Grünen-Chef Habeck spricht Klartext
Bericht aus Berlin: Bundesvorsitzender der Grünen spricht vor 150 Menschen im Roten Ochsen
ELLWANGEN (an ) - Der Bericht aus Berlin hat seit über 20 Jahren Tradition beim Ellwanger Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen. Dieses Mal war der Bundesvorsitzende der Partei, Robert Habeck, gekommen. Der 49-Jährige sprach vor mehr als 150 Interessierten.
ELLWANGEN - Der jährliche Bericht aus Berlin hat seit über 20 Jahren Tradition beim Ellwanger Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen. Dieses Mal war der grüne Bundestagsabgeordnete und Bundesvorsitzende der Partei, Robert Habeck, gekommen. Der 49-Jährige sprach am Samstag im Roten Ochsen vor mehr als 150 Interessierten. Und redete Klartext.
Habeck schnitt in freier Rede mit Blick auf die Europawahl im nächsten Jahr und das neue Grundsatzprogramm der Partei viele grüne Themen an, wandte sich gegen Hass, Ausgrenzung und Rechtspopulismus und eine „verschnarchte Politik“und rief in Sachen politischer Kultur zu mehr Mut und zu mehr Risiko auf. Der Politiker outete sich als Gentechnikgegner, kritisierte die intensive Tierhaltung, trat für eine umweltfreundlichere Mobilität und den sofortigen Ausstieg aus der Kohle ein, warb für neue Wertschöpfungsketten und forderte dazu auf, den Klimaschutz ernst zu nehmen.
Keine Massenarbeitslosigkeit durch digitalen Wandel
Auch für eine Besteuerung der großen, internationalen digitalen Konzerne wie Facebook und Amazon und für soziale Gerechtigkeit in einer digitalen Welt machte er sich stark. „Wir werden durch die digitale Entwicklung einen extremen Wandel in der Arbeitswelt bekommen, aber keine Massenarbeitslosigkeit“, sagte er. Und er sprach über Hartz IV, ein Grundeinkommen, die Bankensicherheit und die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. „Pflegenotstand ist wie Wohnungsnot“, beantwortete Habeck eine entsprechende Frage aus dem Publikum. Und er verriet: „Als ich studiert habe, habe ich in einem Pflegeheim gejobbt.“
In den vergangenen 30 Jahren nach der deutschen Einheit habe man verlernt, was politischer Streit und das Ringen um Lösungen sei, kritisierte der Bundespolitiker. „Wir brauchen mehr Maß und Mitte“, sagte Habeck. Gewaltenteilung, Grundwerte, Minderheitenrechte, eine freie Presse und die Freiheit der Künste und der Kultur seien „etwas Wertvolles“. Für die Stabilität der Demokratie müsse man eintreten. Die Grünen müssten ihrer Verantwortung gerecht werden und eine politische Kultur entwickeln, die den Zusammenhalt stärke. „Nicht Brüllen mit Brüllen beantworten“, warnte Habeck.
Forderung nach fairen Handelsbeziehungen
Von der von Sahra Wagenknecht initiierten linken Sammlungsbewegung halte er nichts, machte er deutlich, denn der Aufruf bestehe im Wesentlichen aus Fragen. „Wir brauchen in dieser Zeit nicht noch mehr Zerstörung des Vertrauens in die Institution der Demokratie“, sagte Habeck: „Wir wollen eine Bündnispartei werden. Wir sind inzwischen eine staatstragende Partei geworden.“In diesem Zusammenhang sprach er sich dafür aus, proeuropäisch zu agieren und Verantwortung für die Welt zu übernehmen. Um Fluchtursachen zu bekämpfen, forderte er unter Beifall faire wirtschaftliche Handelsbeziehungen, auch in der Landwirtschaftspolitik.
Angesprochen auf die bevorstehende Bayernwahl und eine eventuelle Koalition der CSU mit den Grünen, meinte Habeck, wenn es gut gehe, „fragt nicht Söder die Grünen“. Und: „In Bayern passiert etwas, was einem Hoffnung machen kann.“In eine Regierung, die Sebastian Kurz als Vorbild nehme, gingen die Grünen nicht. Die rege Diskussion moderierte Berthold Weiß, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Ellwanger Gemeinderat.
Zu Beginn hatte Claudia Wagner,
„Pflegenotstand ist wie Wohnungsnot“, sagt Robert Habeck, der Bundesvorsitzende der Grünen.
Stadträtin und Vorsitzende des Ellwanger Ortsverbandes der Grünen, von einer „bewegten Zeit“gesprochen und den Redner der Traditionsveranstaltung und Bundesvorsitzenden ihrer Partei begrüßt.
Habeck war bis vor Kurzem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung und stellvertretender Ministerpräsident in Schleswig-Holstein. Nach der Bundestagswahl 2017 war er als Unterhändler an den gescheiterten Sondierungsgesprächen für eine Jamaika-Koalition auf Bundesebene beteiligt. Bevor er in die Politik ging, schrieb Habeck Bücher.