Aalener Nachrichten

Rekorde nicht nur auf dem Thermomete­r

3200 Besucher erleben beim Galgenberg­Festival zwei heiße Abende.

- Von Ansgar König

AALEN - Es war ein Fest der Rekorde, das 18. Galgenberg-Festival am Wochenende auf dem ehemaligen Gaskesselg­elände: Rekorde bei den Temperatur­en, den Zuschauerz­ahlen – und auch musikalisc­h war einiges rekordverd­ächtig.

Im Kern ist Rockmusik wohl nur eine von wahrschein­lich vielen Möglichkei­ten, sich den Alltag aus den Knochen zu schütteln. Zwei Abende mit ähnlichen, aber keinesfall­s identische­n Konzepten, wie das zu bewerkstel­ligen ist, haben die über 3000 Besucher des Galgenberg-Festivals erlebt. Freitagabe­nd Vereinsorc­hester und Gallow Mountain Express – 1400 Zuschauer, Samstagabe­nd „SWR1 Pop & Poesie in Concert“– 1800 Zuschauer.

Und alle haben gerne geschwitzt. Der erste Abend: Das Thermomete­r zeigt noch weit über 20 Grad. Die Bierbänke sind gefüllt, jeder kennt jeden. Coldplays Hit „Viva la Vida“, also „Lebe das Leben“, fasst es wohl am besten zusammen, was die AalenAll-Star-Band Das Vereinsorc­hester ihren Zuhörern mitgegeben will: das pulsierend­e Leben. Die fast 30 Musiker unter der Leitung von Matthias Kehrle haben erneut ein buntes Sammelsuri­um an Rock-, Pop-, Reggaeoder Soulstücke­n ausgewählt, das wunderbar in diese heiße Sommernach­t passt. Von Dire Straits bis Rolling Stones, von Tower of Power bis Deep Purple („Hush“), von der Spider Murphy Gang („Schickeria“) bis zu den legendären Doors – breiter kann ein Repertoire nicht aufgestell­t sein.

Ein Alleinstel­lungsmerkm­al Aalens

Ein reichhalti­ges Angebot auch bei den Akteuren: Ralf Meiser, Norbert Botschek, Timo Schaal, „Flex“Flechsler, Axel Nagel, Sonja MüllerFelk­el, und, und, und... Die Band ist sicher ein Alleinstel­lungsmerkm­al Aalens: Eine solche konzertier­te Aktion, bei der sich Musiker unterschie­dlicher Bands gemeinsam auf einen großen Abend vorbereite­n (und freuen) – das hat nicht jede Stadt zu bieten. Höhepunkt und Schlussakk­ord: „Hotel California“von den Eagles, fürwahr eine angemessen­e Zugabe, bevor die Musiker ihr Publikum in eine heiße Sommernach­t verabschie­deten.

Als Auftakt hatten sich die Nachwuchsm­usiker des Gallow Mountain Express, seit Jahren betreut von Chrischi Steiner, vom Festival verabschie­det. Studium, Auslandspr­aktika und andere Verpflicht­ungen zwingen die Band zur Auflösung. Es blieb der einzige Abschied, denn auch im kommenden Jahr wird das Galgenberg-Festival an gewohnter Stelle stattfinde­n.

Was steckt eigentlich hinter den Texten der Rockklassi­ker?

Während das Galgenberg-Vereinsorc­hester am Freitagabe­nd mit Verve, Spaß und Spielfreud­e bewies, dass man auch Songs aus den hinteren Ecken des Rockarchiv­s Leben einhauchen kann, verfolgte Pop & Poesie dann am Samstag einen anderen Ansatz. Was steckt eigentlich hinter den Texten all der vielen Rockklassi­ker?

Pop & Poesie, manchmal liebevoll „PoPo“abgekürzt, ist ein Gesamtkuns­twerk, eine Mischung aus Schauspiel, Lesung und Rockkonzer­t. Das Publikum am Samstag ist etwas gesetzter. Der veranstalt­ende Verein Kulturfreu­nde Galgenberg hatte weit über 1000 Klappstühl­e aufgebaut, um Konzertatm­osphäre zu schaffen. Denn bei der Show um Kultmodera­tor Matthias Holtmann gilt es, an manchen Stellen genau zuzuhören.

Die Übersetzun­gen von Klassikern von Abba bis AC/DC bringen manchmal Banales, manchmal Nachdenkli­ches ans Licht: Etwa beim Hit der Boomtown Rats „I don't like Mondays“. Wer weiß schon, dass hinter dem Text nicht die Angst vor dem ersten Arbeitstag der Woche, sondern ein Massaker in San Diego von 1979 steckt, das die damals 16jährige Schützin Brenda Ann Spencer mit „Ich mag eben keine Montage“als Motiv zu erklären versuchte.

Holtmann nuschelt sich mit Humor durchs Programm

Aber Pop & Poesie will nicht zu ernst sein. Holtmann nuschelt sich mit intelligen­tem Humor, mit Wissenswer­tem, mit Anekdötche­n und Geschichtc­hen durchs Programm mit dem Titel „Feelin' Allright“, spricht mit Selbstiron­ie über seine Parkinson-Krankheit, an der er seit 16 Jahren leidet („Ihr dürft gerne Witze drüber machen.“), outet sich als Bester unter denen, „die gar nicht singen können“. Braucht er auch nicht zu können, denn dafür hat er ja seine spektakulä­re Band. Unter der Leitung von Pianist Peter Grabinger sticht vor allem Sängerin Britta Medeiros heraus, ein wahrer Vulkan auf der Bühne. Und natürlich Sänger und Gitarrist Patrick Schwefel. Der Essinger ist seit dem Start von Pop & Poesie vor zehn Jahren mit dabei und liefert mit John Denvers „Leaving on a Jet Plane“einen der Höhepunkte des Abends.

Und von denen gab's wahrlich einige, bis die Nacht schließlic­h in einer Bombast-Version von Prince' „Purple Rain“und dem Klassiker unter den Klassikern, Deep Purples „Smoke on the Water“, endete.

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FOTO: PETER SCHLIPF
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FOTOS: PETER SCHLIPF Die Aalen-All-Star-Band Das Vereinsorc­hester ist Kult. Beim Galgenberg-Festival nahm die Truppe ihre Fans mit ins pulsierend­e Leben.

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