Nur das Ende ist schwer zu genießen
Deutschland unterliegt Russland zum Auftakt des Deutschland-Cups mit 3:4 n. V.
KREFELD - Der Vorsatz lag nahe nach dreieinviertel intensiv-ertragreichen Jahren mit der Eishockey-Nationalmannschaft: „Noch einmal genießen“wollte Marco Sturm den Deutschland Cup 2018, das traditionelle Vier-Nationen-Kräftemessen – seine vier letzten Bundestrainer-Tage vor der neuen Herausforderung Los Angeles Kings. Vorsatz vorerst umgesetzt. Das 3:4 n.V. (0:1, 3:1, 0:1/ 0:1) am Donnerstagabend hatte viele besondere Momente, auch wenn das jähe Ende in der Zusatzschicht schmerzte; Auftaktgegner vor 4180 Zuschauern im Krefelder KönigPALAST: Russland! Der Olympiasieger.
Nun ist Marco Sturms Auswahl bekanntlich Zweiter geworden in Pyeongchang, war das 3:4 nach Verlängerung im Finale damals bis 55,5 Sekunden vor Ultimo ein 3:2. War Silber Gold. Elf Mann vom Februar hatte der 40-Jährige in seinen Abschiedskader geholt, auf GoldSeite fand allein Nikolai Prokhorkin Aufnahme in Trainer Oleg Bratashs junges Aufgebot. Wer das als „BTeam“abqualifiziert, mag wohl bedacht haben, dass Russlands Arrivierte derzeit beim Karjala Cup in Helsinki antreten – aber nicht, dass die Besten der Kontinental Hockey League, Meister AK Bars Kazan und Finalist SKA St. Petersburg, sieben Mann entsandt haben nach Krefeld.
Die haben den Puck zum Freund, das wusste man, das sah man. So, wie man früh sah, dass Deutschlands Spieler ihren Trainer zum Freund haben. Für Marco Sturm gewinnen wollten sie, hatte Stürmer Daniel Pietta vorgegeben, und ausgerechnet der Krefelder lieferte sich in Spielabschnitt eins ein Privatduell mit Schlussmann Igor Bobkov. Drei (durchaus feine) Versuche, drei Paraden. Auffällig in einer gewohnt couragierten deutschen Mannschaft auch Debütant Lean Bergmann, ein 20-jähriger schneller Außenstürmer der Iserlohn Roosters. Zwei Strafzeiten holte er bis zur ersten Sirene heraus; schade nur, dass das gefällige Powerplay zunächst nicht belohnt wurde. Im Gegenteil: In Unterzahl gönnte sich Andrei Chibisov einen edlen No-Look-Pass; Adressat Nikolay Demidov verwertete per Rückhandschlenzer unter die Latte (16:08).
Zauberschuss von Chibisov
Zwei deutsche Überzahlspiele später hieß es 2:2, Torschütze beide Male, überaus reaktionsschnell, überaus präzise beim Schuss, Leonhard Pföderl, der Nürnberger (20:53, 28:05). Zwischenzeitlich hatte Dmitry Yudin (23:50) Mathias Niederberger knallhart zum 1:2 überwunden, danach hielt der Hüter aus Düsseldorf mehrfach brillant. Der Auftritt schlechthin des Mitteldrittels aber war der des Frank Mauer. Scheibe in der defensiven Zone stibitzt, Fahrt aufgenommen. Ein Spurt, eine Volte, ein Treffer. Das 3:2 (39:38).
Nach dem Coup des Münchners war Verteidigen gefragt. Und das gelang (wozu auch Simon Sezemsky, der frühere Ravensburger in Augsburger Diensten, seinen Part beitrug) – so lange, bis Andrei Chibisov zeigte, dass er neben Zauberpässen auch Zauberschüsse kann. Verdeckt, fies fliegend, den 3:3-Ausgleich (50:17) bringend.
Noch so ein Genießerstückchen. Auch Artyom Zemchyonoks Siegtor in der Verlängerung (60:22) war kein einfaches. Nur dass Marco Sturm daran wenig Spaß gehabt haben dürfte.