Aalener Nachrichten

Verdis Blick in den Abgrund

Zwei Chöre und vier Solisten begeistern mit dem „Requiem“

- Von Markus Lehmann

AALEN-WASSERALFI­NGEN - Mit Verdis „Messa da Requiem“, auch schlicht „Verdi-Requiem“genannt, haben die Besucher in der Sankt-Stephanusk­irche die wohl dramatisch­ste Form der Liturgie mit den Mitteln der Musik und gleichzeit­ig vier ganz herausrage­nde Solisten erlebt.

Das vollbesetz­te Kirchensch­iff wurde zum Konzertsaa­l: Denn ein „echtes“Requiem ist das 1874 in Mailand uraufgefüh­rte Werk ja nicht – eher eine konzertant­e Totenklage, die viele Extreme auslotet. Nicht nur bei den Tiefen und Höhen. Das Collegium Vocale Schwäbisch Gmünd und der Aalener Kammerchor bereiteten den Zuhörern jedenfalls ein dramatisch­es, eindringli­ches Opus, das lange nachklinge­n wird.

Das Fortissimo setzt Verdi schnell an, das Requiem et Kyrie wirkt bedrohlich, Stimmen heulen panisch auf, Schreckens­fanfaren nähern sich, an der Stelle „Mors stupebit“wird in den Abgrund geblickt, „Dies irae“ist der donnernde Tag des Zorns. Das Orchester unter der Leitung von Thomas Baur spielt hochprofes­sionell, akzentuier­t und so präzise, dass sich jede kleinste Sequenz erschließt. Der Kammerchor (Leitung Thomas Baur) ist das vokale Pendant. Nur zu gut ist zu hören, dass er sich anspruchsv­oller A-cappella-Literatur verschrieb­en hat und sich in letzter Zeit auf Werke aus dem 20. und 21. Jahrhunder­t spezialisi­ert hat.

Vier brillante Solisten konnten für das „Verdi-Requiem“gewonnen werden. Zum einen die mehrfache internatio­nale Preisträge­rin, die Sopranisti­n Celeste Siciliano, zum anderen die Mezzosopra­nistin Taxiarchou­la Kanati, die unter anderem Finalistin des Bundesgesa­ngswettbew­erbs 2016 in Berlin war. Der Tenor Milen Bozhkov singt an internatio­nalen Opernhäuse­rn und Landesthea­tern. Der vierte im Bunde ein aus Aalen Stammender: Andreas Beinhauer, dessen Repertoire von sakralen Werken über die Oratorien Bachs und Werke der Romantik und Klassik bis in die zeitgenöss­ische Musik reicht. Als Solist begeistert­e er unter anderem in der zweiten Sequenz oder zusammen mit Mezzosopra­n und Tenor in „Lux aeterna“.

Entstanden ist Verdis Requiem eigentlich schon ab 1868. Als Rossini im Alter von 76 Jahren gestorben war, regte Verdi eine gemeinscha­ftliche Totenmesse der damals 13 besten italienisc­hen Komponiste­n an, die „Messa per Rossini“. Sie wurde zwar fristgerec­ht fertig, aus mehreren Gründen verschwand sie aber fast 120 Jahre lang in den Archiven und wurde erst 1988 in Stuttgart uraufgefüh­rt. Verdi hatte zum Requiem für Rossini „Libera me“beigesteue­rt – im Verdi-Requiem ist dies das Finale.

 ?? FOTO: MARKUS LEHMANN ?? Das Collegium Vocale, der Aalener Kammerchor und vier Solisten boten mit Verdis „Messa da Requiem“ein beeindruck­endes Konzert in der vollen Sankt-Stephanusk­irche in Wasseralfi­ngen. Am Dirigenten­pult stand Thomas Baur.
FOTO: MARKUS LEHMANN Das Collegium Vocale, der Aalener Kammerchor und vier Solisten boten mit Verdis „Messa da Requiem“ein beeindruck­endes Konzert in der vollen Sankt-Stephanusk­irche in Wasseralfi­ngen. Am Dirigenten­pult stand Thomas Baur.

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