Verdis Blick in den Abgrund
Zwei Chöre und vier Solisten begeistern mit dem „Requiem“
AALEN-WASSERALFINGEN - Mit Verdis „Messa da Requiem“, auch schlicht „Verdi-Requiem“genannt, haben die Besucher in der Sankt-Stephanuskirche die wohl dramatischste Form der Liturgie mit den Mitteln der Musik und gleichzeitig vier ganz herausragende Solisten erlebt.
Das vollbesetzte Kirchenschiff wurde zum Konzertsaal: Denn ein „echtes“Requiem ist das 1874 in Mailand uraufgeführte Werk ja nicht – eher eine konzertante Totenklage, die viele Extreme auslotet. Nicht nur bei den Tiefen und Höhen. Das Collegium Vocale Schwäbisch Gmünd und der Aalener Kammerchor bereiteten den Zuhörern jedenfalls ein dramatisches, eindringliches Opus, das lange nachklingen wird.
Das Fortissimo setzt Verdi schnell an, das Requiem et Kyrie wirkt bedrohlich, Stimmen heulen panisch auf, Schreckensfanfaren nähern sich, an der Stelle „Mors stupebit“wird in den Abgrund geblickt, „Dies irae“ist der donnernde Tag des Zorns. Das Orchester unter der Leitung von Thomas Baur spielt hochprofessionell, akzentuiert und so präzise, dass sich jede kleinste Sequenz erschließt. Der Kammerchor (Leitung Thomas Baur) ist das vokale Pendant. Nur zu gut ist zu hören, dass er sich anspruchsvoller A-cappella-Literatur verschrieben hat und sich in letzter Zeit auf Werke aus dem 20. und 21. Jahrhundert spezialisiert hat.
Vier brillante Solisten konnten für das „Verdi-Requiem“gewonnen werden. Zum einen die mehrfache internationale Preisträgerin, die Sopranistin Celeste Siciliano, zum anderen die Mezzosopranistin Taxiarchoula Kanati, die unter anderem Finalistin des Bundesgesangswettbewerbs 2016 in Berlin war. Der Tenor Milen Bozhkov singt an internationalen Opernhäusern und Landestheatern. Der vierte im Bunde ein aus Aalen Stammender: Andreas Beinhauer, dessen Repertoire von sakralen Werken über die Oratorien Bachs und Werke der Romantik und Klassik bis in die zeitgenössische Musik reicht. Als Solist begeisterte er unter anderem in der zweiten Sequenz oder zusammen mit Mezzosopran und Tenor in „Lux aeterna“.
Entstanden ist Verdis Requiem eigentlich schon ab 1868. Als Rossini im Alter von 76 Jahren gestorben war, regte Verdi eine gemeinschaftliche Totenmesse der damals 13 besten italienischen Komponisten an, die „Messa per Rossini“. Sie wurde zwar fristgerecht fertig, aus mehreren Gründen verschwand sie aber fast 120 Jahre lang in den Archiven und wurde erst 1988 in Stuttgart uraufgeführt. Verdi hatte zum Requiem für Rossini „Libera me“beigesteuert – im Verdi-Requiem ist dies das Finale.