Auge um Auge
„The Equalizer 2“– Denzel Washington als Rächer der Entrechteten
Der „Equalizer“ist der Vorläufer aller reaktionären Wutbürger. Doch Antoine Fuqua verleiht dieser Figur einen zusätzlichen Aspekt, indem er die Hauptrolle des Rächers von einem Schwarzen, Denzel Washington, spielen lässt.
Gleich zu Anfang gönnt der Film den Zuschauern eine Erleichterung. Da klingelt Robert McCall, der von Denzel Washington verkörperte Gelegenheitstaxifahrer und Held dieses Films, im Appartement eines geschniegelten Geldhais, der dort mit Freunden und viel Koks und Alkohol eine Party feiert. Zuvor haben sie eine junge Frau offenbar missbraucht und in McCalls Taxi gesetzt. Jetzt lässt dieser sie dafür blutig bezahlen. McCall ruft nicht die Polizei, vertraut nicht auf den Rechtsstaat, sondern nimmt stellvertretend für das Opfer dessen Recht in die Hand – und prügelt die vier reichen Schnösel zusammen, bricht ihnen Knochen und zerstört ihre Handys, auf denen sie die Vergewaltigung gefilmt haben. Denn McCall ist der „Equalizer“. Das darin liegende Wort „gleich“für „equal“ist das zentrale Wort in diesem Film. „The Equalizer“heißt in wörtlicher Übersetzung so viel „Der Gleichsteller“. Darum geht es: Um den Ausgleich für Gewalt durch Gewalt.
Der „Equalizer“war ursprünglich die Hauptfigur einer gleichnamigen, 88 Folgen umfassenden Fernsehserie. Eine Figur aus der Zeit des Zusammenbruchs der Utopien, aus der Epoche der neokonservativen Gegenrevolte, nach Vietnam und Watergate. Er war der Vorläufer der Wutbürger und empörten Spießer unserer Tage.
Schwarzer Regisseur, schwarzer Hauptdarsteller
2014 belebte der US-Regisseur Antoine Fuqua, einer der wenigen Schwarzen, die erfolgreich in Hollywood Regie führen, diese reaktionäre, gewaltverherrlichende Figur – und gibt ihr zumindest ansatzweise eine Wendung. Denn aus dem Weißen, der für die Mächtigen die Drecksarbeit macht, wird ein Schwarzer, der den Schwachen Amerikas Genugtuung verschafft. McCall wird von Denzel Washington gespielt, und ist schon dadurch ein Vertreter der erniedrigten Klasse Amerikas. Er mutiert zum Anwalt der Underdogs.
Ohne diesen Aspekt der Hautfarbe, ohne die Tatsache, dass hier einmal ein schwarzer Held im Kino gerechte Gewalt gegen Weiße üben darf, wird man die Wirkung dieser neuen Filme nicht verstehen.
Die weitere Story ist demgegenüber unwichtig: Es geht darum, dass McCall früher bei der CIA war. Dann wird eines Tages seine beste Freundin Susan, eine Top-Ermittlerin, ermordet. Und plötzlich ist er wieder mitten drin und soll die Hintergründe aufklären, eine Verschwörung, in der niemand sicher ist.
„The Equalizer“handelt von Gerechtigkeit, nicht von Rache. Jeder bekommt nur, was er sich durch frühere Taten eingehandelt hat. Die Gerechtigkeit des „Equalizers“ist eine alttestamentarische: Auge um Auge. Die Strafe liegt in harter körperlicher Gewalt, weit oberhalb symbolischer Züchtigung. McCall ist eine Figur, die dort, wo der Rechtsstaat scheinbar nicht hinkommt oder wo er nicht greift, das Recht selbst in die Hand nimmt. Als Kinofigur des gerechten Rächers befriedigt er zutiefst archaische Triebe. Aber er ist auch eine autoritäre Figur, die Moral predigt. Ohne Humor. Todernst.
Es scheint eine gesellschaftliche Sehnsucht nach solchen Typen im Kino zu geben. So gesehen ist der „Equalizer“als Zeitgeist-Produkt interessant. Als Film bleibt er vor allem etwas für schlichtere Gemüter.
The Equalizer 2. Regie: Antoine Fuqua. Mit Denzel Washington, Pedro Pascal, Bill Pullman. USA 2018. 121 Minuten. FSK ab 16.