Gemeinderat lehnt Antrag auf LEA-Rechtsgutachten ab
Leidenschaftliche Debatte am Donnerstagabend – Nur Freie Bürger stimmen dem Antrag zu
ELLWANGEN - Mit großer Mehrheit hat der Gemeinderat den Antrag der Freien Bürger abgelehnt, ein Rechtsgutachten zur Befangenheit von Ratsmitgliedern in Sachen Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) einzuholen. Für den Antrag haben lediglich die Freien Bürger gestimmt. CDU, Grüne und SPD haben ihn nach einer hitzigen Debatte geschlossen abgelehnt.
Laut dem Antrag der Freien Bürger sollte die Stadtverwaltung ein Rechtsgutachten von einem namhaften juristischen Sachverständigen einholen. Der sollte klären, inwieweit Mitglieder des Gemeinderats bei Beratungen und Beschlüssen in Bezug auf die Ellwanger LEA befangen seien. Konkret waren in dem Antrag der LEA-Leiter und GrünenFraktionsvorsitzende Berthold Weiß und das SPD-Fraktionsmitglied Joachim Zorn genannt, dessen Ehefrau beim Regierungspräsidium Stuttgart angestellt und derzeit in der LEA tätig ist.
Hilsenbek: „Helikopter-Antrag“
Oberbürgermeister Karl Hilsenbek bezeichnete das Begehren der Freien Bürger als „Helikopter-Antrag“, der viel Staub aufgewirbelt habe, aber nicht zielführend sei. „Ein Gutachten bringt Ihnen gar nichts“, sagte der OB. Hilsenbek äußerte, dass er anfangs zwar das „Bauchgefühl“gehabt habe, dass bei LEA-Leiter Weiß eine Befangenheit gegeben sei. Das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde habe ihn aber „eines Besseren belehrt“, daran müsse er sich halten. Den Freien Bürgern bleibe nur, die Frage entweder gerichtlich klären zu lassen oder auf das baden-württembergische Innenministerium einzuwirken, damit es zu einer anderen Meinung als das Regierungspräsidium komme.
Hilsenbek forderte den Fraktionschef der Freien Bürger, Gunter Frick, auf, den Antrag zurückzunehmen. Der wiederum meinte, das Regierungspräsidium habe den Fall von Berthold Weiß noch nicht verbindlich geprüft, sondern nur eine Einschätzung dazu abgegeben. Er argumentierte zudem, dass das Präsidium nicht unparteiisch sein könne, weil Stuttgart den Weiterbetrieb der LEA wünsche. Der Freien-Fraktionschef versprach, dass sich die Fraktion auch dann dem Gutachten unterwerfen werde, wenn es nicht in ihrem Sinne ausgehe. Es gehe auch darum, Befangenheitsanträge zu vermeiden. Sie würden das Klima im Gremium belasten und seien nur als letztes Mittel zu sehen. „Geben Sie uns den gebührenden Respekt, dass wir anderer Meinung sind“, rief Frick dem OB zu.
Erregt meldete sich Joachim Zorn (SPD) zu Wort. Durch den Antrag der Freien Bürger sähen er und seine Frau sich einem „Kesseltreiben“ausgesetzt. „In Ihrer Fraktion sitzen wenigstens zwei, die wissen, dass meine Frau einer entgeltlichen Tätigkeit in der LEA nachgeht“, sagte Zorn. Er zitierte aus dem Arbeitsvertrag seiner Frau, wonach das Regierungspräsidium ihr als Arbeitgeber eine andere Stelle zuzuweisen könne. Bei einem Ende des LEA-Betriebs entstehe ihr also kein Vor- oder Nachteil. Man hätte jederzeit auf ihn zugehen können, um die Sachlage zu klären. Das Vorgehen der Freien Bürger sei „keine gute Demokratie“.
Für die Grünen antwortete Rudolf Kitzberger. Er erklärte, in den letzten Tagen seien viele juristische Einschätzungen verbreitet worden. „Jeder hat das Recht, sich eine davon zu eigen zu machen.“Eine weitere Rechtsmeinung ergebe aber keinen Sinn und könne auch nicht verbindlich sein. Dafür Geld auszugeben, sei „neben der Kapp’“, sagte Kitzberger.
Hieber: „Inquisition abgeschafft“
CDU-Fraktionschef Rolf Merz fragte, was denn in den Reihen der Freien Bürger vorgehe. Es sei noch nie vorgekommen, dass ein Ratsmitglied ein anderes verdächtigt habe. Ein derart ungutes Klima habe es in seiner ganzen Zeit im Gremium noch nicht gegeben. „Das finde ich unmöglich.“Merz sagte, dass er sich „maßlos“darüber freue, dass das Land auch mit einer kürzeren Laufzeit der LEA bis 2022 einverstanden sei und der Kreistag der Vergabe einer Gesundheitsakademie nach Ellwangen zugestimmt habe. Es sei an der Zeit, „den vorgezogenen Kommunalwahlkampf zu beenden“, mahnte Merz.
Frick gab erregt zurück, dass sich das SPD-Mitglied Zorn mit seinem Redebeitrag „selbst überführt“habe. „Stimmen wir ab!“, forderte er: „Die Bevölkerung ist mit uns!“Hans-Peter Müller (CDU) erwiderte darauf sarkastisch: „Wir sind das Volk, oder?“
SPD-Fraktionschef Herbert Hieber kritisierte seinen Kollegen von den Freien Bürgern: „Die Inquisition ist abgeschafft. Sie wollen sie wieder einführen. Das geht nicht.“Durch die Art, wie die Fraktion das Thema behandele, würde der Stadt, der LEA und den dort ehrenamtlich Tätigen schwerer Schaden zugefügt, sagte Hieber. Insbesondere monierte er Fricks Wortwahl, Joachim Zorn habe sich selbst überführt. „Nur Gesetzesbrecher werden überführt“, sagte Hieber. Der Fraktionschef der Freien Bürger entschuldigte sich daraufhin. Am Ende stimmten CDU, Grüne und SPD geschlossen und ohne Enthaltungen gegen den Antrag. Am stimmt der Gemeinderat über eine mögliche Verlängerung der LEA über 2020 hinaus ab. Laut Oberbürgermeister Karl Hilsenbek ist das Land auch mit einer kürzeren Laufzeit bis 2022 einverstanden. Ursprünglich stand eine Laufzeit bis 2014 im Raum.