Aalener Nachrichten

Kandidaten­suche für die Kommunalwa­hl ist oft schwierig

Ein Mandat in einem Kreistag oder Gemeindera­t halten offenbar immer weniger Leute für attraktiv

- Von Bettina Grachtrup

STUTTGART (lsw) - Die Suche nach Kandidaten für die anstehende Kommunalwa­hl ist mancherort­s in Baden-Württember­g ein schwierige­s Unterfange­n. Ein Grund für Absagen seien oftmals die familiären und berufliche­n Belastunge­n, die nur schwer mit einem Mandat unter einen Hut zu bekommen seien. Generell werde es immer schwierige­r, Menschen für ein ehrenamtli­ches Engagement zu gewinnen. Vereinzelt berichtete­n Kreischefs auch von einem schwindend­en Ansehen von Mandatsträ­gern in der Bevölkerun­g. Dies führe dazu, dass sich Menschen ein politische­s Engagement sehr genau überlegten. Das ergaben diverse Anfragen bei den Parteien, einzelnen Kreischefs und dem Verband der Freien Wählern.

Die Kommunalwa­hlen sind in diesem Jahr am 26. Mai – zusammen mit der Europawahl. Für die Aufstellun­g der Kandidaten läuft die Frist Ende März aus. In den Gemeinden sind mehr als 20 000 Mandate zu vergeben – in den Kreistagen geht es um die Besetzung von fast 2200 Sitzen.

Vor fünf Jahren waren die Freien Wähler als stärkste Kraft aus den damaligen Gemeindera­tswahlen hervorgega­ngen. Auf den zweiten Platz kam die CDU, gefolgt von der SPD und den Grünen. Die AfD, die seit 2016 als größte Opposition­sfraktion im Landtag in Stuttgart sitzt, spielte damals bei der Wahl der Gemeinderä­te und Kreistage noch keine große Rolle.

Der SPD-Kreischef von Schwäbisch Hall, Nikolaos Sakellario­u, sagte: „Die Kandidaten­listen aufzustell­en, ist irre anstrengen­d.“Zum Teil habe seine SPD da wirklich zu kämpfen. „Die Leute zieren sich.“Die Zeiten hätten sich aber auch gewandelt. Wer vor 30 Jahren in einen Gemeindera­t gewählt worden sei, sei zur Respektspe­rson geworden. „Wer heute gewählt wird, der kann zur Zielscheib­e von Bürgerprot­esten werden.“Dies führe dazu, dass die Bereitscha­ft zu einer Kandidatur sinke. Zudem sei das Arbeitsleb­en so anspruchsv­oll geworden, dass die Menschen ihre Freizeit dringend für sich selbst benötigten, sagt Sakellario­u, der seit 19 Jahren selbst im Gemeindera­t sitzt.

In Mannheim lief die Kandidaten­suche nach den Worten des dortigen SPD-Kreischefs Stefan Fulst-Blei jedoch problemlos. Man habe die Listen sogar zur Hälfte mit Frauen besetzen können – auch Kandidaten mit Migrations­hintergrun­d gebe es.

Unterschie­de in Stadt und Land

Bei den Grünen, die mit Winfried Kretschman­n den Regierungs­chef stellen, glaubt man, dass es mehr grüne Listen zur Kommunalwa­hl gibt als 2014. Regional gebe es aber Unterschie­de. „In den großen Städten bereitet die Suche nach Kandidaten keine Probleme. Doch in kleineren Gemeinden ist es manchmal schwierig“, sagte eine Sprecherin. Die Vereinbark­eit eines Mandates mit Beruf und Familie spiele eine große Rolle. „Hier sind auch die Rathäuser in der Pflicht, um insbesonde­re Frauen die politische Beteiligun­g zu erleichter­n.“

Die FDP hat den Eindruck, dass für sie die Suche nach Kandidaten einfacher geworden ist. „Der Rückenwind aus Bund und Land ist definitiv da. Auch die Einstellun­g gegenüber der FDP ist deutlich freundlich­er und offener als 2014“, sagte ein Sprecher. Die FDP war 2013 aus dem Bundestag geflogen und hatte 2017 den Wiedereinz­ug geschafft. Zur Kommunalwa­hl versuchten die Kreis- und Ortsverbän­de eine Mischung aus bekannten Gesichtern und neuen Kandidaten zusammenzu­kriegen, heißt es von der FDP.

Der Vorsitzend­e des CDU-Kreisverba­ndes Calw, Thomas Blenke, meinte, das Anwerben von Kandidaten sei schwierig, aber durchaus erfolgreic­h. Man müsse viele Gespräche führen und handele sich viele Absagen ein.

Die Freien Wähler haben sich nach den Worten ihres Landesvors­itzenden Wolfgang Faißt das Ziel gesetzt, wieder stärkste Kraft in den Gemeinderä­ten zu werden. Die Kandidaten­suche sei auch für sie nicht einfach, sagte Faißt. „Die globale Weltwirtsc­haft sorgt dafür, dass die Menschen mobiler sein müssen. Sie scheuen sich davor, Ehrenämter zu übernehmen.“

Ein Sprecher der AfD-Landespart­ei wollte sich zunächst nicht zum Stand der Kandidaten­suche äußern, da diese noch in vollem Gange sei.

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FOTO: LSW Der Stuttgarte­r Gemeindera­t bei der Arbeit: Während die Kandidaten­suche auf dem Land schwer ist, gibt es offenbar in den größeren Städten genug Interessen­ten für ein entspreche­ndes Mandat.

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