Wie ein 80er-Jahre-Hit viele Türen öffnete
Mit „Never Gonna Give You Up“ist Rick Astley über Generationen hinweg bekannt – jetzt gibt es Nachschlag
Ich finde eigentlich, mein ganzes Leben war bisher wunderschön. Rick Astley angesichts der Aufs und Abs seiner Karriere
Eigentlich wollte Rick Astley sich nur ein wenig in sein geliebtes Heimstudio zurückziehen und ein bisschen rumprobieren. „Das ist mein Zufluchtsort“, erklärte der Popstar, dem mit dem Album „50“vor zwei Jahren ein gefeiertes kommerzielles Comeback gelang, kürzlich auf Twitter. „Ich hab mit ein paar Versatzstücken rumprobiert, und eh ich mich versah, hab ich auf einmal eine neue Platte gemacht.“Sein achtes Studioalbum trägt den Titel „Beautiful Life“und präsentiert Astley als einen zufriedenen und glücklichen Künstler, der hörbar Spaß an dem hat, was er tut.
Äußerst tanzbar startet der mittlerweile 52-Jährige in sein neues Album. Der Titelsong ist eine flotte, klassische Disco-Nummer nach alter Schule. „It's a Beautiful Life, if You Give It a Chance It Can Make You Dance“(Das Leben ist wunderschön, wenn du ihm eine Chance gibst, bringt es dich zum Tanzen), singt Astley. „Das ist ein echt einfacher Song, ein sehr simpler Text“, räumt er im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur ein. Trotz aller schlechten Nachrichten, die laut Astley täglich auf uns einprasseln: „die Welt ist auch großartig und es kann ein besseres Leben geben“, findet er. „Man muss nur einen Weg finden, um es sich schön zu machen.“
Für ihn selbst funktioniert das eindeutig über die Musik. „Chance To Dance“ist noch so ein schmissiger, gut gelaunter Popsong, bei dem man die Beine nicht stillhalten mag. Doch bevor der Verdacht aufkommt, dass Astley jetzt wieder auf das alte Erfolgsrezept setzt, das ihn Ende der 1980er-Jahre weltweit an die Spitzenplätze der Hitparaden katapultierte – Stichwort: „Never Gonna Give You Up“–, geht er mit dem Liebeslied „She Makes Me“in eine ganz andere, sanfte Richtung, und kombiniert dann bei „Shivers“gar CountryKlänge mit Hip-Hop-Beats. Und ja, das funktioniert unerhört gut.
Schon auf seinem Comeback-Album „50“, mit dem Astley vor zwei Jahren Platz eins der britischen Charts erklomm, gab sich der Sänger vielseitig. Folk, Gospel, Soul oder Funk – auch auf „Beautiful Life“dehnt er das Popgenre stilistisch vielseitig aus. Allen Titeln gemein ist, dass es erwachsene Songs mit kräftigen Melodien sind. Natürlich ist Astleys markante Stimme dabei das wichtigste Qualitätsmerkmal – mal zerbrechlich wie im leisen Intro der Ballade „Empty Heart“, dann wieder wuchtig wie im nostalgischen, fast rockigen „The Good Old Days“, in dem er sich musikalisch an Kindheitstage erinnert.
Sein Ohrwurm stört ihn nicht
Astley klingt nicht nur zufrieden, er ist es auch. „Ich finde eigentlich, mein ganzes Leben war bisher wunderschön“, sagt er mit Blick auf den Albumtitel. Dass viele Menschen ihn bis heute nur mit seinem Ohrwurm „Never Gonna Give You Up“in Verbindung bringen, stört ihn nicht. Schließlich habe ihm der Hit viele Türen geöffnet. „Mir ist klar, dass manche Künstler wahnsinnig werden wegen dieses einen Songs, von dem sie sich nicht lösen können“, sagt er. „Aber ich habe keine zehn, 15 oder 20 Jahre lange Karriere, bei der ich aus 20 Hits auswählen könnte. Ich hab das nur vier oder fünf Jahre gemacht.“
Danach zog er sich fast 15 Jahre lang aus dem Musikgeschäft zurück, bevor er ab 2004 wieder ab und an auf Tournee ging. Ende der 2000er Jahre erfuhr Astley dann zunehmend eine neue Popularität. Schuld daran war ein Internetphänomen namens Rickrolling, das ungefähr 2007 begonnen haben muss. Dabei wurden Nutzer auf einen Internetlink gelockt, hinter dem sich nicht der versprochene Inhalt verbarg, sondern das Video von „Never Gonna Give You Up“mit dem etwas merkwürdig tanzenden Sänger.
„Manche Künstler würde das wahrscheinlich total nerven, weil sie sich nicht ernst genommen fühlen“, sagt Astley. „Ich finde das großartig.“ Immer neue skurrile Gags mit dem Pophit von 1987 tauchten auf. „Ich hab mich bei einigen Dingen so kaputtgelacht, dass mir der Bauch wehgetan hat“, sagt der Sänger,.
Immerhin führte das Rickrolling dazu, dass Rick Astley 2008 bei den MTV European Music Awards von Zuschauern – wohl mit einem leichten Augenzwinkern – zum „Besten Künstler aller Zeiten“gewählt wurde und dass er in Japan mit der Rockband Foo Fighters auf der Bühne stand und seinen berühmten Hit sang. Scherzhaft wurde Astley sogar als neuer britischer Premierminister vorgeschlagen. „He Will Never Give You Up“war der fiktive Slogan der Kampagne.
Zuletzt erlaubten sich die Macher der Science-Fiction-Serie „Westworld“einen Spaß und ließen statt einer angekündigten Vorschau auf die zweite Staffel der Serie ihre Darstellerin Evan Rachel Wood „Never Gonna Give You Up“singen. Wood wurde vor 31 Jahren geboren, kurz nachdem das Lied ursprünglich veröffentlicht wurde.
Astley ist begeistert, dass der Song generationenübergreifend funktioniert. „Dass die Leute in meinem Alter das singen können, ist klar“, sagt er, „aber wenn ich sehe, dass die Kinder mitsingen, finde ich das wirklich toll.“Die enorme Bekanntheit ebnete vermutlich auch den Weg für den großen Erfolg vor zwei Jahren und das nun erscheinende Album, mit dem Astley auch wieder auf Tournee gehen wird.
Charterfolg bleibt abzuwarten
Ob er es damit noch einmal an die Spitze der Charts schafft, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Ganz unabhängig davon beweist Rick Astley mit „Beautiful Life“, dass er als Künstler mehr zu bieten hat, als immer nur denselben 1980er-JahreHit zu singen.