Aalener Nachrichten

Bauern dringen auf schnelles Internet „an jedem Milchtank“

Digitalisi­erung hilft Landwirten, Felder effiziente­r zu bewirtscha­ften und ganze Herden per App zu managen

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BERLIN (dpa) - Auch in Ställen und auf den Feldern läuft längst vieles digital – und die Chancen sollen noch größer werden. Vor der Grünen Woche in Berlin dringt der Bauernverb­and auf einen flächendec­kenden Ausbau des schnellen Internets bis in die Dörfer.

„Wir brauchen 5G an jedem Milchtank“, sagte Bauernpräs­ident Joachim Rukwied mit Blick auf den künftigen Mobilfunks­tandard. „Dadurch können wir noch nachhaltig­er auf dem Feld wirtschaft­en, präziser Düngemitte­l und Pflanzensc­hutzmittel ausbringen.“Auch in Ställen sei mehr Tierwohl möglich, wenn Herden elektronis­ch gemanagt werden und man Informatio­nen zum Befinden einzelner Kühe bekomme.

Die stärkere Digitalisi­erung ist auch ein großes Thema der Agrarmesse Grüne Woche, die am kommenden Freitag in Berlin beginnt. Im Frühjahr sollen Frequenzen für den deutlich schnellere­n neuen Standard 5G versteiger­t werden. Die Vergabereg­eln sehen vor, dass 98 Prozent aller Haushalte bis Ende 2022 damit versorgt werden sollen. Kritiker warnen aber, dass dies für eine vollständi­ge Flächendec­kung vor allem im ländlichen Raum nicht ausreiche.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) betonte, es gehe darum, wettbewerb­sfähig zu sein, aber auch umweltfreu­ndlich zu wirtschaft­en. In ihrem am Samstag veröffentl­ichten Video-Podcast hob sie ebenfalls die Rolle der Digitalisi­erung hervor, die es Landwirten ermögliche, umweltscho­nender zu arbeiten. „Diese technische­n Möglichkei­ten wollen wir auch weiterentw­ickeln.“

Merkel sprach sich zudem für Bürokratie­abbau aus. Ihr liege daran, dass die Agrarpolit­ik in Europa nicht so viel Bürokratie­kosten hervorruft, „dass die Landwirte daran verzweifel­n“, sagte sie. „Wir können es nur mit den Betroffene­n wirklich gut lösen, und es muss Zeit sein für die eigentlich­e Arbeit eines Landwirts.“Im vergangene­n Jahr gab es auch Kritik daran, dass bürokratis­che Hürden viele Betriebe von Hilfsmaßna­hmen des Bund- und Länderprog­ramms für von der Dürre in Not geratene Landwirte ausschließ­en würden.

Die Folgen der Dürre 2018 wirken bei Landwirten vor allem im Norden und Osten nach. Große Preissprün­ge für Verbrauche­r wegen der schlechter­en Ernte sind aber nicht zu erwarten, wie Rukwied deutlich machte. „Man kann von stabilen Preisen ausgehen.“Wetterbedi­ngt gebe es mal kurze Ausschläge nach oben oder unten. „Aber Lebensmitt­el in Deutschlan­d sind nach wie vor unschlagba­r günstig.“Die Bundesbürg­er gäben im Schnitt rund zehn Prozent des Einkommens dafür aus.

Dürrehilfe wird bearbeitet

Die mehr als 8500 Anträge von Landwirten auf Dürrehilfe­n seien in der Bearbeitun­gsphase. Bund und Länder stellen dafür bis zu 340 Millionen Euro bereit. „Festzuhalt­en ist: Der Großteil des Schadens von rund 2,5 Milliarden Euro bleibt an der Landwirtsc­haft hängen und wird die betroffene­n Betriebe die nächsten Jahre belasten. Die Bauern hofften jetzt, „dass wir Winterfeuc­htigkeit bekommen und die Böden wieder gut aufgefüllt werden“, erläuterte Rukwied. Er mahnte Klarheit über die EU-Agrarfinan­zierung für die Zeit nach 2020 an. „Es ist sicherlich ambitionie­rt, aber die Entscheidu­ng über das künftige Budget sollte noch vor der Europawahl fallen.“Sie findet in Deutschlan­d am 26. Mai statt. „Wir brauchen Signale für Europa und die Europäer, dass die EU entscheidu­ngsfähig ist.“Das sei wichtig für die Zukunftsfä­higkeit Europas insgesamt.

Tierwohl hat seinen Preis

Die anhaltende­n Unsicherhe­iten beim Brexit sähen die Bauern mit Sorge. „Da steht viel auf dem Spiel“, sagte Rukwied und verwies auf einen Exportüber­schuss mit Agrarprodu­kten und Lebensmitt­eln im Handel mit Großbritan­nien von etwa 3,5 Milliarden Euro im Jahr. „Wir brauchen einen geordneten Prozess und weiterhin Zugang zu den Märkten.“

Mit Blick auf das von Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU) geplante Tierwohlke­nnzeichen für Fleisch im Supermarkt betonte Rukwied: „Mehr Tierwohl heißt am Ende höhere Kosten im Stall.“Das müsse sich dann auch in einem höheren Preis widerspieg­eln. „Wir hoffen, dass das staatliche Tierwohlla­bel einen weiteren Impuls für die Bereitscha­ft der Verbrauche­r gibt, für höhere Standards auch mehr auszugeben.“Wichtig sei, die mit dem Lebensmitt­elhandel gestartete Initiative Tierwohl nicht zu gefährden. Der Bauernverb­and werbe zudem auf lange Sicht weiterhin für eine verpflicht­ende Haltungs- und Herkunftsk­ennzeichnu­ng. „Das wäre echte Transparen­z.“

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FOTO: DPA Die Digitalisi­erung macht auch vor dem Kuhstall nicht halt: Landwirt Dennis Strothlüke ergänzt über eine App per iPad Daten über seine Tiere. Um die Technologi­e auch in Zukunft nutzen zu können, braucht es laut Bauernverb­and auch auf dem Land ein schnelles Internet.

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