Was Radler beim S-Pedelec beachten müssen
Tretunterstützung bis 45 Stundenkilometer – Kostenpflichtiges Versicherungskennzeichen und ein Helm sind Pflicht
BERLIN/GÖTTINGEN (dpa) - Es gibt eine Gattung, die kaum vom Zweirad-Boom profitiert: das S-Pedelec. 2017 wurden laut Zweirad-IndustrieVerband (ZIV) 720 000 Elektrofahrräder verkauft. Das ist knapp ein Fünftel mehr als im Vorjahr. Doch die S-Pedelecs, die schnelle Variante der E-Bikes mit Tretunterstützung, machten davon nur rund ein Prozent aus. Experten zufolge hat die vergleichsweise geringe Nachfrage einen Grund: S-Pedelecs sind verkehrsrechtlich keine Fahrräder, sondern Kleinkrafträder. Käufer müssen deshalb etliches beachten.
Ideal für Pendler
Eigentlich wären die schnelleren EFahrräder gut geeignet, Pendler vom Auto aufs Fahrrad umsteigen zu lassen. „S-Pedelecs sind fantastische Fahrzeuge, um auch etwas längere Autofahrten zu ersetzen“, sagt Burkhard Stork. Der Bundesgeschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) begrüßt die Einstufung als Kraftfahrzeug dennoch: „Denn ihre Geschwindigkeit und ihre Motorleistung gehen weit über die durchschnittliche menschliche Leistung hinaus.“Während die Tretunterstützung bei gängigen Pedelecs bei 25 km/h aufhört, funktioniert der eingebaute Rückenwind bei S-Pedelecs bis 45 km/h. „Zum Erreichen dieser Geschwindigkeit muss man jedoch richtig Sport machen“, sagt David Koßmann, S-Pedelec-Experte beim Pressedienst Fahrrad (pd-f). „Bei normalem Pedalieren ist man mit etwa 35 Sachen unterwegs.“
Es gibt noch weitere Besonderheiten: „Aufgrund ihres verkehrsrechtlichen Status sind S-Pedelecs versicherungspflichtig“, sagt Koßmann. Wie bei einem Mofa muss ein kostenpflichtiges Versicherungskennzeichen angebracht werden, ohne das ein S-Pedelec auf den ersten Blick kaum von einem langsameren Pedelec zu unterscheiden ist. Nur wer im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse AM ist, darf es fahren. Einen entsprechenden Führerschein kann man ab 16 Jahren erwerben. Automatisch im Besitz der Fahrerlaubnis sind Pkw-Fahrer mit gültigem Führerschein.
Details wie ein Rückspiegel oder die gelborangenen Rückstrahler an der Gabel verraten ebenfalls, dass man es mit der schnelleren Sorte zu tun hat. Schon tagsüber muss ein SPedelec mit Licht fahren. Die Promillegrenze liegt wie beim Autofahren bei 0,5. Das Tragen eines geeigneten Helms ist Pflicht, wobei der Gesetzgeber Art und Bauweise nicht weiter beschreibt. „Für diese Fahrzeuge ist ein geeigneter Schutzhelm vorgeschrieben“, informiert das Bundesverkehrsministerium. Ein Fahrradhelm bietet genug Schutz, während schwere Motorradhelme unpassend erscheinen, da sie die Bewegungsfreiheit auf dem Rad einschränken. „Doch es zeichnet sich ab, dass eine neue Helmgattung für S-Pedelecs auf den Markt kommen wird“, sagt Koßmann.
Radwege sind tabu
Außerdem dürfen S-Pedelecs nur auf der Fahrbahn, also auf normalen Straßen, bewegt werden. Radwege sind inner- wie außerorts tabu – ebenso für Radler freigegebene Fußgängerzonen und Parkwege. „Dem SPedelec fehlt es an Lebensraum“, bemängelt Koßmann. ZIV-Sprecher David Eisenberg fordert, Fahrradwege außerorts für S-Pedelecs freizugeben und dort je nach Bedarf ein Tempolimit von 30 km/h einzuführen. „Auf der Bundesstraße werden S-Pedelecs von den Autofahrern als Fahrräder wahrgenommen.“Das bringe Gefahren für den Radler mit sich.
Auch der Transport des Nachwuchses wird beim S-Pedelec restriktiver gehandhabt. Mit einem gängigen Pedelec einen Kinderanhänger zu ziehen, ist in Sachen Leistung und Verkehrsrecht kein Problem. Ihn oh- ne Weiteres an ein S-Pedelec zu kuppeln, ist dagegen verboten. Doch es gibt Speziallösungen mit Ausnahmegenehmigungen: zum Beispiel schnelle E-Lastenräder mit zugelassenen Kindersitzen auf der Ladefläche – Voraussetzung ist jedoch, dass in der EU-Typgenehmigung alles fein säuberlich festgehalten ist.
Apropos Typgenehmigung: Den Begriff kennt man von Autos, die ohne diese Erlaubnis nicht auf den Markt gebracht werden dürfen. Genauso verhält es sich mit den Kraftfahrzeugen der Bauart S-Pedelec. Käufer muss das nicht weiter interessieren, doch eine Konsequenz trifft Bastler und kreative Reparateure. „Ein S-Pedelec darf man baulich nicht ohne Weiteres verändern“, sagt Koßmann. Seit 2016 neu typzugelassene S-Pedelecs müssen demnach ein Bremslicht haben, ohne das das Fahrzeug sogar stillgelegt werden könnte. Auch das Kennzeichen muss neuerdings beleuchtet sein.
Mindestprofiltiefe vorgeschrieben
Die Bauteile müssen stets der Betriebserlaubnis entsprechen – das gilt für Bremsen und Motoren, aber auch für Sättel, Pedale oder Lenker. Wer den Lenkervorbau modifiziert, verändert schnell die Abmessungen des Fahrzeugs, wie sie im Typenblatt vorgegeben sind. Auch die Dimensionen der Reifen sind laut pd-f vorgeschrieben sowie die Mindestpro- filtiefe von einem Millimeter. Grundsätzlich gilt wie beim Pkw: Bauliche Änderungen müssen S-Pedelec-Fahrer sich von Prüfinstituten wie etwa TÜV oder Dekra eintragen lassen.
Dabei ist die Produktvielfalt trotz des geringen Marktanteils groß. Vom Trekking- über das City- oder Crossrad bis zum Mountainbike oder Lastenrad hat das S-Pedelec viele Fahrradgattungen erobert. René Filippek vom ADFC empfiehlt, für ein S-Pedelec aufgrund der komplexeren Technik nicht weniger als 2500 Euro auszugeben – ein Richtwert, der den für normale Pedelecs wegen der kräftigeren Motoren und des größeren Akkus um 700 Euro übersteigt.