Aalener Nachrichten

Konflikte im Stadtwald nehmen zu

Forstdirek­tor: Unglaublic­he Frequenz durch viele neue, auch motorisier­te Sportarten

- Von Eckard Scheiderer

AALEN - Im Aalener Stadtwald ist ordentlich was los: Durch zahlreiche neue Freizeitsp­ortarten, darunter auch immer mehr E-Biker und Mountainbi­ker, herrsche dort inzwischen „eine unglaublic­he Frequenz“. Das hat Forstdirek­tor Johannes Reck im Kultur-, Bildungs- und Finanzauss­chuss des Gemeindera­ts berichtet. Und er sprach von „regelrecht­en Konflikten“, zu denen es dort wegen der unterschie­dlichen Ansprüche an den Wald immer häufiger komme.

Der Charakter des Waldes als Ort zur ruhigen Erholung gehe zunehmend verloren, mahnte der Forstdezer­nent des Ostalbkrei­ses, als sich der Ausschuss mit dem forstwirts­chaftliche­n Betriebspl­an 2019 für den Stadtwald zu beschäftig­en hatte. Was das unter anderem konkret heißt, wurde später bei einer Anfrage von Grünen-Stadtrat Thomas Battran deutlich. Er, selbst oft mit dem Fahrrad im Stadtwald unterwegs, stoße immer wieder auf Wegabschni­tte, die frisch geschotter­t seien und deshalb eine große Gefahr für Radler darstellte­n, sagte Battran. Von Reck musste er sich dann erklären lassen, dass dies zunächst keine Radwege, sondern in erster Linie forstwirts­chaftliche Betriebswe­ge seien. Seien sie, etwa durch Holzabfuhr, zu sehr strapazier­t worden, „richten wir die Wege für unsere Zwecke wieder her“, so Reck. So unterschie­dlich könnten eben die Interessen im Wald sein. Wobei er auch ausdrückli­ch betonte, es sei zunächst einmal anzuerkenn­en statt zu kritisiere­n, dass mit der „unheimlich aktiven Mountainbi­ke-Szene“zunehmend viele junge Menschen in den Wald kämen. Das Problem sei vielmehr die zunehmende „Motorisier­ung“einzelner Sportarten.

Stadt zweitgrößt­er Waldbesitz­er

Mit einer bewirtscha­fteten Stadtwaldf­läche von rund 1100 Hektar ist die Stadt Aalen der zweitgrößt­e Waldbesitz­er im Ostalbkrei­s. Im vergangene­n Jahr hat der Stadtwald ein Defizit von 87 000 Euro eingefahre­n. Darin enthalten sind laut Reck aber auch die Kosten für die Ausbildung von drei jungen Forstwirte­n und dringend notwendige Investitio­nen wie die Sanierung des Waldwegs Osterbuche­r Steige. Trotz eines geringeren Holzeinsch­lags habe der Wirtschaft­sbetrieb Stadtwald alle Kosten der Naherholun­g und der Daseinsvor­soge erwirtscha­ftet, sagte Reck. Für das kommende Jahr plant Reck einen Einschlag von 6630 Festmetern Holz, durch den über 80 Prozent des Aufwandes finanziert werden sollen. Einschließ­lich der seit Jahren üblichen drei Azubi-Stellen prognostiz­iert Reck für 2019 einen Verlust von 56 000 Euro.

Trockenhei­t und Schädlinge

Außer durch stark zunehmende Freizeitak­tivitäten steigen nach den Schilderun­gen von Reck auch anderweiti­g die Belastunge­n für den Wald. Durch die extreme Trockenhei­t in diesem Jahr seien inzwischen landesweit 38 Prozent der Waldfläche­n geschädigt. Zudem habe die daraus resultiere­nde, extrem hohe Fruchtprod­uktion die Bäume zusätzlich „unglaublic­h strapazier­t“. Insgesamt sei der Klimawande­l in den Wäldern nicht mehr zu übersehen. Der Holzmarkt sei aktuell durch Stürme und Käfer geprägt, so Reck weiter. „In ganz Mitteleuro­pa liegen derzeit 50 Millionen Festmeter an Sturmholz herum“, sagte der Forstdezer­nent, was eine momentan sehr starke Überlastun­g des Holzmarkte­s bedeute. Im Aalener Stadtwald sind bislang 1500 Festmeter an Käferholz angefallen.

Neben dem Borkenkäfe­r und dem Eichenproz­essionsspi­nner, dessen flächendec­kende Bekämpfung ein „wahnsinnig­er Aufwand“sei, bedrohen den Wald zunehmend auch der Asiatische Laubholzbo­ckkäfer (ALB) und die Afrikanisc­he Schweinepe­st. Sie fernzuhalt­en, erfordere „unsere ganze Kraft“, so Reck.

Grüne: Nicht generation­engerecht

Intensiv beschäftig­ten sich die Grünen im Ausschuss mit dem Stadtwald, in dem keine generation­engerechte Waldwirtsc­haft betrieben werde, wie Stadträtin Sandra Bretzger in einer Stellungna­hme Reck vorwarf. Sie forderte mittels Anträgen unter anderem, den geplanten Holzeinsch­lag zu reduzieren, in die Einschlagm­enge auch das Schadholz mit einzubezie­hen, den Einschlag vorwiegend im Jungholzbe­stand anstatt in den wertvollen Beständen vorzunehme­n und zehn Prozent der gesamten Stadtwaldf­läche aus der Bewirtscha­ftung herauszune­hmen, wie es das Land insgesamt festgelegt habe. Worin aber auch der gesamte neue Nationalpa­rk Nordschwar­zwald eingerechn­et sei, wie Reck entgegnete.

Die Grünen-Forderunge­n erledigten sich am Ende entweder durch Recks Antworten oder per Abstimmung. OB Thilo Rentschler­s Ratschlag, den Stadtwald einfach denen zu überlassen, die sich seit Jahr und Tag damit auskennen, kam bei den Grünen weniger gut an.

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FOTO: TOBIAS HASE/DPA Im Stadtwald gibt es immer mehr Freizeitsp­ortler. Was zunehmend zu Interessen­skonflikte­n führe, wie Forstdezer­nent Johannes Reck im Kultur-, Bildungsun­d Finanzauss­chuss des Gemeindera­ts erklärte.

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