Bund verbietet Osmanen Germania
Seehofer sieht Gefahr für Allgemeinheit – Rocker sollen mit türkischer Regierung verbandelt sein
BERLIN (AFP) - Das Bundesinnenministerium hat die Rockergruppe Osmanen Germania BC verboten. Der Gruppe und all ihren Teilorganisationen seien alle Tätigkeiten untersagt worden, teilte das Ministerium am Dienstag in Berlin mit. Von dem Verein geht demnach eine schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit aus. Der Verbotsanordnung folgten Razzien gegen Mitglieder der Gruppe – auch in Baden-Württemberg und Bayern.
BERLIN/STUTTGART (dpa/sz) - Gut drei Jahre nach ihrer Gründung hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die rockerähnliche Gruppe Osmanen Germania BC verboten. „Von dem Verein geht eine schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit aus“, erklärte das Ministerium in Berlin. Zweck und Tätigkeit der Osmanen Germania liefen den Strafgesetzen zuwider.
Gut 90 Einsatzkräfte hätten die Verbotsverfügung des Ministers am Dienstag allein in Baden-Württemberg zugestellt, teilte das Innenministerium in Stuttgart mit. Auch in Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen durchsuchten Beamte mutmaßliche Räume der Osmanen. „Wir dulden keine Gewaltexzesse von Rockern und rockerähnlichen Gruppierungen“, sagte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU). Das Austragen gewaltsamer Konflikte „auf unserem Boden“müsse verfolgt werden.
Schwerpunkt Baden-Württemberg
Der Club Osmanen Germania wurde 2015 in Hessen gegründet und galt zeitweise als am schnellsten wachsende rockerähnliche Gruppe in Deutschland. Zuletzt wurden 16 Chapter genannte Ortsvereine mit mindestens 300 Osmanen-Rockern bundesweit gezählt – sechs Chapter und etwa 100 Mitglieder davon in Baden-Württemberg.
Im Frühjahr 2016 waren die Osmanen nach LKA-Angaben erstmals in Baden-Württemberg in Erscheinung getreten. Zunächst durch Schlägereien mit Kurdischstämmigen am Rande von Demonstrationen, bald darauf auch durch gezielte Angriffe auf die kurdische Straßenbande Bahoz – die dies meist mit nicht minder brutalen Angriffen vergalt, zunächst im Raum Stuttgart, im Sommer dann auch in der Region Ludwigsburg. In Ulm griffen mutmaßlich Bahoz-Mitglieder am Schwörmontag 2016 einen türkischen Imbiss an, der den Osmanen als Treffpunkt diente.
Neben Kurden und ihren Sympathisanten ging die Gruppe im Südwesten vor allem gegen Abtrünnige aus den eigenen Reihen vor: So sollen Osmanen laut Staatsanwaltschaft in Herrenberg bei Stuttgart ein ranghohes Mitglied, das aus dem Verein aussteigen wollte, in einen Hinterhalt gelockt haben. Drei Tage sollen die Männer ihr Opfer malträtiert, ihm die Zähne ausgeschlagen und ihm ins Bein geschossen haben, bevor er sich befreien konnte.
Von Ende 2015 bis Ende 2016 waren im Landkreis Lörrach mehrere Osmanen als Wachmänner in Flüchtlingsheimen tätig. Über Umwege bekamen sie so staatliches Geld. Nach Angaben des Kreises erhielten sie die Aufträge ohne sein Wissen – wohl von einem Sub-Subunternehmer.
Um koordiniert gegen die gewaltsamen Banden vorzugehen, gründete das LKA Baden-Württemberg im Dezember 2016 die Ermittlungsgruppe (EG) „Meteor“. Rund 20 Beamte von LKA, Bundespolizei und den Polizeipräsidien in Stuttgart und Ludwigsburg zogen die Ermittlungen zu allen Strafverfahren im Raum Stuttgart und Ludwigsburg an sich, bei denen sie eine Beteiligung von Osmanen oder Bahoz vermuteten. Mehr als 120 Verfahren und 34 Haftbefehle folgten aus den Ermittlungen der EG „Meteor“.
„Weltpräsident“in Stammheim
Unter anderem dem sogenannten Osmanen-Weltpräsidenten, seinem Vize und einem für die innere Disziplin zuständigen Mitglied wird auf Grundlage der Meteor-Ermittlungen derzeit in Stuttgart-Stammheim der Prozess gemacht. Die Chefs sollen mit dem Angriff in Herrenberg in Verbindung stehen. Seitdem sie im vergangenen Sommer verhaftet wurden, ist es im Südwesten ruhiger geworden um die Osmanen.
Mit dem Verbot hat der Prozess allerdings nur mittelbar zu tun: Die Richter in Stammheim verhandeln konkrete Straftaten, die auf Grundlage der „Meteor“-Ermittlungen aufgeklärt werden sollen. Das Verbot hingegen ist vereinsrechtlich begründet und stützt sich auf Erkenntnisse, die im Rahmen von Ermittlungsmaßnahmen Mitte März gewonnen wurden.