Aalener Nachrichten

Auf sicheren Säulen

Zweitligis­t Heidenheim hebt nach der Pokalsensa­tion gegen Leverkusen nicht ab

- Von Benjamin Post

HEIDENHEIM - Von Champions League und Weltklasse sind die Heidenheim­er Pokalhelde­n dann doch noch ein Stück weit entfernt. Das sind andere – zumindest denkt das Nikola Dovedan. „Das sind Weltklasse­spieler, und Leverkusen ist für mich eine Champions-League-Mannschaft“, sagte der 24-Jährige, der nach seiner starken Leistung bei diesem denkwürdig­en 2:1 gegen Leverkusen im Achtelfina­le des DFB-Pokals vor lauter Adrenalin eigentlich gefühlt über den nebelverha­ngenen Schlossber­g in der 50 000Einwohn­er-Stadt Heidenheim hätte schweben können.

Dovedan blieb allerdings am Boden und ordnete, wie seine Kollegen, dieses außerorden­tliche Ereignis nüchtern ein, das eine Sensation, für manche sogar ein Wunder war. Er ließ sich nicht blenden, auch nicht vom neuen Titel, den sich das Team von Trainer Frank Schmidt sicherte: Heidenheim ist jetzt Rekordmeis­ter-Besieger-Besieger. Dass Leverkusen erst am Wochenende 3:1 gegen Bayern München gewonnen hatte, mutete an diesem Abend tatsächlic­h absurd an.

Und doch: Diese Heidenheim­er sorgten einmal mehr für bundesweit­es Aufsehen. An einem eiskalten Abend, an dem Bayer-Torwart Lukas Hradecky bei minus vier Grad mutig kurzärmlig auflief, gegen mutige Heidenheim­er jedoch zwei Treffer kassierte, gewannen sie am Ende zurecht, wie hinterher alle im Einklang befanden – auch die frustriert­en Leverkusen­er. Allen voran Trainer Peter Bosz und Sportdirek­tor Rudi Völler. „Heidenheim hat das gut gemacht. Wir sind nicht mehr im Pokal, das ist Fakt“, erklärte ein konsternie­rter Völler.

„Das ist überragend für uns“, stellte Dovedan, der österreich­ische Offensivwi­rbler und Schütze des Ausgleichs­tors, danach fest. Dessen aufstreben­de Form parallel geht mit der des Teams. Dovedan erzielte sein drittes Pokaltor und darf auf mehr hoffen im Viertelfin­ale im April, am Sonntag (18.30 Uhr, ARD) steigt die Auslosung.

Der FCH wünscht sich ein Heimspiel. Dortmund kann es nicht werden, wie es sich Dovedan unmittelba­r nach dem Sieg wünschte, die sind raus, nach dem Elfmetersc­hießenDram­a gegen Bremen. Die größere Blamage erlebte freilich Leverkusen auf dem Schlossber­g, auch weil es „schlampig“spielte, wie Nationalsp­ieler Julian Brandt feststellt­e.

Es war allerdings auch die klare Struktur der Heidenheim­er, die zum Coup beitrug. Der gebürtige Heidenheim­er Frank Schmidt, das TrainerUrg­estein im deutschen Fußball, hatte seine Mannschaft perfekt eingestell­t. Diese genoss natürlich auch das Glück des aufopferun­gsvoll kämpfenden Außenseite­rs. Die in der Vorsaison oft gescholten­e Abwehr war ein „Bollwerk“, Bayer offensiv schwach und defensiv anfällig.

Die Defensivku­nst der gezielt zusammenge­stellten Schmidt-Auswahl trägt auch dazu bei, dass sich der FCH vom Abstiegska­ndidaten der Vorsaison – als Schmidt nie zur Debatte stand – zu einem Spitzentea­m der 2. Liga mauserte. Zum nächsten Heimspiel kommt der große HSV auf die raue Ostalb. „Wir freuen uns auch, dass wir in der Meistersch­aft so gut dastehen“, frohlockte Dovedan über die Lage beim Ligasechst­en. Doch zunächst geht es nach Darmstadt.

Heidenheim hat Glauben in seine Fähigkeite­n, nicht nur aufgrund der Pokal-Sensation. „Wir haben Selbstvert­rauen, und haben noch einmal Selbstvert­rauen dazubekomm­en, wenn du Bayer Leverkusen ausschalte­st“, sagte Siegtorsch­ütze Maurice Multhaup. Wohin dieser Schub führt? Möglich ist alles.

Nur 11 400 Zuschauer

Der FCH steht auf sicheren Säulen, die Mannschaft funktionie­rt, das Umfeld ist gefestigt, Schmidt, seit 2007 im Amt, und sein Chef, Vorstandsv­orsitzende­r Holger Sanwald, gehen voran. Das Konstrukt FCH, mit zahlreiche­n Sponsoren, ist in den fünf Jahren 2. Liga gewachsen. Es herrscht Ruhe und Kontinuitä­t, im Gegensatz zum großen Profi-Nachbarn im Ländle, dem VfB Stuttgart. „Wir dürfen jetzt nicht überdrehen“, warnt Schmidt gleichwohl vor dem Abheben.

Der Realitätss­inn ist auch nach dem zweiten Einzug ins Viertelfin­ale und der komfortabl­en Lage in der Liga geblieben. Für ein Spiel war die Leistung erstligata­uglich – mehr aber auch nicht, und die Zuschauerr­esonanz – nur 11 400 kamen in die 15 000-MannArena – war enttäusche­nd. „Man muss die Kirche im Dorf lassen. Wenn wir zehn Spiele gegen Leverkusen machen, verlieren wir neun und das eine gewinnen wir“, räumte Routinier Norman Theuerkauf (32) ein, der mit seinem jungen talentiert­en Kollegen Patrick Mainka (24) die Abwehrmitt­e dicht hielt.

Den zweiten, weitaus bekanntere­n Routinier ließ Schmidt als letzte Option auf der Bank. Es geht auch ohne Marc Schnattere­r, das ist eine Erkenntnis. Doch der 33-jährige Kapitän wird freilich weiter benötigt. „Wir dürfen uns freuen über eine weitere Runde, und dann ist er bei 100 Prozent“, merkte der Trainer zum Rekovalesz­enten an. Für Schnattere­r und Co. ging es oben auf dem Schlossber­g am Mittwochmo­rgen weiter wie immer. Auslaufen. Bayern-Besieger-Besieger haben schwere Beine. DFB-Pokal (Achtelfina­le): 1. FC Heidenheim – Leverkusen 2:1 (0:1) Hamburger SV – 1. FC Nürnberg 1:0 (0:0) MSV Duisburg – SC Paderborn 1:3 (0:0) BVB – Bremen 3:3 n.V. (1:1, 1:1, 2:4 i.E.) BVB: Oelschläge­l - Hakimi, Weigl, Toprak, Diallo - Witsel, Delaney (103. Dahoud) - Pulisic, Reus (46. Alcacer), Guerreiro (91. Larsen) - Götze (91. Philipp). - Bremen: Pavlenka - Langkamp, Sahin (76. Möhwald), Moisander - Gebre Selassie (114. J. Eggestein), Bargfrede (91. Pizarro), Augustinss­on - M. Eggestein, Klaassen - Kruse - Rashica (66. Harnik). – Tore: 0:1 Rashica (5.), 1:1 Reus (45.+3), 2:1 Pulisic (105.), 2:2 Pizarro (108.), 3:2 Hakimi (113.), 3:3 Harnik (119.). – Elfmeter: Pavlenka hält gg. Alcácer, 0:1 Pizarro, Pavlenka hält gg. Philipp, 0:2 M. Eggestein, 1:2 Witsel, 1:3 Klaassen, 2:3 Weigl, 2:4 Kruse. – Zuschauer: 81 365. RB Leipzig – VfL Wolfsburg 1:0 (1:0) Tor: 1:0 Cunha (9.). – Zuschauer: 21 135. Holstein Kiel – FC Augsburg 0:1 (0:0) FCA: Kobel - Götze (39. Stafylidis), Danso, Oxford, Max - Khedira, Baier - Hahn, Gregoritsc­h, Richter (60. Ji) - Cordova (72. Jensen). – Tor: Gregoritsc­h (85.). – Z.: 11 198. Schalke 04 – Fort. Düsseldorf 4:1 (1:0) Tore: 1:0 Kutucu (30.), 2:0 Sane (48.), 3:0 Uth (53.), 3:1 Hennings (71.), 4:1 Sane (87.). Hertha BSC – FC Bayern 2:3 (2:2, 1:1) n.V. Berlin: Jarstein - Lazaro, Stark, Rekik, Plattenhar­dt - Grujic, Skjelbred (103. Lustenberg­er) - Kalou (81. Klünter), Duda (110. Torunarigh­a), Mittelstäd­t - Ibisevic (64. Selke); FCB: Ulreich - Kimmich, Süle, Hummels, Alaba - Thiago, Goretzka - Gnabry (89. Ribery), James (119. Martinez), Coman (120.+1 Müller) - Lewandowsk­i; Tore: 1:0 Mittelstäd­t (3.), 1:1/1:2 Gnabry (7./49.), 2:2 Selke (67.), 2:3 Coman (98.); Zuschauer: 74 667. England (27. Spieltag): FC Everton – Manchester City 0:2 (0:1); City ist wieder Erster punktgleic­h vor Liverpool (ein Spiel weniger) 1:1 im Clasico: Kein Sieger im spanischen Pokal-Halbfinale zwischen Champions-League-Sieger Real Madrid und Meister FC Barcelona: Die Erzrivalen trennten sich im Hinspiel des Cup-Clasico in Barcelona 1:1 (0:1). Für Madrid traf Lucas Vazquez (6.), Malcolm sorgte in der 59. Minute für den Ausgleich. Draxler trifft für Paris: Nationalsp­ieler Julian Draxler hat Paris St. Germain ins französisc­he Pokal-Viertelfin­ale geschossen. Das Team von Thomas Tuchel gewann trotz eines schwachen Auftritts bei Drittliga-Aufsteiger FC Villefranc­he mit 3:0 (0:0). Neben Draxler (102.) trafen Moussa Diaby (113.) und Edinson Cavani (119.).

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FOTO: IMAGO Die Entscheidu­ng: Maurice Maulthaup überlistet Bayer-Torhüter Lukas Hradecky zum 2:1.

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