SPD und Grüne entfremden sich
Robert Habeck ist ein lockerer Typ, der gern in Talkshows geladen wird. Doch für SPD-Chefin Andrea Nahles ist er hochgefährlich. Hartnäckig wildern die Grünen mit ihren neuen Vorsitzenden Habeck und Annalena Baerbock im Terrain der SPD. Im jüngsten ARD-„Deutschlandtrend liegen sie mit 15 Prozent nur noch drei Punkte hinter den Sozialdemokraten. In Bayern könnten sie am 14. Oktober bei der Landtagswahl hinter der CSU sogar klar zweitstärkste Kraft werden – der SPD droht hinter der AfD sogar nur Platz vier.
Es ist eine schleichende Verschiebung im linken Lager. „Führende Kraft der linken Mitte“wollen die Grünen werden, so lautet die offizielle Sprachregelung. Kann man eine Kampfansage an die SPD und ihre Vorsitzende Nahles eindeutiger formulieren? Abzuwarten bleibt, ob die Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht mit ihrer neuen Sammlungsbewegung „Aufstehen“das Parteiengefüge links weiter zerbröseln wird. Sie könnte gerade die SPD weitere Wähler kosten, wo Parteichefin Nahles und Vizekanzler Olaf Scholz klar auf einen Mitte-Kurs setzen, während sich viele Mitglieder und Anhänger der SPD nach der „reinen linken Lehre“sehnen – dazu gehört für sie auch ein Abschied von Hartz IV.
Aber nicht Wagenknecht und die Linke sind der größte und gefährlichste Konkurrent – das sind die Grünen. Der Zeitgeist ist mehr rechts als links, die Grünen wollen nun auch enttäuschte Wähler der liberalen Mitte einsammeln, auch die, die nicht mehr wissen, wofür die zerrissene SPD noch steht. Einerseits umarmen Habeck und Baerbock, die zum Realo-Lager ihrer Partei zählen, die Linken. Sie sprechen von Umverteilung und von Gerechtigkeit. Andererseits reisen sie unter dem Motto „Des Glückes Unterpfand“auf der Suche nach Einigkeit, Recht und Freiheit durchs Land, um den Begriff Heimat als „Anti-AfD“positiv zu besetzen.
Grüne besetzen Begriff „Heimat“
Wenn Habeck an historische Orte fährt, zum Hermannsdenkmal, auf die Wartburg, zur Frankfurter Paulskirche und zum Hambacher Schloss, dann sendet er damit auch eine Botschaft an die Liberalen im konservativen Lager: Wenn euch die sprachliche und thematische Annäherung eurer Leute an die rechtspopulistische AfD nervt, kommt zu uns. Nicht zur SPD.
Die Grünen setzen Botschaften gegen einen Rechtsruck, verbreiten Aufbruchstimmung – während Nahles' Sommerreise keine Überschrift hat. Es ist ein Sammelsurium aus Besuchen bei SPD-Kommunalpolitikern, in einer Brauerei, bei Siemens, in einem Mühlenmuseum und bei einem Mehrgenerationenhaus. In der Flüchtlingspolitik stehen die Grünen für einen humanitären Helferansatz. Im Gegensatz zu Union und SPD ist die Linie hier klar; wie auf der anderen Seite des Spektrums die der AfD.
Nahles sagt, sie wolle Kommunen nicht überfordern, aber geflüchteten Menschen auch helfen. Gerade im Ruhrgebiet und in Ostdeutschland fordern Genossen aber einen schärferen Asylkurs, da die Gesellschaft sich immer stärker spalte. Und durch die SPD geht auch ein Riss, ob man private Seenotretter unterstützen soll, oder ob diese nicht am Ende das Geschäft der Schlepper mit betreiben, da die Hilfseinsätze die Fluchten übers Mittelmeer förderten. Was will „die SPD“? Das bleibt Unklar. (dpa)