Aus dem Wasser in den Einer
PLOWDIW (SID) - Als Oliver Zeidler im Herbst 2016 erstmals in ein Ruderboot stieg, ging er prompt über Bord. „Es war ein bisschen windig, ich bin sofort ins Wasser gefallen“, sagt der 22-Jährige, der bis dahin als Schwimmer Medaillen gesammelt hatte. Nur zwei Jahre später ist Zeidler einer der besten Einer-Fahrer der Welt. Bei der WM im bulgarischen Plowdiw greift er in der traditionsreichen Bootsklasse sogar nach einer Medaille.
„Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich so schnell so gut werde und gegen die Besten der Welt antrete“, sagt Zeidler. Dabei entstammt der Senkrechtstarter einer „Ruder-Dynastie“, wie Cheftrainer Ralf Holtmeyer weiß: Großvater Hans-Johann Färber holte 1972 Olympiagold, Tante Judith Zeidler 1988 ebenfalls, Schwester Marie-Sophie gewann 2017 Bronze bei der U19-WM. Oliver Zeidler jedoch versuchte sich zunächst im statt auf dem Wasser, und der Erfolg gab ihm recht. Der Ingolstädter holte als Schwimmer mehrere nationale Titel, 2014 mit der Staffel sogar Silber bei der Junioren-EM. Doch als sich seine Trainingsgruppe auflöste, verlor er die Motivation: „Dann habe ich meine Schwester bei der U19-WM 2016 rudern sehen. Da dachte ich: ,Vielleicht sollte ich das auch versuchen.‘“
Es war der Beginn eines rasanten Aufstiegs. In dieser Saison stand Zeidler bei allen drei Weltcups auf dem Podest. „Oliver ist für uns wie ein Sechser im Lotto“, sagt Chefcoach Holtmeyer. Auf den letzten Drücker schnappte Zeidler Tim Ole Naske den WM-Startplatz weg, steht jetzt in der Nachfolge solch prominenter Namen wie Peter-Michael Kolbe, Thomas Lange oder Marcel Hacker. Sie alle wurden früher oder später Weltmeister. So weit will der 2,03 Meter große Neuling noch nicht denken, gibt aber zu: „Ich möchte ins Finale. Und da gehöre ich durchaus zu den Medaillenkandidaten.“Bei seinem Vorlauf am Sonntag fuhr er locker auf Rang zwei, nächste Aufgabe ist das Viertelfinale am Mittwoch.
„Man sieht schon, dass ihm noch die Bootsgewöhnung über die Jahre fehlt – und die Erfahrung mit Wind und Welle“, sagte Holtmeyer vor der WM. Helfen könnte aber die Vergangenheit als Schwimmer, glaubt der Erfolgscoach. Durch das Training im Wasser bringe Zeidler „eine gute körperliche Leistungsfähigkeit mit. Das Gefühl, das er im Wasser hatte, hat er ein bisschen aufs Wasser mitgenommen“. Im Herbst 2016 hätte das wohl niemand für möglich gehalten.