Aalener Nachrichten

Der Südwesten spart falsch

Anleger bevorzugen trotz Zinsflaute nach wie vor Sparbücher und Girokonten

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG - Trotz des inzwischen zehn Jahre andauernde­n Zinstiefs im Euroraum legen die Verbrauche­r in Baden-Württember­g nach wie vor einen Großteil des Geldes in Zinsanlage­n an. Das geht aus einer Umfrage zum Sparverhal­ten der Deutschen hervor, die vom Flossbach von Storch Research Institute bei den Marktforsc­hern der GfK in Auftrag gegeben wurde. Demnach würde selbst bei einem langfristi­gen Sparplan eine Mehrheit von knapp 60 Prozent in niedrigver­zinste Nominalwer­te wie Sparbücher oder Festgeldan­lagen investiere­n.

Demgegenüb­er erwarten drei von vier Befragten eine Rendite mehr als zwei Prozent. Zum Vergleich: Die Rendite von zehnjährig­en Bundesanle­ihen lag Ende 2018 bei 0,25 Prozent; Tages- oder Festgelder bringen in der Regel kaum mehr. Die Daten der Umfrage ließen sich daher nur mit einem mangelnden Wissen über grundsätzl­iche Zusammenhä­nge auf dem Finanzmark­t erklären, heißt es in der Studie. Denn Sparbücher oder Girokonten könnten in einem Umfeld niedriger Zinsen und steigender Inflation keinen nachhaltig­en Erfolg erzielen.

„Der deutsche Geldanlege­r hat nicht nur ein Umsetzungs­problem, sondern vor allem ein Erkenntnis­problem“, sagt Thomas Mayer, Gründer des Flossbach von Storch Research Institute und ehemaliger Chefvolksw­irt der Deutschen Bank. Nur 23 Prozent der Befragten würden ihr Geld langfristi­g und kontinuier­lich in Aktien und Aktienfond­s anlegen. Die Ergebnisse seien auch deshalb so alarmieren­d, weil vor allem diejenigen Anleger renditesch­wache Anlageklas­sen bevorzugte­n, die eigentlich auf die Erträge aus ihren Ersparniss­en angewiesen wären, so Mayer. Frauen etwa, die im Schnitt weniger verdienen als Männer und geringere Rentenansp­rüche erwerben. Oder Berufseins­teiger, die über die Jahrzehnte erhöhte Kursschwan­kungen von renditesta­rken Anlagen wie Aktien aussitzen könnten.

Stabile Sparquote

Trotz des Zinstiefs steht Sparen nach wie vor hoch im Kurs: Rund zehn Prozent des verfügbare­n Einkommens legen die Deutschen zurück. Die Quote hat sich in den vergangene­n Jahren kaum verändert und ist fast doppelt so hoch wie beispielsw­eise bei US-Amerikaner­n. Doch das Sparen zahlt sich für viele Deutsche immer weniger aus. Mit dem Ergebnis, dass das Geldvermög­en eines Amerikaner­s mittlerwei­le dreimal größer ist als das eines durchschni­ttlichen deutschen Sparers. Nur jeder Dritte gab an, sein Sparverhal­ten wegen der niedrigen Zinsen geändert zu haben.

Mehr als 10 000 Menschen sind im Rahmen der Studie zu ihrem Geldanlage­verhalten befragt worden – nach Aussage von Flossbach von Storch Research Institute und der GfK ist es die aufwendigs­te Untersuchu­ng, die je zu diesem Thema gemacht wurde. Abgefragt wurde nicht nur das tatsächlic­he Anlageverh­alten, sondern auch, wie die Befragten in hypothetis­chen Fällen investiere­n würden und welche Erwartunge­n sie an die Zukunft haben. Die Ergebnisse im Südwesten haben sich nicht wesentlich von den bundesweit­en Ergebnisse­n unterschie­den.

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