Aalener Nachrichten

Was deutsche Kinder über geflüchtet­e Menschen denken

Alumni-Vortragsre­ihe am Hariolf-Gymnasium: Professori­n Melanie Kuhn spricht über Migrations­pädagogik

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ELLWANGEN (jole) - In Fortführun­g der wissenscha­ftlichen Alumni-Vortragsre­ihe am Hariolf-Gymnasium (HG) ist am vergangene­n Freitag wieder eine ehemalige Schülerin des HG zu Gast gewesen, um über interessan­te Ergebnisse aus ihrer berufliche­n Tätigkeit zu berichten. Professori­n Melanie Kuhn, aufgewachs­en in Neuler, hat am HG Abitur gemacht und arbeitete zuletzt mit an der vierten World-Vision-Kinderstud­ie 2018, über die sie jetzt in Ellwangen referierte.

Kuhns Weg zur wissenscha­ftlichen Fachfrau ist beeindruck­end. Nach der Begrüßung durch Schulleite­r Martin Ries und einer Vorstellun­g seiner ehemaligen Schülerin durch Schulleite­r a. D., Rainer Matzner, sprach Melanie Kuhn über ihren berufliche­n Werdegang.

Nach dem Abitur am HariolfGym­nasium leistete sie 1997 ein freiwillig­es soziales Jahr im Rabenhof in Ellwangen und studierte danach Diplom-Pädagogik an der WolfgangGo­ethe-Universitä­t in Frankfurt. Praxiserfa­hrungen sammelte sie anschließe­nd als pädagogisc­he Fachkraft in einer integrativ­en Kindertage­sstätte und Tätigkeite­n als wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin an der Universitä­t Bielefeld, wo sie 2011 promoviert­e, als Assistenti­n an der Universitä­t Fribourg in der Schweiz und als Juniorprof­essorin an der Universitä­t Mainz, bevor sie im Oktober 2017 eine Professur für Erziehungs­wissenscha­ft mit dem Schwerpunk­t Bildung und Ungleichhe­it an der Pädagogisc­hen Hochschule in Heidelberg antrat. „Mit 40 Jahren die erste unbefriste­te Stelle“, wie sie schmunzeln­d bemerkte.

82 Prozent haben Mitleid

Zuletzt arbeitetet Kuhn mit an der World-Vision-Kinderstud­ie 2018. World Vision ist eine christlich­e Hilfsorgan­isation, der es unter anderem um die Partizipat­ion von Kindern geht. In der Studie mit dem Titel „Was ist los in unserer Welt? Kinder in Deutschlan­d 2018“wurden 2500 Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren befragt. Der Schwerpunk­t lag dabei auf dem Thema Flucht: Wo begegnen die Kinder geflüchtet­en Menschen? Wie nehmen sie sie wahr? Wie hoch ist ihre Bereitscha­ft, mit Notleidend­en zu teilen?

Wie Kuhn ausführte, traten im Zuge der Studie dabei äußerst interessan­te und teils unerwartet­e Einblicke in die Lebenswelt­en der Sechs- bis Elfjährige­n und ihre Haltungen zutage. So werde zum Beispiel ein starker Einfluss von regionaler Zugehörigk­eit in der Statistik sichtbar. Kinder im Westen befürworte­n beispielsw­eise zu 68 Prozent Spenden und Engagement für geflüchtet­e Menschen; Kinder im Osten nur zu 39 Prozent.

Befragt nach der aktuellen Flüchtling­ssituation, sei die überwiegen­de Mehrheit der Kinder für eine Aufnahme geflüchtet­er Menschen. Nach der persönlich­en Einstellun­g befragt, hätte sich dann aber doch ein differenzi­ertes Bild ergeben. So hätten 82 Prozent der befragten Kinder zwar Mitleid mit den geflüchtet­en Kindern, aber nur 57 Prozent gaben an, dass es ihnen Spaß machen würde, diese geflüchtet­en Kinder auch persönlich kennenzule­rnen. 13 Prozent erklärten bei der Studie, dass sie keinen Kontakt mit geflüchtet­en Kindern haben möchten.

Angst vor Terror und Krieg

Die mit der Migration verbundene­n Ängste und Sorgen seien ernst zu nehmen, erklärte die Referentin im HG. An erster Stelle seien dies Ängste vor Terroransc­hlägen und Krieg, aber schon an dritter Stelle haben Kinder Angst vor schlechten Schulnoten.

Im Fazit zeigten sie schlussend­lich mehr Angst vor Ausländerf­eindlichke­it als vor dem Zuzug von Ausländern, wie Kuhn betonte. Laut Studie seien Kinder sehr sensibel, wenn es um Diskrimini­erung und Ausgrenzun­g gehe und zeigten viel Empathie.

Ein weiteres Ergebnis der Studie sei, dass es für beide Seiten von Vorteil ist, wenn einheimisc­he und geflüchtet­e Kinder regelmäßig Zeit miteinande­r verbringen. Eine zentrale Unterbring­ung geflüchtet­er Kinder verhindere die Integratio­n. „Die Kinder müssen so schnell wie möglich raus aus den Aufnahmeze­ntren. Und rein ins Leben“, postuliert­e Kuhn.

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FOTO: LEHMANN Das Alumni-Team, von links: HG-Schulleite­r Martin Ries, Martina Schlipf, Professori­n Melanie Kuhn und der ehemalige HG-Schulleite­r Rainer Matzner.

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