Mazedoniens Zukunft in Europa hängt am seidenen Faden
Es ist eine schier endlose Geschichte. Seit dem Zerfall Jugoslawiens vor beinahe drei Jahrzehnten ringt die kleine ehemalige Teilrepublik Mazedonien um ihre staatliche Identität und Zukunft in Europa.
Am vergangenen Freitag tat das Parlament in Skopje, der Hauptstadt, den entscheidenden Schritt für die Eröffnung der Verhandlungen über einen Beitritt zu EU und Nato: Es stimmte für die Änderung des Staatsnamens auf Republik Nord-Mazedonien. Das bislang gebräuchliche, umständliche Provisorium Fyrom (Frühere jugoslawische Republik Mazedonien) könnte somit Geschichte sein, ist es aber noch nicht.
Grundlage dafür ist das sogenannte Prespa-Abkommen, bei dem sich die Regierungen in Skopje und Athen im Vorjahr auf den neuen Staatsnamen geeinigt hatten. Damit der Vertrag ist Kraft treten kann, muss auch das griechische Parlament zustimmen. Und das ist ungewisser denn je.
Nach der Abstimmung in Skopje trat am Sonntag der griechische Verteidigungsminister Panos Kammenos zurück. Seine extrem nationalistische Unabhängigkeitspartei Anel lehnt das Prespa-Abkommen ab, weil Premier Alexis Tsipras darin den Alleinanspruch auf den Namen „Mazedonien“für die gleichnamige griechische Nordprovinz aufgegeben habe. Tsipras kündigte an, noch in dieser Woche im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. Findet er keine Mehrheit, stehen Neuwahlen an. Es kann dauern, ehe eine neue Regierung in Athen installiert ist. Und wie diese zu dem Prespa-Abkommen stehen wird, ist offen. Seit 2006 blockiert Griechenland nun schon mit seinem Veto die europäische Integration Mazedoniens.
Auch in Mazedonien selbst waren die Vorbereitungen dazu alles andere als glatt verlaufen. Am Ende brachte der sozialdemokratische Premier Zoran Zaev mit einer einzigen Stimme Überhang (81 von 120) die nötige Zweidrittelmehrheit für die Verfassungsänderung zustande. Die EU feierte den Deal zwischen beiden Ländern schon als Vorbild für Versöhnungspolitik auf dem Balkan. Doch die rechtsstaatlich fragwürdigen Tricks, die Zaev einsetzte, übersieht Brüssel gnädig.
Es begann im November mit der Flucht des korrupten Ex-Premiers Nikola Gruevski nach Ungarn. Gruevski droht eine lange Gefängnisstrafe. Zaevs Regierung fordert zwar formal dessen Auslieferung, übt aber auf die Regierung Orbán keinerlei Druck aus. Mit der Flucht Gruevskis sind die Nationalisten praktisch kopflos geworden. Deren Proteste gegen die Namensänderung des Landes sind merklich abgeflaut – was Zaev nur recht sein kann. Der soll zudem acht Abgeordneten von Gruevskis ehemaliger Regierungspartei eine Art Amnestie im Zusammenhang mit Gewaltexzessen im Parlament versprochen haben, um die Zweidrittelmehrheit abzusichern.