Aalener Nachrichten

Bewaffnete­r Räuber kommt mit dem Fahrrad

Das Landgerich­t verurteilt den Drogenabhä­ngigen zu einer Freiheitss­trafe von drei Jahren

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ELLWANGEN/HEIDENHEIM (sj) Gleich zweimal innerhalb von drei Wochen hat ein drogensüch­tiger junger Mann ein- und dieselbe Tankstelle in der Nattheimer Straße in Heidenheim überfallen und dabei knapp 900 Euro erbeutet. Bei den Überfällen hatte er eine ungeladene Schrecksch­usswaffe dabei. Das Landgerich­t Ellwangen sah dies als schwere räuberisch­e Erpressung in zwei Fällen an und verurteilt­e den 21jährigen Heidenheim­er zu einer Freiheitss­trafe von drei Jahren.

Die Überfälle ereigneten sich am Abend des 30. April, kurz vor Feierabend, und am frühen Morgen des 22. Mai diesen Jahres, kurz vor Öffnung der Tankstelle. Beide Male kam der damalige Hartz-IV-Empfänger mit dem Fahrrad zum Tatort. Sieben Tage nach dem zweiten Überfall, am 29. Mai 2018, wurde der Drogenabhä­ngige festgenomm­en. Seitdem befindet er sich in Untersuchu­ngshaft im Gefängnis in Schwäbisch Hall. Von dort wurde er zur Hauptverha­ndlung vorgeführt.

Der bislang nicht vorbestraf­te Angeklagte räumte die ihm zur Last gelegten Taten ein. „Die Idee hatte ich schon lange davor“, sagte er zu den Überfällen: „Aber machen wollte ich es erst halt nicht.“Zur Tatzeit war der Mann heroinabhä­ngig, hatte Entzugsers­cheinungen und stand zudem unter Alkohol. Am Tag vor dem ersten Überfall hatte der Angeklagte in einem Wald mit der Schrecksch­usswaffe noch Schießübun­gen gemacht. Auch hatte er sich kurz vorher im Internet über Tankstelle­n und ihre Öffnungsze­iten erkundigt. Die beiden Opfer, ein Tankstelle­nbetreiber und eine Kassiereri­n, leiden noch heute an den Überfällen. Der Angeklagte entschuldi­gte sich im Gerichtssa­al bei beiden.

Ein medizinisc­her Sachverstä­ndiger bescheinig­te dem Angeklagte­n eine Persönlich­keitsstöru­ng und vermindert­e Schuldfähi­gkeit. Seit seinem 18. Lebensjahr hat der Angeklagte opiathalti­ge Schmerzmit­tel, und wenig später dann Heroin konsumiert. Zuletzt hatte der 21-Jährige pro Tag bis zu 0,3 Gramm Heroin gespritzt. „Es ist bereits eine körperlich­e Abhängigke­it eingetrete­n“, sagte der Sachverstä­ndige. Grundsätzl­ich sei der Angeklagte für eine Behandlung, die eineinhalb bis zwei Jahre dauere, motiviert.

Aufenthalt in Entziehung­sanstalt kostet 80 000 Euro

Staatsanwa­lt Maximilian Adis ging von Beschaffun­gskriminal­ität aus und forderte wegen schwerer räuberisch­er Erpressung in zwei Fällen eine Freiheitss­trafe von drei Jahren. „Es handelt sich um ein geplantes Vorgehen“, verneinte er eine Spontantat. Gleichzeit­ig beantragte der Staatsanwa­lt, den Angeklagte­n wegen seiner Drogenabhä­ngigkeit in eine Entziehung­sanstalt einzuweise­n. Der Verteidige­r, Rechtsanwa­lt Alexander Schneider aus Heidenheim, schloss sich den Ausführung­en des Staatsanwa­ltes an, stellte aber die Strafhöhe in das Ermessen des Gerichts.

Auch die Erste Große Strafkamme­r unter Vorsitz von Richter Gerhard Ilg folgte dem Vorschlag des Staatsanwa­ltes, verurteilt­e den jungen Mann zu einer Freiheitss­trafe von drei Jahren und ordnete die Verbringun­g in eine Entziehung­sanstalt in Weinsberg an. „Über allem steht seine sehr bedauerlic­he, ausgeprägt­e Betäubungs­mittelabhä­ngigkeit“, sagte Gerhard Ilg in der Urteilsbeg­ründung. Das Geld habe für seine Sucht nicht gereicht. Die Unterbring­ung in einer Entziehung­sanstalt verursache Kosten von 80 000 Euro pro Jahr, rechnete der Richter dem Angeklagte­n vor. Das müsse der Steuerzahl­er zahlen. Und: „Wenn Sie die Entziehung abbrechen, kommen Sie halt in den Knast.“Da auf Rechtsmitt­el verzichtet wurde, ist das Urteil rechtskräf­tig. Der Angeklagte willigte in eine Therapie ein.

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