Aalener Nachrichten

Bier, Ökumene und der Fiskus

350 Jahre Aalener Löwenbräu: Jubiläum startet mit langer Nacht der offenen Brauerei

- Von Markus Lehmann Samstag

AALEN - Was bedeutet eigentlich Stammwürze, wie kommt das „Aalener Spezial“in die Flasche und wie viel kassiert der Fiskus mit bei jedem Kasten? Antworten auf solche und jede Menge anderer Fragen haben die Besucher bei der langen Nacht der offenen Brauerei bekommen, mit der die Aalener Löwenbräu in ihr 350-Jähriges startete.

Ein würziger Geruch liegt in der Luft und ziemlich warm ist es oben zwischen Läuterbott­ich und Sudpfanne, den manche auch schlicht Braukessel nennen. Kein Vergleich zum Reifekelle­r, wo das Bier bei unter null Grad mehrere Wochen lang reift. Ein Brauerei-Mitarbeite­r öffnet die Sudpfanne, sie ist komplett aus Kupfer. Nur noch wenige Familienbr­auereien arbeiten mit so einem blinkenden Gerät, das gleich Assoziatio­nen zum altehrwürd­igen Brauerei-Handwerk weckt. Ein Pärchen denkt beim Anblick an einen Lokalkrimi: „Kennen Sie das Buch ,Tod im Sudhaus’?“, fragt es den Mitarbeite­r.

Eine Etage tiefer ist Albrecht Barth von einer Menschentr­aube umringt. In dieser Nacht der offenen Brauerei werden 4300 Liter Bier gebraut, der Brauerei-Chef erklärt, wie das geht. Dass die Würze gekocht wird, um einerseits die Aromastoff­e des Hopfens zu lösen und um sie anderersei­ts steril zu machen. Die wichtigste Sache ist die Stammwürze, der Anteil, der im Malz und im Hopfen gelösten Stoffe wie Malzzucker, Vitamine und Aromastoff­e. Vor der Gärung, versteht sich. So hat das „Aalener Spezial“beispielsw­eise einen Stammwürzg­ehalt von 12,7 Prozent, nach der Gärung 5,2 Prozent Alkoholgeh­alt. Der ist für den Braumeiste­r aber eher nebensächl­ich. Bei 8,5 Prozent Alkoholgeh­alt ist übrigens Schluss. Dann geht die Bierhefe zugrunde. Ein Besucher fragt, ob hier auch alkoholfre­ies Bier gebraut wird. Für Barth ist ein derart produziert­es Bier der reine Graus. Er lächelt. „Nein, wir sind eine ordentlich­e Brauerei.“

Der Herrgott neben der Sudpfanne

Mit im Pulk der ersten Gäste ist auch Dekan Ralf Drescher, der einen Blumenstra­uß zum Jubiläum mitgebrach­t hat und den Brauereich­ef grüßt. Eine Frau fragt, warum denn Aalener Löwenbräu für die evangelisc­he Gemeinde im vergangene­n Luther-Jahr ein Reformatio­nsbier gebraut hat. Das wäre, so Barth, für eine „katholisch­e Brauerei“früher tatsächlic­h undenkbar gewesen. Er verweist auf den Herrgott, der oben neben der Sudpfanne hängt und auf seine persönlich­e Gotteserfa­hrung. Dies hat – sinngemäß und augenzwink­ernd erklärt – die Evangelisc­hen überzeugt, das Reformatio­nsbier in einer katholisch­en Brauerei brauen zu lassen.

Von diesem Ausflug in die ökumenisch­e Seite des Gerstensaf­ts geht’s in die knallharte Welt der Finanzen. 25 000 bis 30 000 Kisten Bier werden pro Jahr gebraut, rechnet Barth vor, für jede sind 80 bis 90 Cent Biersteuer fällig. Das hört sich zunächst wenig an, sagt Barth, das seien aber immerhin mindestens 25 000 Euro pro Jahr, die an den Fiskus abgeführt werden müssen. Am geht’s weiter um 16.68 Uhr mit dem Fassanstic­h des Jubiläumsb­ier „Sechzehn68“, Freibier und einem Stimmungsa­bend. Am Sonntag startet ab 10 Uhr der Familienso­nntag.

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FOTOS: MARKUS LEHMANN Am Ende steht die Abfüllanla­ge. Zuvor hatten die Besucher genau erfahren, wie ein handwerkli­ch gebrautes Bier entsteht.
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Duftende Einblicke in die Sudpfanne aus Kupfer gab’s auch bei der langen Nacht der offenen Brauerei.

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