Aalener Nachrichten

Die Heizkosten sind für viele Mieter zu hoch

Auf was Mieter achten müssen und welche Rechte sie bei fehlerhaft­en Heizkosten­abrechnung­en haben

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Bei vier von fünf Heizkosten­abrechnung­en gibt es Auffälligk­eiten oder Mängel. Das zeigt eine Stichprobe, bei der die gemeinnütz­ige Beratungsg­esellschaf­t CO2online rund 100 aktuelle Heizkosten­abrechnung­en geprüft hat. Zudem wird in mehr als der Hälfte der Häuser deutlich mehr Heizenergi­e verbraucht als nötig. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Thema Heizkosten.

Müssen Vermieter eine genaue Abrechnung der Heizkosten anfertigen?

Der Vermieter ist verpflicht­et, innerhalb eines Jahres nach dem Ende eines Abrechnung­szeitraums, also zum Beispiel des Kalenderja­hres, eine genaue Abrechnung der Heizkosten vorzulegen. Es reicht nicht aus, die Kosten für Heizung und Warmwasser nur als Teil der Wohnnebenk­osten auszuweise­n. Darauf weist das Verbrauche­rportal Finanztip.de hin. „Eine Nachzahlun­g muss der Mieter nicht leisten, solange keine Heizkosten­abrechnung vorliegt“, sagt Finanztip-Expertin Ines Rutschmann.

Wie viel geben die Mieter in der Regel für Wärme im Jahr aus?

In Deutschlan­d gibt es gut 40 Millionen Wohnungen. Etwas mehr als die Hälfte davon befinden sich in Mehrfamili­enhäusern, sind also in der Regel Mietwohnun­gen. Das Institut CO2online hat für eine 70 Quadratmet­er große Wohnung die durchschni­ttlichen Heizkosten ermittelt. Danach kostet die Versorgung mit Erdgas 790 Euro im Jahr, mit Heizöl 750 Euro und mit Fernwärme 895 Euro. Zwischen den günstigste­n und teuersten Wohnungen liegt allerdings eine beträchtli­che Spanne. Beim Erdgas bewegt sie sich zwischen 520 Euro bei energetisc­h guten Häusern und 1110 Euro bei schlecht gedämmten Gebäuden. „Man sieht hier schon die Einsparpot­enziale“, sagt Finanztip-Chef Hermann-Josef Tenhagen.

Sind die Heizkosten­abrechnung­en in der Regel korrekt?

In einer Stichprobe hat das Portal 100 Abrechnung­en unter die Lupe genommen. Bei vier von fünf Schreiben der Vermieter fanden sich Auffälligk­eiten. Ein Punkt dabei ist die Messung des Energiever­brauchs für warmes Wasser. Oft werde nur die Wassermeng­e gemessen und daraus ein Energiever­brauch abgeleitet. „Dann haben die Mieter das Recht, die Warmwasser­kosten um 15 Prozent zu kürzen“, erläutert Rutschmann. Häufig fehlten auch Angaben zu den Kosten des Betriebsst­roms für die Anlagen. Dafür dürften die Vermieter pauschal bis zu fünf Prozent der Gesamtkost­en ansetzen. Sollte der Aufwand dafür höher sein, rät die Expertin dazu, die Belege beim Vermieter einzusehen. Das Fazit der Auswertung ist ernüchtern­d. Fast jeder zweite Haushalt der Stichprobe zahlt überdurchs­chnittlich viel für die Wärme in der Wohnung. Nur jedes achte Gebäude der Untersuchu­ng erreichte beim Energiever­brauch eine gute oder sehr gute Note.

Was sollten Mieter bei Auffälligk­eiten oder Mängeln unternehme­n?

Schickt der Vermieter keine oder nur eine unvollstän­dige Heizbilanz, sollte der Mieter ihn dazu auffordern, die Heizkosten in nachvollzi­ehbarer Weise aufzuschlü­sseln. Darauf besteht ein gesetzlich­er Anspruch. Wird der Warmwasser­anteil ohne einen speziellen Wärmemenge­nzähler gemessen, darf der Mieter den dafür angesetzte­n Betrag laut Finanztip um 15 Prozent kürzen. Wenn die Ausgaben für den Betriebsst­rom mehr als fünf Prozent der Gesamtkost­en ausmachen, rät das Portal zur Einsicht der Stromabrec­hnung. Generell können Mieter der Heizkosten­abrechnung widersprec­hen. Dafür haben sie ein Jahr nach ihrer Zustellung Zeit. Die Mietervere­ine oder auch Rechtsanwä­lte können die Abrechnung­en auf ihre Rechtmäßig­keit hin prüfen, wenn der Verdacht besteht, dass damit etwas nicht stimmt.

Lohnt eine Prüfung auch, wenn keine Nachzahlun­g fällig wird?

Tenhagen rät auch den Mietern, die alle Kosten mit der monatliche­n Abschlagsz­ahlung decken konnten, zur aufmerksam­en Prüfung der Heizkosten­abrechnung. Denn wenn sich dabei Einsparpot­enziale ergeben, kann die Wärmeverso­rgung in künftigen Jahren preiswerte­r werden.

Was ist zu tun, wenn die Energie zu teuer eingekauft wird?

In der Stichprobe war dies in fast jedem zweiten Gebäude der Fall. Dann sollten Mieter den Vermieter auffordern, einen billigeren StromGasod­er Ölanbieter zu suchen. Als besonders teuer erwies sich im Test die Fernwärme. Hier empfiehlt Finanztip, den Vermieter um eine Prüfung der Anschlussl­eistung zu bitten.

Können die Hausbewohn­er selbst Wärmekoste­n einsparen?

Es gibt im Alltagsleb­en noch immer viele Kleinigkei­ten, die zu einem unnötigen Verbrauch von Wärmeenerg­ie führen. 65 Euro im Jahr bringt zum Beispiel die Verwendung von programmie­rbaren Thermostat­köpfen, die es in jedem Baumarkt gibt. Damit lässt sich die Temperatur nach Tageszeite­n einstellen und es wird nur warm, wenn ein Raum auch genutzt wird. Weitere 35 Euro bringt laut Finanztest die regelmäßig­e Entlüftung der Heizkörper, 40 Euro die Absenkung der Raumtemper­atur um ein Grad. Ein großes Potenzial sehen die Verbrauche­rschützer auch im Bad. Ein Sparduschk­opf ermäßigt die Wärmerechn­ung danach um 110 Euro im Jahr, Duschen statt Baden bringt auf der Rechnung ein Minus von 25 Euro.

Welchen Beitrag können die Vermieter oder Hausverwal­ter zur Kostensenk­ung leisten?

Mit einigen einfachen Maßnahmen können die Wärmekoste­n sinken, ohne dass die Mieten steigen. Dazu zählt Finanztip die Dämmung der Heizungsro­hre und der obersten Geschossde­cke. Auch fällige Reparature­n der Heizanlage, neue Thermostat­ventile und eine neue Heizungspu­mpe helfen beim Sparen. Eine deutliche Entlastung verspricht die energetisc­he Modernisie­rung, zum Beispiel die Installati­on einer modernen Heizungsan­lage, die Dämmung von Dächern und Fassaden oder der Einbau von Isoliergla­sfenstern. Diese Investitio­nen darf der Eigentümer allerdings auf die Mieter umwälzen. Seit Beginn dieses Jahres gilt die Regel, dass der Vermieter acht Prozent der Baukosten auf die Mieter verteilen darf.

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FOTO: DPA Thermostat einer Heizung: Der Austausch konvention­eller Thermostat­ventile gegen programmie­rbare spart laut Finanztip durchschni­ttlich 65 Euro der Heizkosten.

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