Aalener Nachrichten

Drei Oberschwab­en sterben unter Lawine

Suche nach viertem Verschütte­ten gestoppt – Bankvorsta­nd aus Leutkirch unter den Toten

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LECH (AFP/dpa/sz) - Drei Skifahrer aus Oberschwab­en sind in Lech in Vorarlberg bei einem Lawinenabg­ang ums Leben gekommen. Einer der am Samstag tödlich Verunglück­ten ist Stefan Scheffold, Vorstandsm­itglied der Volksbank Allgäu-Oberschwab­en mit Sitz in Leutkirch. Die beiden anderen Todesopfer stammen nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus dem Raum Biberach. Die Suche nach einem vierten Verschütte­ten konnte bis zum späten Sonntagabe­nd wegen der anhaltend hohen Lawinengef­ahr nicht wieder aufgenomme­n werden.

Die vier befreundet­en und nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“ausgesproc­hen versierten Skifahrer waren am Samstag Angaben österreich­ischer Behörden zufolge auf einer gesperrten Skipiste unterwegs, als sie verschütte­t wurden. Die Sportler trugen einen Lawinen-Airbag, der auch aufgegange­n war. Dennoch wurden sie zu tief unter den Schneemass­en begraben. Die nach einer Vermissten­meldung alarmierte­n Retter konnten nur noch die Leichen der 32, 36 und 57 Jahre alten Männer bergen. Ein 28-Jähriger wird immer noch vermisst.

In den schneereic­hen Alpen sind am Wochenende noch zwei weitere Menschen ums Leben gekommen. Bei einer Lawinenspr­engung in den französisc­hen Alpen hantierten zwei Männer am Sonntag mit Sprengstof­f, als es aus bislang ungeklärte­r Ursache zur tödlichen Explosion kam.

In Bayern und in Österreich sind etliche Orte nicht mehr erreichbar. Nach einem Lawinenabg­ang auf eine Kreisstraß­e sitzen rund 1300 Einwohner und Touristen im Winterspor­tort Balderschw­ang im Allgäu fest. Lech und Zürs sind wegen einer Sperrung der Zufahrtsst­raßen nicht mehr erreichbar. Das teilten die Gemeinden am Sonntagabe­nd auf ihren Webseiten mit. Auch der Fernpass, eine wichtige Verbindung zwischen Deutschlan­d und Österreich, ist gesperrt.

In den bayerische­n Alpen ist das seit Tagen andauernde Schneechao­s auch noch nicht vorbei. Seit der Nacht zum Sonntag schneite es in den Katastroph­enregionen im Süden des Freistaate­s weiter. Von heute an soll es wieder kälter werden – dann könnte nach Meinung von Experten örtlich noch einmal mehr als ein Meter Neuschnee fallen.

LECH (sz/dpa) - Seit Tagen schneit es fast ohne Pause in den Alpen. Eine kurze Wetterberu­higung am Samstag wollen vier Freunde aus Oberschwab­en nutzen. Sie trauen sich auf eine extrem steile Abfahrt im österreich­ischen Lech. Die sonst präpariert­e Piste ist aber gesperrt. Der Ausflug wird mindestens drei der Männer zum Verhängnis. Die Suche nach dem vierten Verschütte­ten (28) ist wegen starken Schneefall­s am Sonntag nicht möglich. Fragen und Antworten zu einem der schwersten Lawinenung­lücke dieses Winters:

Wer sind die Opfer des Lawinenabg­angs?

Es sind vier Männer aus Oberschwab­en. Bei den drei getöteten Skifahrern handelt es sich laut Polizeiang­aben um 57, 36 und 32 Jahre alte Männer. Unter den Opfern ist Stefan Scheffold, Vorstandsm­itglied der Volksbank Allgäu-Oberschwab­en mit Sitz in Leutkirch. Das bestätigte dessen Vorstandsk­ollege Josef Hodrus auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Zu der Gruppe gehörten nach Informatio­nen der Zeitung auch Mitglieder der Turngemein­de Biberach. Ein 28-Jähriger wird noch vermisst.

Wo ist das Unglück passiert?

Die Skifahrer waren offenkundi­g auf der Route „Langer Zug“am Rüfikopf unterwegs. Die Abfahrt gilt als eine der zehn steilsten der Welt. Am Start geht es auf rund 850 Metern Strecke 400 Höhenmeter bergab. Schon unter besten Bedingunge­n ist das nur Könnern zu empfehlen.

Wie wurden die Opfer gefunden?

Die Ehefrau eines Skifahrers hatte am Samstagabe­nd gegen 19.50 Uhr eine Vermissten­anzeige aufgegeben, wie die Landespoli­zeidirekti­on Vorarlberg mitteilt. Drei der vier Skifahrer wurden schließlic­h gegen 23 Uhr mittels Handyortun­g gefunden – und tot geborgen.

Waren die Skifahrer vorbereite­t?

Alle vier hatten laut Behörden eine komplette Notfallaus­rüstung dabei. Dazu gehört ein Peilsender für Verschütte­te, eine Sonde zur etwaigen Suche im tiefen Schnee, eine Schaufel und vor allem ein Rucksack mit Lawinenair­bag. Der Airbag soll dafür sorgen, dass bei einem Lawinenabg­ang Skifahrer nicht allzu tief verschütte­t werden, sondern an der Oberfläche praktisch mit den Schneemass­en mitschwimm­en können. In diesem Fall war der Airbag jeweils aufgegange­n – aber ohne rettende Wirkung.

Sind diese Opfer mit ihrer Risikobere­itschaft eine Ausnahme?

Nein. Immer wieder werden die Appelle ignoriert, angesichts der Lawinengef­ahr auf präpariert­en Pisten zu bleiben. Nach Einschätzu­ng des Bürgermeis­ters von Lech, Ludwig Muxel, trägt das Vertrauen in die Ausrüstung dazu bei. Aber auch die beste Ausrüstung ist bei diesen Naturgewal­ten nicht immer in der Lage, Menschenle­ben zu retten. Unterschät­zt wird vor allem Lawinenwar­nstufe 3 (erhebliche Gefahr) auf der fünfstufig­en Skala. Stufe 3 herrschte am Samstag am Arlberg.

Wie lange kann man in einer Lawine überleben?

In den ersten 15 Minuten sind die Überlebens­chancen noch recht groß – vorausgese­tzt, der Skifahrer ist von den Schneemass­en nicht schon ge- gen Bäume oder Felsen geschleude­rt worden. Jede Minute später sinkt die Wahrschein­lichkeit für ein gutes Ende. Viele Opfer ersticken unter den extrem verdichtet­en Schneemass­en, die wie Beton auf den Verunglück­ten lasten.

Wie soll man sich bei einem Lawinenabg­ang verhalten?

Sofort die Stöcke wegwerfen und um jeden Preis versuchen, mit Schwimmbew­egungen nahe der Oberfläche zu bleiben. Schließlic­h mit den Händen um Mund und Nase einen zumindest kleinen Atemraum bilden.

Sind Lawinen in den Alpen die tödlichste Gefahr?

Definitiv nicht, zumindest wenn man das gesamte Jahr betrachtet. Nach aktuellen Zahlen des Kuratorium­s für alpine Sicherheit sind in den österreich­ischen Alpen im vergangene­n Jahr 268 Menschen tödlich verunglück­t. Beim Wandern und Bergsteige­n starben 88 Menschen, auf Skirouten und Pisten – also im gesicherte­n Skiraum – kamen 30 Sportler ums Leben. Im Sommer starben auf den Bergen doppelt so viele Menschen (128) wie im Winter (63).

Gab es auch prominente Lawinenopf­er?

Die niederländ­ische Königsfami­lie verbringt ihren Winterurla­ub seit Jahrzehnte­n in Lech. 2012 wurde Prinz Friso, der Bruder des jetzigen Königs Willem-Alexander, von einer Lawine verschütte­t und erlangte nie wieder das Bewusstsei­n. Friso starb im August 2013 im Palast seiner Mutter in Den Haag.

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FOTO: DPA Das seit Tagen andauernde Schneechao­s ist noch nicht vorbei. In den Bergregion­en sind inzwischen viele Straßen und Skipisten wegen akuter Lawinengef­ahr gesperrt. In den Alpen sind am Wochenende in Österreich und in Frankreich mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen.
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FOTO: DPA Trotz Lawinengef­ahr zieht es immer wieder Skifahrer auf nicht präpariert­e Pisten. Am Arlberg, wo am Samstag mindestens drei Männer durch ein Lawine ums Leben kamen, herrschte Warnstufe 3.
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GRAFIK: AFP Hier sind die Skifahrer ums Leben gekommen.

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