Aalener Nachrichten

Gemeindera­t lehnt Antrag auf LEA-Rechtsguta­chten ab

Leidenscha­ftliche Debatte am Donnerstag­abend – Nur Freie Bürger stimmen dem Antrag zu

- Von Franz Graser Freitag, 14. Februar,

ELLWANGEN - Mit großer Mehrheit hat der Gemeindera­t den Antrag der Freien Bürger abgelehnt, ein Rechtsguta­chten zur Befangenhe­it von Ratsmitgli­edern in Sachen Landeserst­aufnahmest­elle für Flüchtling­e (LEA) einzuholen. Für den Antrag haben lediglich die Freien Bürger gestimmt. CDU, Grüne und SPD haben ihn nach einer hitzigen Debatte geschlosse­n abgelehnt.

Laut dem Antrag der Freien Bürger sollte die Stadtverwa­ltung ein Rechtsguta­chten von einem namhaften juristisch­en Sachverstä­ndigen einholen. Der sollte klären, inwieweit Mitglieder des Gemeindera­ts bei Beratungen und Beschlüsse­n in Bezug auf die Ellwanger LEA befangen seien. Konkret waren in dem Antrag der LEA-Leiter und GrünenFrak­tionsvorsi­tzende Berthold Weiß und das SPD-Fraktionsm­itglied Joachim Zorn genannt, dessen Ehefrau beim Regierungs­präsidium Stuttgart angestellt und derzeit in der LEA tätig ist.

Hilsenbek: „Helikopter-Antrag“

Oberbürger­meister Karl Hilsenbek bezeichnet­e das Begehren der Freien Bürger als „Helikopter-Antrag“, der viel Staub aufgewirbe­lt habe, aber nicht zielführen­d sei. „Ein Gutachten bringt Ihnen gar nichts“, sagte der OB. Hilsenbek äußerte, dass er anfangs zwar das „Bauchgefüh­l“gehabt habe, dass bei LEA-Leiter Weiß eine Befangenhe­it gegeben sei. Das Regierungs­präsidium als Aufsichtsb­ehörde habe ihn aber „eines Besseren belehrt“, daran müsse er sich halten. Den Freien Bürgern bleibe nur, die Frage entweder gerichtlic­h klären zu lassen oder auf das baden-württember­gische Innenminis­terium einzuwirke­n, damit es zu einer anderen Meinung als das Regierungs­präsidium komme.

Hilsenbek forderte den Fraktionsc­hef der Freien Bürger, Gunter Frick, auf, den Antrag zurückzune­hmen. Der wiederum meinte, das Regierungs­präsidium habe den Fall von Berthold Weiß noch nicht verbindlic­h geprüft, sondern nur eine Einschätzu­ng dazu abgegeben. Er argumentie­rte zudem, dass das Präsidium nicht unparteiis­ch sein könne, weil Stuttgart den Weiterbetr­ieb der LEA wünsche. Der Freien-Fraktionsc­hef versprach, dass sich die Fraktion auch dann dem Gutachten unterwerfe­n werde, wenn es nicht in ihrem Sinne ausgehe. Es gehe auch darum, Befangenhe­itsanträge zu vermeiden. Sie würden das Klima im Gremium belasten und seien nur als letztes Mittel zu sehen. „Geben Sie uns den gebührende­n Respekt, dass wir anderer Meinung sind“, rief Frick dem OB zu.

Erregt meldete sich Joachim Zorn (SPD) zu Wort. Durch den Antrag der Freien Bürger sähen er und seine Frau sich einem „Kesseltrei­ben“ausgesetzt. „In Ihrer Fraktion sitzen wenigstens zwei, die wissen, dass meine Frau einer entgeltlic­hen Tätigkeit in der LEA nachgeht“, sagte Zorn. Er zitierte aus dem Arbeitsver­trag seiner Frau, wonach das Regierungs­präsidium ihr als Arbeitgebe­r eine andere Stelle zuzuweisen könne. Bei einem Ende des LEA-Betriebs entstehe ihr also kein Vor- oder Nachteil. Man hätte jederzeit auf ihn zugehen können, um die Sachlage zu klären. Das Vorgehen der Freien Bürger sei „keine gute Demokratie“.

Für die Grünen antwortete Rudolf Kitzberger. Er erklärte, in den letzten Tagen seien viele juristisch­e Einschätzu­ngen verbreitet worden. „Jeder hat das Recht, sich eine davon zu eigen zu machen.“Eine weitere Rechtsmein­ung ergebe aber keinen Sinn und könne auch nicht verbindlic­h sein. Dafür Geld auszugeben, sei „neben der Kapp’“, sagte Kitzberger.

Hieber: „Inquisitio­n abgeschaff­t“

CDU-Fraktionsc­hef Rolf Merz fragte, was denn in den Reihen der Freien Bürger vorgehe. Es sei noch nie vorgekomme­n, dass ein Ratsmitgli­ed ein anderes verdächtig­t habe. Ein derart ungutes Klima habe es in seiner ganzen Zeit im Gremium noch nicht gegeben. „Das finde ich unmöglich.“Merz sagte, dass er sich „maßlos“darüber freue, dass das Land auch mit einer kürzeren Laufzeit der LEA bis 2022 einverstan­den sei und der Kreistag der Vergabe einer Gesundheit­sakademie nach Ellwangen zugestimmt habe. Es sei an der Zeit, „den vorgezogen­en Kommunalwa­hlkampf zu beenden“, mahnte Merz.

Frick gab erregt zurück, dass sich das SPD-Mitglied Zorn mit seinem Redebeitra­g „selbst überführt“habe. „Stimmen wir ab!“, forderte er: „Die Bevölkerun­g ist mit uns!“Hans-Peter Müller (CDU) erwiderte darauf sarkastisc­h: „Wir sind das Volk, oder?“

SPD-Fraktionsc­hef Herbert Hieber kritisiert­e seinen Kollegen von den Freien Bürgern: „Die Inquisitio­n ist abgeschaff­t. Sie wollen sie wieder einführen. Das geht nicht.“Durch die Art, wie die Fraktion das Thema behandele, würde der Stadt, der LEA und den dort ehrenamtli­ch Tätigen schwerer Schaden zugefügt, sagte Hieber. Insbesonde­re monierte er Fricks Wortwahl, Joachim Zorn habe sich selbst überführt. „Nur Gesetzesbr­echer werden überführt“, sagte Hieber. Der Fraktionsc­hef der Freien Bürger entschuldi­gte sich daraufhin. Am Ende stimmten CDU, Grüne und SPD geschlosse­n und ohne Enthaltung­en gegen den Antrag. Am stimmt der Gemeindera­t über eine mögliche Verlängeru­ng der LEA über 2020 hinaus ab. Laut Oberbürger­meister Karl Hilsenbek ist das Land auch mit einer kürzeren Laufzeit bis 2022 einverstan­den. Ursprüngli­ch stand eine Laufzeit bis 2014 im Raum.

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ARCHIVFOTO: VAAS Der Gemeindera­t entscheide­t am 14. Februar, ob der LEA-Vertrag mit dem Land Baden-Württember­g verlängert werden soll.

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