Rachmaninows Lieblingswerke
Sergej Rachmaninow (1873 - 1943) ist mit seiner Klaviermusik populär geworden. Er selbst hat anderes geschätzt: die „Sinfonischen Tänze“, seine letzte Komposition, „Die Glocken“, ein monumentales Werk für drei Gesangssolisten, Chor und ein großes Orchester und vor allem sein kirchenmusikalisches Werk, die Vesper. Gemeinsam ist den drei Werken, dass sie Klangeindrücke festhalten, die mit der Oktoberrevolution 1918 verschwunden sind. Die Klangwolke des alten Russland beschreibt der Historiker Karl Schlögel im Buch „Das sowjetische Jahrhundert“. Die Glocken läuteten nicht nur zum Kirchenbesuch und als Zeitangabe, sie waren ein universelles Informationssystem, das den Lebenszyklus begleitete.
Darauf zielen Rachmaninows „Glocken“, ein Werk, das des Aufwands wegen ganz selten zu hören war. In letzter Zeit sind neue Aufnahmen entstanden: mit Semyon Bychkov in Köln, mit Simon Rattle in Berlin und zuletzt mit Mariss Jansons in München. Der Konzertmitschnitt ist nun im hauseigenen Label des Sinfonieorchesters des Bayerischen Rundfunks erschienen. Es ist vor allem der Chor des Hauses, dessen Leistung und Begeisterung den Reiz der Aufnahme ausmacht.
Von den „Symphonischen Tänzen“existieren viele Aufnahmen, am häufigsten rustikale Darbietungen. Seltener sind solche, bei denen man vermittelt bekommt, dass der späte Rachmaninow vom Reichtum der Klangfarben lebt. Das zeigen Jansons und sein Orchester in einer auf jede Drastik verzichtenden Darbietung, die sich ganz in die Stimmung hüllt, die eine häufige Satzbezeichnung Rachmaninows vorgibt: „lugubre“, düster, traurig. Dafür hört man heraus, dass Rachmaninow mit einem Zitat in seiner letzten Komposition seinem Lieblingswerk, der Vesper, das letzte Wort gibt. (man)