Pingpong mit zwei Künstlern
Der Berliner Friedrich-Daniel Schlemme und der Aalener Andreas Böhm stellen ab Sonntag auf dem Schloss aus
ELLWANGEN (möc) - Mit moderner Kunst in historischen Räumen zieht der Kunstverein Ellwangen regelmäßig das Publikum an. Wenn am Sonntag, 14. Oktober, um 11 Uhr wieder einmal eine Ausstellung auf dem Schloss beginnt, erhält das Spiel mit den Gegensätzen einen zusätzlichen Reiz. Denn zwei Künstler treten über ihre „Netzwerke – Tragwerke – Kunstwerke“miteinander in einen Dialog. Ein Pressegespräch vorab lässt erahnen: Er wird spannend.
„Bei der Frage nach der Decke bin ich schon ein wenig kurzatmig geworden“, sagt Roland Hasenmüller, der Vorsitzende des Kunstvereins, und blickt hinauf zum barocken Stuck über seinem Kopf. Der Künstler Friedrich-Daniel Schlemme wird einige seiner großen Skulpturen im Raum schwebend präsentieren. Er erreicht dies mithilfe einer Verspannung mit Drahtseilen. Und die müssen irgendwo befestigt sein.
Mit den Bildern von Andreas Böhm geht das Atmen leichter, sie kommen traditionell an die Wände. Noch lehnen sie daran, die beiden Künstler sind am Freitag mit ihrer Anordnung in den sieben Räumen beschäftigt. Längst hat der Dialog begonnen zwischen dem Berliner und dem Aalener. „Sie kannten sich anfangs nicht“, erzählt Kuratorin Silke Schwab-Krüger. Schlemme war im Internet auf den Kunstverein gestoßen und dem Reiz seiner Räume erlegen: „Diese Gegensätzlichkeit zu meinen Skulpturen, das ist eine Riesenspannung, die da aufgebaut wird.“Er bewarb sich, und „was er uns schickte, hat uns angesprochen“, erzählt Hasenmüller. Silke SchwabKrüger fiel sofort Andreas Böhm mit seinem grafischen Werk als Gegenpart ein. „Die beiden zusammenzubringen, ist für Künstler wie für Betrachter inspirierend“, ist sie überzeugt. „Das ist wie Pingpong.“
Friedrich-Daniel Schlemme, 1967 geboren in Berlin, hat im Studium gegenständlich begonnen. Nach Erfolgen in Galerien und im Verkauf „hatte ich die Schnauze voll“vom Menschen-Malen, erzählt er. „Ich wollte Abenteuer beginnen.“Es sind Abenteuer aus Edelstahl, Plexiglas und Sperrholz, die er unter Hitzeeinwirkung zu luftigen Objekten voller Rundungen formt. Assoziationen sind willkommen, wem also beim Betrachten ein Designerstuhl der 70er in den Sinn kommt oder ein Smartphone mit Edge-Display, darf seiner Eingebung folgen. Geplant ist die Ähnlichkeit freilich nicht. „Ich nehme ein Stück Draht und fange an zu biegen“, so Schlemme, „und aus dem Chaos entsteht etwas.“
Auch Andreas Böhm, 1958 geboren in Friedberg, will „das Chaos spüren und es dann ordnen“. Wenn er anfängt, ist da nur „ein blödes weißes Papier“. Er setzt einen Klecks schwarze Tusche darauf. Langsam entwickeln sich Strukturen, immer mehr, bis Böhm Abstand braucht, sich wieder einfindet, die letzten Striche setzt und weiß: Fertig. Oder der ausgebildete Fotograf stempelt mit feinen Holzstreifen Striche auf weiß gefärbten Karton und verwischt anschließend die schwarzen Lacklinien.
„Beide Künstler arbeiten spielerisch und experimentell“, vergleicht Schwab-Krüger. „Beide spielen mit Tiefenwirkung und Überlagerung, bei beiden herrscht eine ganz reduzierte Farbigkeit.“In jedem Fall, ergänzt die Kuratorin, schaffen der Aalener und der Berliner „im Raum erfahrbare Linien“. Sie lädt ein zum Spaziergang mitten hindurch. Und keine Sorge: Die Stuckdecke bleibt intakt. Die ist am Sonntag, 14. Oktober, um 11 Uhr im Marschallsaal des Schlosses. Nach der Begrüßung ist ein Künstlergespräch. Die musikalische Umrahmung übernimmt VocaLisa unter der Leitung von Birgit Sehon. Die Ausstellung läuft bis 9. Dezember.