „Wir müssen in Zukunft noch vorsichtiger sein. Solche Dinge müssen künftig über die Fraktionsspitzen eingegeben werden.“
„Wenn man es formal beschließen will, muss man auch formale Kriterien einhalten“, fordert auch Norbert
Rehm, für den der Vorgang an Unmöglichkeit nicht mehr zu überbieten sei. Durch seine Unterschrift habe OB Rentschler Fakten geschaffen – so könne man weder in dieser Sache noch sonst mit dem Gemeinderat umspringen, sagt der Vorsitzende der Fraktion zur Durchsetzung des Informationsrechts (FDI). Auf jeden Fall aber müsse man trennen: „Auf der einen Seite gibt es humanitäre Fragen und das gute, private Engagement.“Ihm gehe es jedoch darum, „wie der Gemeinderat vom Oberbürgermeister behandelt wird“.
Der Kultur-, Bildungs- und Finanzausschuss habe im vergangenen Jahr die Verwaltung damit beauftragt, eine Projektpartnerschaft mit Mosambik zu prüfen. „Seither hat das Gremium nichts mehr beschlossen“, sagt Thomas Wagenblast von der CDU und mahnt an, dass der Freundschaftsvertrag seiner Fraktion nicht formell vorgelegt worden sei. „Ich hätte mir gewünscht, dass man über etwas so Symbolisches wie einen Freundschaftsvertrag die Fraktionen informiert und man darüber diskutiert“, sagt der Fraktionsvorsitzende. Es genüge nicht, nur die Delegationsteilnehmer zu informieren. Nun hofft Wagenblast, dass die Debatte am Donnerstag im Gemeinderat differenziert wird, „denn es ist eine prima Sache. Nur müssen bestimmte Wege eingehalten werden.“
„Wir haben Wichtigeres zu tun“Thomas Rühl,
Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, glaubt, dass OB Rentschler es etwas ungeschickt angestellt habe. Vor allem der letzte Satz des Freundschaftsvertrags sei etwas, was „die Räte durch die Bank nicht mögen.“Darin heißt es, dass die Vereinbarung nach der Beschlussfassung durch die Kommunalparlamente in Kraft trete. „Stimmen wir mit Nein, gelten wir als Banausen. Bei einem Ja bekommen wir auf dem Wochenmarkt auch die Hucke voll, da die Leute glauben, dass das Steuergeld nach Afrika geht.“Doch dem sei nicht so – es gehe um Hilfe zur Selbsthilfe, sagt Rühl, der die Reaktion auf den Freundschaftsvertrag für überzogen hält und glaubt, dass es manchen nur darum gehe, dem Oberbürgermeister gegen das Schienbein zu treten. „Wir haben Wichtigeres in Aalen zu tun als darüber zu streiten.“
„Völlig gelassen“sei er in dieser Sache, sagt Roland Hamm, „weil ich damit überhaupt keinen Stress habe“. Was sich da mit Mosambik anbahne, sei nicht nur eine spannende, sondern auch politisch eine hoch wichtige Angelegenheit. „Afrika ist der Kontinent der Zukunft“, sagt der Vorsitzende der Fraktion Die Linke/Pro Aalen. „Entweder wir helfen dort oder wir zählen am Ende zusammen, wie viele noch als Flüchtlinge gekommen sind.“Insofern verstehe er die ganze Aufregung nicht, so Hamm, zumal das ja alles nicht aus heiterem Himmel gekommen sei. Das letzte Wort habe am Ende der Gemeinderat, und dem sei das bisher ja überhaupt nicht genommen worden.