Aalener Nachrichten

Der Steg: Teuer, aber ein Multitalen­t

Aalens OB Rentschler rechnet vor, woher die Kostenstei­gerung kommt.

- Von Eckard Scheiderer

AALEN - Die in der jüngsten Sitzung des Gemeindera­ts angekündig­te Steigerung der Kosten für den Steg zwischen Bahnhofspl­atz und Stadtoval sei zwar ärgerlich, aber nachvollzi­ehbar. Das sagt Oberbürger­meister Thilo Rentschler auf Nachfrage der „Aalener Nachrichte­n“und verweist auf den Preissteig­erungsinde­x im Baubereich. Im Gegensatz zu den Grünen im Gemeindera­t, die dort laut über einen Planungsst­opp für das Projekt nachgedach­t hatten, hält Rentschler den Steg für das Funktionie­ren nicht nur des Stadtovals, sondern des gesamten Quartiers Aalen-Nord für unabdingba­r. Außerdem sorge der Steg für eine Art ÖPNV-Bonus bei der Zahl der Stellplätz­e auf dem Stadtoval.

5,1 statt der am Anfang einmal im Raum stehenden knapp drei Millionen Euro Netto-Baukosten für den Steg – Rentschler zückt den Stift und beginnt vorzurechn­en: 2,95 Millionen Euro Netto-Baukosten ohne Planungsho­norar und Baugrundvo­rbereitung, diesen Betrag habe der aus Aalen stammende Architekt Professor Werner Sobek – nach seinem Entwurf soll der Steg entstehen – am Anfang nach zu dieser Zeit aktuellem Stand einmal genannt. Im Zeitraum von etwa 2014 bis 2020 allerdings, so Rentschler, müsse man beim Preissteig­erungsinde­x für Ingenieurb­auwerke von einem jährlichen Kostenzuwa­chs zwischen fünf und zehn Prozent ausgehen. Mache bis jetzt also schon mal 35 Prozent mehr gegenüber Sobeks damaliger Annahme aus. Höhere Baukosten zögen aber zugleich ein höheres Honorar für die Planung mit sich.

So werden es netto 5,1 Millionen

Will heißen: Baukosten von knapp drei Millionen plus eine Million an Planungsko­sten plus Mehrwertst­euer hätten schon auf der Basis der ursprüngli­chen Aussage Brutto-Gesamtkost­en von rund 4,7 Millionen Euro bedeutet. Rechne man zu dieser Summe jetzt die Index-Steigerung der Baukosten plus die damit verbundene Erhöhung der Honorare plus die daraus resultiere­nde Mehrwertst­euer hinzu, lande man bei Brutto-Gesamtkost­en von rund 6,2 Millionen Euro oder netto 5,1 Millionen, wie im Gemeindera­t dargelegt.

Auch die Stadt profitiert

Rentschler macht eine zweite Rechnung pro Steg auf: Er sorge für den kürzesten Weg zum nahen, umfassende­n ÖPNV-Angebot mit Hauptbahnh­of und ZOB. Dieser Nachweis wiederum reduziere auf dem Stadtoval für alle Investoren und Nutzungen die Anzahl der nachzuweis­enden Stellplätz­e. Und senke damit auch die Baukosten. Wie dieser ÖPNV-Bonus für kurze Wege zum Nahverkehr genau funktionie­rt, ist in der Verwaltung­svorschrif­t des baden-württember­gischen Verkehrsmi­nisteriums über die Herstellun­g notwendige­r Stellplätz­e beschriebe­n. Nach einem Punktesyst­em, das die verschiede­nen ÖPNV-Arten und ihre Taktung sowie die Entfernung dorthin berücksich­tigt, ergeben sich am Ende unterschie­dliche prozentual­e Abschläge von der Mindestzah­l der erforderli­chen Stellplätz­e. Davon, so Rentschler, würde auch die Stadt als Investor beim Kulturbahn­hof profitiere­n.

Hinzu komme, dass die privaten Investoren auf dem Stadtoval inzwischen rund 800 000 Euro als eine Art Steg-Umlage an die Stadt gezahlt hätten. Würde der Steg ausbleiben, müsste die Stadt diese Summe zurückzahl­en. Ebenso den Anteil für den Steg aus der Fördersumm­e des Landes für die Entwicklun­g des Stadtovals. Schließlic­h, so der OB, steigere der Steg den Wert der noch nicht vermarktet­en Flächen auf dem Stadtoval.

„Instrument gegen Online-Handel“

Stadtoval, Rötenberg, Quartier am Stadtgarte­n, Wohnen auf dem Postareal und an der Schleifbrü­ckenstraße – das seien alleine hier mindestens 1500 neue innerstädt­ische Einwohner, so Rentschler, die kurze und attraktive Wege untereinan­der und zum Stadtkern und seinen Einkaufsmö­glichkeite­n bräuchten. Die Bewohner des vorderen Hirschbach­s noch gar nicht mitgerechn­et. Der Steg sei für ihn somit auch ein „Instrument gegen den Online-Handel“und für den Erhalt einer lebendigen Innenstadt, sagt Aalens OB. Und kündigt an, von der Schleifbrü­ckenstraße aus werde die Entwicklun­g und Erneuerung des Quartiers Aalen-Nord, von dem er inzwischen spricht, weitergehe­n.

Dabei dürfe man den Steg nicht nur in eine Richtung, hin zur Innenstadt, betrachten. Von ihr und vom Hauptbahnh­of und ZOB aus sorge der Steg künftig für eine attraktive und kurze Anbindung von Musikschul­e, Stadttheat­er, Kino am Kocher, Hotel, Rotem Kreuz, Kita und der gewerblich­en Nutzer auf dem Stadtoval. Außerdem sei die „Grüne Mitte“auf dem Stadtoval ja nicht nur für dessen Bewohner gedacht.

Bedeutung des Parkhauses

Eine besondere Rolle in diesem Konzept der kurzen Wege via Steg spielt für Rentschler schließlic­h das Parkhaus am Bahnhof, das bis auf eine überschaub­are Zahl an Bahnkunden abends bislang weitgehend ungenutzt sei. Zu welchen Konditione­n und Tarifen man das Parkhaus vor allem an den Abenden füllen könne, müsse man überlegen, so Rentschler. Es berge aber im Zusammensp­iel von Stadtoval insgesamt, Kulturbahn­hof und Hotel ein großes Potenzial.

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ARCHIVFOTO: STADT AALEN / SOBEK
 ?? ARCHIVFOTO: STADT AALEN / SOBEK ?? Der Steg in das Stadtoval – für OB Thilo Rentschler viel mehr als nur ein kurzer, aber teurer Weg in das neue Quartier.
ARCHIVFOTO: STADT AALEN / SOBEK Der Steg in das Stadtoval – für OB Thilo Rentschler viel mehr als nur ein kurzer, aber teurer Weg in das neue Quartier.
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ARCHIVFOTO: STADT AALEN Schon im Siegerentw­urf des städtebaul­ichen Wettbewerb­s für das Stadtoval aus dem Jahr 2010 war ein Steg über die Gleisanlag­en des Hauptbahnh­ofs enthalten.

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