Nur noch über den Kopf
Florian Wellbrock schwimmt zu 1500-Meter-Freistil-Gold
GLASGOW (SID/dpa) - Schon vor der Siegerehrung bekam Florian Wellbrock für den Gold-Coup seine wohl schönste Belohnung: Freundin Sarah Köhler, die am Tag zuvor an ihrem eigenen Medaillenanspruch gescheitert war, lief auf den neuen SchwimmEuropameister über 1500 Meter Freistil zu und umarmte ihn innig. „Ich bin sehr stolz auf ihn. Mir kamen auf der Tribüne die Tränen, als er anschlug“, sagte Köhler. Wellbrock selbst nahm seinen Triumph in deutscher Rekord- und Weltjahresbestzeit (14:36,15 Minuten) nach außen fast gelassen – vielleicht waren für die ganz große Freude die Schmerzen noch zu groß. „Hintenraus tat es höllisch weh, da ging es nur noch über den Kopf, nicht mehr über die Arme“, sagte der 20-jährige Magdeburger. Aber es ging. „Das hat gezeigt, dass ich die letzten Monate alles richtig gemacht habe.“
Nur drei Schwimmer waren auf dieser Strecke jemals schneller als Wellbrock, einen deutschen Europameister über 1500 Meter hatte es zuletzt vor 23 Jahren gegeben, als Jörg Hoffmann in Wien siegte. Wellbrock hielt am Ende den Ukrainer Michailo Romantschuk um 0,73 Sekunden auf Distanz, der italienische Olympiasieger Gregorio Paltrinieri war früh geschlagen. „Phänomenal! Nach 200 Metern hatte ich Gänsehaut und wusste, dass das ein galaktisches Ding wird“, sagte Bundestrainer Henning Lambertz.
Es war das dritte Edelmetall für die deutschen Schwimmer bei den European Championships. Vor Wellbrock, der noch im Becken über die 800 Meter und im Freiwasser in der Staffel aussichtsreich startet, hatten bereits Henning Mühlleitner mit Bronze über 400 Meter Freistil und die siegreiche Mixed-Freistilstaffel über 4x200Meter (siehe nebenstehenden Bericht) Medaillen für den Deutschen Schwimm-Verband gewonnen.
Dass seine Freundin Köhler am Tag zuvor über 800 Meter Freistil als Vierte enttäuschte („Insgesamt war es einfach ein schlechtes Rennen“), zog Wellbrock emotional nicht runter. „Florian ist da relativ unbeeindruckt“, sagte sein Heimtrainer Bernd Berkhahn schon vor dem Finale: „Solche Sachen haben wir geübt, dass der Misserfolg des einen keinen negativen Einfluss auf die Leistung des anderen hat. Dass war mir wichtig, als die Beziehung losging.“
Wellbrock sagte, dass es ihm „natürlich leid getan“habe, dass Sarah Köhler einen schlechten EM-Start hatte, „aber für ihre Form kann ich nichts“. Ihre Stimmung hat Wellbrock mit dem Sieg aber deutlich aufgehellt. Und: Drei Starts hat Sarah Köhler selbst ja auch noch: über 400 und 1500 Meter. Zudem kann die Langstreckenspezialistin in der Freiwasser-Staffel auf EM-Ehren hoffen – und auf schöne Belohnungen.