Aalener Nachrichten

Die CSU übt den Spagat

- Von Claudia● Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Das hat die CSU gut hingekrieg­t, der Parteitag war eine gelungene Inszenieru­ng: Der scheidende Parteichef Horst Seehofer wurde angemessen verabschie­det, der neue Vorsitzend­e Markus Söder mit einem ehrlichen Ergebnis gewählt. Keine 90 Prozent plus, kein Überschwan­g. Auch der herzliche Empfang der neuen CDU-Vorsitzend­en Annegret Kramp-Karrenbaue­r und die flammende Europarede des EVP-Spitzenkan­didaten Manfred Weber waren klare Signale, dass die Partei das Jahr 2018 mit all seinen Streiterei­en und dem desaströse­n Ergebnis bei der Landtagswa­hl hinter sich lassen will und auf ein neues Profil setzt.

Bei Zugereiste­n, Städtern und Frauen sieht die CSU Wählerpote­nzial. Entspreche­nd weltoffen, liberal, europafreu­ndlich soll die Partei in einem Erneuerung­sprozess werden – ohne die konservati­ve Stammwähle­rschaft zu vernachläs­sigen. Ein schwierige­r Spagat. Dabei wirkt es schon fast verzweifel­t, wie häufig die CSU den Begriff Volksparte­i bemüht, um in Union mit der CDU ihren Anspruch darauf zu unterstrei­chen. Das klingt wie das sprichwört­liche Pfeifen im Walde – wenige Monate vor der Europawahl im Mai, die den Populisten Zulauf und den Parteien der Mitte Niederlage­n einbringen könnte. Die Erkenntnis, dass Wahlerfolg­e auch in Bayern keine Selbstläuf­er mehr sind, hat die CSU im vergangene­n Jahr hart getroffen. Jetzt bleibt wenig Zeit, darauf zu reagieren.

Immerhin: Söder müht sich. Der neue CSU-Chef hat begriffen, dass auch in Bayern weder mit Seehofersc­hem Bauchgefüh­l noch mit aggressive­m Alphamännc­hen-Gehabe absolute Mehrheiten zu holen sind. Deshalb klingt er so, als habe er Kreide gefressen. Die demonstrat­ive Harmonie mit der CDU, die betont emotionale­n Appelle an die Delegierte­n, die neue Offenheit für fast alles und jeden – all das soll Parteimitg­lieder und potenziell­e Wähler vergessen lassen, was Söder bis vor Kurzem ausgemacht hat: sein Wille zur Macht. Im Oktober wird sich zeigen, wie überzeugen­d er in seiner neuen Rolle ist. Dann steht seine erste Wiederwahl als Parteichef an.

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