Der Südwesten spart falsch
Anleger bevorzugen trotz Zinsflaute nach wie vor Sparbücher und Girokonten
RAVENSBURG - Trotz des inzwischen zehn Jahre andauernden Zinstiefs im Euroraum legen die Verbraucher in Baden-Württemberg nach wie vor einen Großteil des Geldes in Zinsanlagen an. Das geht aus einer Umfrage zum Sparverhalten der Deutschen hervor, die vom Flossbach von Storch Research Institute bei den Marktforschern der GfK in Auftrag gegeben wurde. Demnach würde selbst bei einem langfristigen Sparplan eine Mehrheit von knapp 60 Prozent in niedrigverzinste Nominalwerte wie Sparbücher oder Festgeldanlagen investieren.
Demgegenüber erwarten drei von vier Befragten eine Rendite mehr als zwei Prozent. Zum Vergleich: Die Rendite von zehnjährigen Bundesanleihen lag Ende 2018 bei 0,25 Prozent; Tages- oder Festgelder bringen in der Regel kaum mehr. Die Daten der Umfrage ließen sich daher nur mit einem mangelnden Wissen über grundsätzliche Zusammenhänge auf dem Finanzmarkt erklären, heißt es in der Studie. Denn Sparbücher oder Girokonten könnten in einem Umfeld niedriger Zinsen und steigender Inflation keinen nachhaltigen Erfolg erzielen.
„Der deutsche Geldanleger hat nicht nur ein Umsetzungsproblem, sondern vor allem ein Erkenntnisproblem“, sagt Thomas Mayer, Gründer des Flossbach von Storch Research Institute und ehemaliger Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Nur 23 Prozent der Befragten würden ihr Geld langfristig und kontinuierlich in Aktien und Aktienfonds anlegen. Die Ergebnisse seien auch deshalb so alarmierend, weil vor allem diejenigen Anleger renditeschwache Anlageklassen bevorzugten, die eigentlich auf die Erträge aus ihren Ersparnissen angewiesen wären, so Mayer. Frauen etwa, die im Schnitt weniger verdienen als Männer und geringere Rentenansprüche erwerben. Oder Berufseinsteiger, die über die Jahrzehnte erhöhte Kursschwankungen von renditestarken Anlagen wie Aktien aussitzen könnten.
Stabile Sparquote
Trotz des Zinstiefs steht Sparen nach wie vor hoch im Kurs: Rund zehn Prozent des verfügbaren Einkommens legen die Deutschen zurück. Die Quote hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert und ist fast doppelt so hoch wie beispielsweise bei US-Amerikanern. Doch das Sparen zahlt sich für viele Deutsche immer weniger aus. Mit dem Ergebnis, dass das Geldvermögen eines Amerikaners mittlerweile dreimal größer ist als das eines durchschnittlichen deutschen Sparers. Nur jeder Dritte gab an, sein Sparverhalten wegen der niedrigen Zinsen geändert zu haben.
Mehr als 10 000 Menschen sind im Rahmen der Studie zu ihrem Geldanlageverhalten befragt worden – nach Aussage von Flossbach von Storch Research Institute und der GfK ist es die aufwendigste Untersuchung, die je zu diesem Thema gemacht wurde. Abgefragt wurde nicht nur das tatsächliche Anlageverhalten, sondern auch, wie die Befragten in hypothetischen Fällen investieren würden und welche Erwartungen sie an die Zukunft haben. Die Ergebnisse im Südwesten haben sich nicht wesentlich von den bundesweiten Ergebnissen unterschieden.