Erleichterungen für Häuslebauer
Grün-Schwarz einigt sich auf neue Regeln – Es geht um mehr als Fahrradstellplätze
STUTTGART (kab) - Kürzere Fristen für Baurechtsbehörden, weniger Pflichten für Häuslebauer: Die Spitzen der grün-schwarzen Koalition haben sich auf einen Weg geeinigt, wie sie den Wohnungsbau ankurbeln wollen. Damit dringend benötigter Wohnraum schneller und günstiger entstehen kann, soll die Landesbauordnung geändert werden. Unter anderem entfällt die Pflicht, pro Wohnung zwei Fahrradstellplätze mitzubauen. Neben diesem umkämpften Punkt gibt es noch viele weitere Neuerungen.
STUTTGART - In Baden-Württemberg gibt es einen massiven Mangel an Wohnungen – nicht nur in den Städten, auch in wirtschaftsstarken ländlichen Kreisen wie Ravensburg und dem Bodenseekreis. Zu diesem Ergebnis kam jüngst eine PrognosStudie, die von 88 000 fehlenden Wohnungen sprach. Seit einem Jahr schon ringen Grüne und CDU um den Weg, wie Wohnraum günstiger und schneller entstehen kann. Eingebunden sind 40 weitere Akteure in der Wohnraum-Allianz, die Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut (CDU) ins Leben gerufen hat. Nun ist klar, wie die Landesbauordnung (LBO) geändert werden soll. Erbittert haben die Koalitionspartner um zwei Punkte gestritten: um Fahrradstellplätze und bepflanzte Dächer. Hier gibt es seit Mittwochabend einen Kompromiss. Dieser gibt den Blick frei auf Punkte, die zum Teil deutlich weitreichender sind. Ein Überblick:
Privileg für alte Ställe fällt
In vielen Dörfern gibt es Bauernhöfe, die häufig nicht mehr als solche genutzt werden. Für die Ställe gelten bislang strenge Abstandsregelungen zu Wohnhäusern, um die Anwohner vor Lärm und Gestank zu schützen – sie könnten ja jederzeit wieder mit Tieren belegt werden. Dieses Stallprivileg soll fallen, wenn ein Stall sechs Jahre ungenutzt ist. Die Kommunen begrüßen das, weil es oft mitten im Ort Bauflächen frei macht. Der Landesbauernverband hatte den Plan in der „Schwäbischen Zeitung“als weiteren Angriff auf die Landwirte bezeichnet. Der Bestandsschutz kann maximal zweimal um zwei Jahre verlängert werden.
Verfahren werden beschleunigt
Wer bauen will, reicht seine Unterlagen bislang bei der Gemeinde ein. Dieser Umweg entfällt. Häuslebauer wenden sich künftig direkt an die zuständige Baurechtsbehörde – größere Kommunen haben eine eigene solche Behörde, bei kleinen Gemeinden ist sie im Landratsamt angesiedelt. Die Baurechtsbehörde muss künftig schneller entscheiden – bei allen kleineren Wohngebäuden gilt künftig das vereinfachte Verfahren. Das muss innerhalb eines Monats abgeschlossen sein. Bei größeren Gebäuden haben die Behörden zwei Monate Zeit. Bislang wird die Bearbeitungsfrist wieder zurückgesetzt, wenn die Behörde Unterlagen nachfordert. Künftig soll die Bearbeitungsfrist nur unterbrochen werden. Bei Bauanträgen werden immer auch die Gemeinde und andere Betroffene um Stellungnahme gebeten. Diese haben bislang einen Monat Zeit dafür, können aber einen Fristverlängerung um einen weiteren Monat erbitten. Die Verlängerung entfällt künftig.
Barrierefreiheit konzentrieren
An der Pflicht, barrierefreie Wohnungen bauen zu müssen, ändert sich nichts. Allerdings gilt bislang, dass in einem Neubau die Wohnungen eines Stockwerks barrierefrei sein müssen, sobald das Mehrfamilienhaus mindestens drei Etagen umfasst. Diese Regelung soll gelockert werden. Künftig soll möglich sein, dass die entsprechenden Wohnungen in einem Gebäudeteil konzentriert werden und in einem anderen keine barrierefrei ist.
Weniger Kinderspielplätze
Wer ein Haus mit mindestens zwei Wohnungen baut, muss einen Kinderspielplatz mitbauen – zumindest dann, wenn nicht in unmittelbarer Nähe ein anderer ist. Dies soll künftig erst ab Häusern mit mindestens vier Wohnungen gelten. Außerdem sollen die Kommunen den Schwellenwert nach oben oder unten korrigieren können. Zudem sollen sich die Bauherren von dieser Pflicht freikaufen können. Das Geld soll dann in kommunale Kinderspielplätze fließen.
Anbauen wird leichter möglich
Durch ein weiteres Stockwerk auf ein bestehendes Haus, oder auch durch einen Anbau, kann schneller Wohnraum geschaffen werden. Für solche Ausbauten sollen keine weiteren Pflichten gelten – etwa zur Barrierefreiheit oder zu Fahrradstellplätzen.
Bepflanztes Dach bleibt Pflicht
Dach oder Fassade eines Gebäudes muss begrünt werden, wenn es am Grundstück sonst keine Grünflächen, Büsche oder Bäume gibt. Das gilt aber laut Landesbauordnung, wenn dies „wirtschaftlich zumutbar“ist.
Fahrradstellplätze sind flexibel
Bislang müssen bei Mehrfamilienhäusern pro Wohnung zwei Fahrradstellplätze geschaffen werden. Stattdessen entscheiden künftig die unteren Baurechtsbehörden vor Ort bei jedem einzelnen Neubau, ob Fahrradstellplätze nötig sind oder nicht.
So geht es nun weiter
Die Änderungen sind bislang lediglich Vorschläge, auf die sich die Spitzen der grün-schwarzen Regierungskoalition geeinigt haben. Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut muss einen entsprechenden Gesetzentwurf noch durch das Kabinett und den Landtag bringen. Die Regelungen sollen dann Anfang 2019 gelten.