Zahl der Extremisten steigt
Seehofer warnt vor „Reichsbürgern“und Islamisten
BERLIN (KNA/epd) - Die Zahl gewaltorientierter Extremisten ist laut Verfassungsschutzbericht 2017 im Rechts- und Linksextremismus sowie bei sogenannten Reichsbürgern und Islamisten „alarmierend“gestiegen. Nach dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Bericht gab es im Berichtszeitraum 29 855 Straftaten mit extremistischem Hintergrund. Als weitere Herausforderungen nannte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Ausbreitung des Antisemitismus sowie Cyberangriffe. Laut Bericht zählte der Verfassungsschutz 12 700 Rechtsextremisten und 9000 Linksextremisten zum gewaltorientierten Spektrum; das seien so viele wie nie zuvor. Ähnliches gelte für Islamisten.
Insgesamt hätten 2017 rund 126 000 Menschen den verfassungsfeindlichen Szenen angehört, neun Prozent mehr als im Vorjahr, sagte Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen.
BERLIN - Horst Seehofer (CSU) ist beunruhigt und schlägt Alarm: Immer mehr Extremisten von Rechts und Links, dazu eine hohe Zahl von islamistischen Gefährdern und weiterer Zulauf bei den „Reichsbürgern“– die Zahl gewaltbereiter politisch motivierter Menschen in Deutschland ist im vergangenen Jahr gestiegen und hat einen neuen Höchststand erreicht.
„Die Bedrohungen unserer freiheitlichen Gesellschaft sind vielfältig“, warnt der Bundesinnenminister am Dienstag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2017 in Berlin. Die Sicherheitsbehörden beobachteten „eine Kräfteverschiebung in den gewaltorientierten Bereich“. Der Bericht zeige, „dass wir uns vor Extremisten aus unterschiedlichsten Bereichen schützen müssen“, sagte der CSU-Chef. Dies könne der Staat aber auch.
„Reichsbürger“und „Selbstverwalter“: Diese extremistische Gruppe hat im vergangenen Jahr erneut starken Zuwachs erhalten. 2017 beobachteten und registrierten Verfassungsschützer und Sicherheitsbehörden rund 18 000 Anhänger. Etwa 1200 von ihnen verfügen über eine waffenrechtliche Erlaubnis. 450 wurde diese bereits entzogen. Drei Viertel der Mitglieder dieser Szene seien Männer und älter als 40 Jahre, heißt es im Verfassungsschutzbericht. Sie gelten als extremistisch, lehnen den Staat und die freiheitlich demokratische Grundordnung ab. In Kreisen der „Reichsbürger“herrschten eine hohe Affinität zu Waffen und eine enorme Gewaltbereitschaft. Knapp tausend der Anhänger (rund fünf Prozent) seien Rechtsextreme. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen führt den Anstieg der Mitglieder in dem jüngsten Bericht seiner Behörde auch darauf zurück, dass die Gruppe stärker beobachtet werde.
Rechtsextreme: Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Gewaltverbrechen ist 2017 auf 1054 zurückgegangen. Im Jahr zuvor waren es noch 1600. Eine Ursache dafür sei, dass weniger Asylbewerber und Flüchtlinge nach Deutschland gekommen seien und es damit weniger Sammelunterkünfte gebe, hieß es. Waren solche Einrichtungen 2016 noch 907mal angegriffen waren, waren es 2017 286 Attacken.
Grund für Entwarnung sieht Bundesinnenminister Seehofer allerdings nicht. Er spricht von einer „unveränderten Gewaltbereitschaft in der Szene“. So beobachtete der Verfassungsschutz im vergangenen Jahr 12 700 gewaltbereite Rechtsextremisten, so viele wie noch nie seit der erstmaligen statistischen Erfassung 2014. Auch die Gesamtzahl der Rechtsextremisten stieg von 23 100 auf 24 000. Für besonders gefährlich halten die Ermittler auch die steigende Zahl immer größerer rechtsextremer Musikkonzerte. Auf diesem Wege rekrutiere die Szene verstärkt Nachwuchs.
Linksextreme: Auch hier ein neuer Rekord: Im vergangenen Jahr habe man 9000 gewaltbereite Linksextremisten und 1648 linksextremistische Gewalttaten registriert, was einem Anstieg von 37 Prozent entspricht. Ziel der Angriffe seien vor allem Polizisten und Sicherheitskräfte gewesen. Der Verfassungsschutz zählte im vergangenen Jahr insgesamt knapp 30 000 Anhänger der linksextremen Szene. Die Zunahme hängt nach Angaben der Verfassungsschützer auch mit den Ausschreitungen beim G20Gipfel im vergangenen Jahr in Hamburg zusammen.