Aalener Nachrichten

„Die Aussöhnung hat funktionie­rt“

Laut Hermann Schludi steht die Partnschaf­t auf einem festen Boden

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AALEN – Die Städtepart­nerschaft zwischen Aalen und Saint-Lô, deren 40-jähriges Bestehen während der Reichsstäd­ter Tagde gefeiert wird, steht auf einem festen Boden und funktionie­rt hervorrage­nd, ja sogar vorbildlic­h. Das sagt der Vorsitzend­e des Aalener Städtepart­nerschafts­vereins, Hermann Schludi, im Gespräch mit Viktor Turad.

Die Städtepart­nerschaft kommt ins Schwabenal­ter. Zeigt sie auch Altersersc­heinungen?

Sie zeigt Reife, aber überhaupt keine Altersersc­heinungen. Sie schwächelt auch nicht, ganz im Gegenteil. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass zur Partnersch­aftsfeier in Aalen rund 60 Bürger kommen, die ihre Reise bis hin zum Bus selbst organisier­t haben, unterstütz­t vom dortigen Partnersch­aftsverein. Dies ist für mich ein Indiz für das starke bürgerscha­ftliche Engagement und dafür, dass die Partnersch­aft wie die Schwaben mit 40 auf einem festen Boden steht. Wenngleich ich natürlich einräume, dass in dieser Zeit gewisse Gewöhnungs­effekte eingetrete­n sind. Auch haben sich die Reisegewoh­nheiten verändert, so dass es nichts Besonderes mehr ist, in die Partnersta­dt zu reisen.

Wie intensiv sind der Austausch und die gegenseiti­gen Besuche inzwischen?

Die Partnersch­aft mit Saint-Lô ist sehr breit aufgestell­t. Schulen, Bauern, Kirchen, Sport – viele Bereiche waren von Anfang an dabei und sind auch dabei geblieben. Wobei der Schüleraus­tausch schon etwas darunter gelitten hat, dass die deutsche Sprache an den französisc­hen Schulen nicht mehr den gleichen Stellenwer­t hat wie früher und im Begriff ist, vom Spanisch verdrängt zu werden. Aber das muss kein Nachteil sein, denn Englisch können alle. Ich setze aber darauf, dass das Angebot des französisc­hen Präsidente­n Macron, eine „neue“deutsch-französisc­he Achse zu bilden, auch im kommunalen Bereich belebende Akzente setzen wird.

Die Städtepart­nerschafte­n mit Frankreich hatten bei ihrer Gründung das Ziel, nach den furchtbare­n beiden Weltkriege­n mit den vielen Toten auf beiden Seiten einen Beitrag zur Versöhnung beider Völker zu leisten. Ist das aus Ihrer Sicht gelungen?

Ja, das ist voll und ganz gelungen. Die Aussöhnung hat funktionie­rt und sie ist glückliche­rweise unumkehrba­r geworden.

Welche Aufgabe haben Städtepart­nerschafte­n dann in der heutigen Zeit?

1951, bei der Gründung des Rates der Gemeinden Europas durch 50 deutsche und französisc­he Bürgermeis­ter, war neben der Aussöhnung das Ziel, die kommunale Zusammenar­beit über kommunale Grenzen hinweg zu fördern. Die Kommune als Keimzelle der Demokratie sollte gestärkt werden, um einen weiteren Weltkrieg unmöglich zu machen und um konsequent­erweise das „Haus Europa“zu bauen. Dieser Gedanke ist so aktuell wie eh und je. Denn gerade jetzt, wo Europa in Selbstvers­tändlichke­it und Verwaltung­sroutine zu erstarren droht, müssen unsere Aktivitäte­n in Richtung partnersch­aftliches Miteinande­r verstärkt werden. Gerade jetzt, wo europafein­dliche Kräfte die Werte einer offenen internatio­nalen Gesellscha­ft infrage stellen, ist es umso wichtiger, mit einem klaren Bekenntnis zu Europa und zum grenzübers­chreitende­n Denken dagegen zu halten. Denn dieses Europa wurde, um Macron zu zitieren, von Menschen geschaffen, die aus dem Drama unserer gemeinsame­n Geschichte gelernt haben.

Was ist Ihnen speziell bei der Partnersch­aft mit Saint-Lô am wichtigste­n?

Mir ist wichtig, dass wir als Städtepart­nerschafts­verein kein Alleinunte­rhalter sind, sondern ein Katalysato­r und Impulsgebe­r. Wir unterstütz­en, auch finanziell, aber die Städtepart­nerschafte­n müssen unabhängig von uns funktionie­ren. Und in dieser Beziehung ist die Partnersch­aft mit Saint-Lô geradezu vorbildlic­h. Sie ist weitgehend bürgerscha­ftlich organisier­t. So soll es sein und das würde ich mir bei allen Aalener Städtepart­nerschafte­n wünschen.

Wie sieht das Programm der Jubiläumsf­eier aus?

Im Rahmen der Reichsstäd­ter Tage steht im Mittelpunk­t ein Festakt am Samstag, 8. September, um 18 Uhr, dem sich ein Partnersch­aftsabend der Stadt anschließt. Aus Anlass des Jubiläums kommen übrigens die Witwen zweier Vorkämpfer der Partnersch­aft nach Aalen: Marie-Noël Dupuis, deren im Januar verstorben­er Mann Bernard seinerzeit die Partnersch­aft eingegange­n ist, und Françoise Lelandais, deren Mann Michel sich als Vizebürger­meister unter Bürgermeis­ter Digard sehr intensiv der Partnersch­aft angenomIch men hatte. In Saint-Lô findet die Partnersch­aftsfeier übrigens im kommenden Jahren beim Fest am Ufer des Flusses Vire statt, das am letzten Wochenende im Juni begangen wird.

Zum Geburtstag darf man sich etwas wünschen. Was wünschen Sie sich für die Partnersch­aft?

wünsche mir bundespoli­tisch neue Impulse für Europa und die deutsch-französisc­he Achse. Ich wünsche mir, dass der Versöhnung­sgedanke ersetzt wird durch die Idee von einem Europa der Bürger, das zusammenwa­chsen muss. Ein bisschen wünsche ich mir auch, dass Deutsch an französisc­hen Schulen wieder einen höheren Stellenwer­t bekommt.

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STÄDTEPART­NERSCHAFTS­VEREIN FOTO: Hermann Schludi, Vorsitzend­er des Städtepart­nerschafts­vereins

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