Kohls Witwe geht leer aus
Entschädigung für verstorbenen Altkanzler nicht vererbbar
KÖLN (dpa) - Maike Kohl-Richter hat keinen Anspruch auf eine von Altkanzler Helmut Kohl erstrittene Rekordentschädigung in Höhe von einer Million Euro. Das entschied am Dienstag das Oberlandesgericht Köln. Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen nicht autorisierter Zitate in einem Buch sei nicht vererbbar, erläuterte die Vorsitzende Richterin Margarete Reske. Schließlich gehe es darum, dem Geschädigten Genugtuung zu verschaffen, und das sei nur möglich, solange er noch lebe. Kohl war vergangenes Jahr gestorben. Kohls Witwe kündigte an, die Entscheidung vor dem Bundesgerichtshof anzufechten.
Der Altkanzler hatte die Entschädigung kurz vor seinem Tod vom Landgericht Köln zugesprochen bekommen, weil im Buch „Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle“unautorisierte Zitate von ihm veröffentlicht worden waren. Das Urteil war aber noch nicht rechtskräftig.
Sie wollte eine Millionen-Entschädigung, geht jetzt aber wohl leer aus. Schlappe für Maike Kohl-Richter am Dienstag vor dem Oberlandesgericht Köln. Die Witwe des Altkanzlers, so das Urteil, hat keinen Anspruch auf die von Helmut Kohl eingeklagte Rekord-Entschädigung von einer Million Euro im Streit mit seinem früheren Biografen Heribert Schwan. Der Anspruch auf das vom früheren CDUChef kurz vor seinem Tod erstrittene Geld sei nicht vererbbar, entschied das Gericht. Kohl-Richter will gegen das Urteil in Revision gehen.
„Die gierige Kohl-Witwe kriegt keinen Cent“, kommentierte Schwan das Urteil. Kohl hatte Schwan 2017 verklagt, weil dieser unautorisierte Zitate des Altkanzlers in seinem Buch „Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle“ veröffentlicht hatte. Fünf Millionen Euro Schmerzensgeld wollte der Altkanzler ursprünglich im Streit mit seinem Ghostwriter Heribert Schwan erhalten, forderte Entschädigung dafür, dass der Autor und Journalist ohne seine Zustimmung vertrauliche Äußerungen von ihm über Politiker veröffentlicht hatte.
Es ist eine juristische Schlacht um das geistige Eigentum, um den Inhalt von 630 Stunden Tonbandaufzeichnung, um die Schilderung und Deutung eines großen politischen Lebens. Eine Schlappe zwar für die Witwe, doch auch posthum ein Erfolg für Helmut Kohl. Alle Gerichte, die sich mit dem Streit befasst hatten, kamen zu dem Ergebnis, dass Autor und Ghostwriter Schwan die unautorisierten Zitate nie hätte veröffentlichen dürfen. Jetzt die Bestätigung des Kölner Oberlandesgerichts, das dem Autor „Fehlzitate“und „grobe Verletzungen der journalistischen Sorgfaltspflicht“bescheinigt.
Fünf Millionen Euro Schmerzensgeld – die Höhe der Entschädigung richte sich nach der historischen Dimension des Vorgangs, dem Ausmaß der versuchten Geschichtsfälschung und dem irreparablen Schaden, argumentieren Kohls Anwälte seinerzeit. Autor Schwan wies die Vorwürfe des Vertrauensbruchs zurück. Er hätte niemals eine Schweigepflichterklärung unterzeichnet, hatte er immer wieder versichert.
Vorwurf des Vertrauensbruchs
Im Mai 2016 allerdings hatte das Oberlandesgericht Köln das Verbot des umstrittenen Buches über den Altkanzler in zweiter Instanz bestätigt und dem Autor einen „unrechtmäßigen Vertrauensbruch“vorgeworfen. Ein Ghostwriter müsse schweigen können, so die Richter. Zwischen beiden habe eine stillschweigende Geheimhaltungsvereinbarung bestanden.
Kohl hatte die Gespräche vor zehn Jahren mit seinem Biografen geführt. Die Interviews waren auf 200 Tonbändern aufgezeichnet und zudem auf 3000 Seiten protokolliert worden, dienten als Grundlage für die vierbändigen Kohl-Erinnerungen. Während der Arbeiten zum vierten Band kam es zu einem Zerwürfnis zwischen Ghostwriter, Altkanzler und Kohl-Richter. Kohl hatte per Gerichtsentscheid die Rückgabe der Bänder erwirkt, Schwan dagegen Revision eingelegt. Schwan legte schließlich mit Co-Autor Tilman Jens sein Buch vor, das mit den Aussagen aus den vertraulichen Gesprächen gespickt ist. Das Verhältnis zwischen Kohl und Schwan war zerrüttet. Der Autor macht Kohl-Richter dafür verantwortlich.